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Roberto Matta Coïgitum, 1972 © Matta Archives

Roberto Matta Coïgitum, 1972 © Matta Archives

ROBERTO MATTA Das aus den Fugen geratene Universum

Triptychons aus den 1970ern, rekonstruiert

Triptychons aus den 1970ern, rekonstruiert

Vom Raum beherrschenden Triptychon zu weit darüber hinausgehenden Formaten

Der 1911 in Santiago di Chile geborene Roberto Sebastián Antonio Matta Echaurren ist bereits 1933 aus seiner Heimat weg nach Paris in die Metropole der Kunst gezogen. Bei Le Corbusier fand der junge Architekt Aufnahme und Arbeit in dessen Atelier. Reisen im Auftrag seines Arbeitgebers führen ihn nach Spanien und in die anderen Kunstzentren Europas. 1937 war Matta noch Assistent bei der Gestaltung des spanischen Pavillons der Pariser Weltausstellung. Die Bekanntschaft mit Pablo Picasso ließ ihn den Zeichenstift des Architekten weglegen und zum Pinsel greifen. Die ersten Malereien nennt er „psychologische Morphologien“ und erweckt damit das Interesse der Surrealisten. Die Bekanntschaft mit André Breton verschafft ihm die Aufnahme in die Gruppe und die Beteiligung an der „Exposition Internationale du Surréalisme“. Mattas Auffassung geht jedoch über deren Formensprache hinaus. Sein Freund Marcel Duchamp erkennt darin die „Entdeckung von Raumbezirken, die im Bereich der Kunst bislang unerforscht geblieben waren.“

Matta, Ausstellungsansicht

Matta, Ausstellungsansicht, vorne Skulptur Cosi fan tutte

Roberto Matta L’x de l’espace, 1960 © Matta Archives

Roberto Matta L’x de l’espace, 1960 © Matta Archives

1939 erfolgt aufgrund der vom Nazideutschland ausgehenden Ereignisse der Umzug in die USA. Roberto Matta ist kommunikativ und beherrscht eine Reihe von Sprachen. Damit öffnet sich für ihn bald die New Yorker Kunstszene. Anfang ist es noch der Surrealismus, mit dem er 1942 in einer Ausstellung reüssiert. Die Kontakte mit Robert Motherwell oder Jackson Pollock geben seinem Schaffen jedoch eine Wendung, nicht wie man meinen könnte, hin zur Abstrakten, sondern zu einer Gegenständlichkeit voll Erzählfreude. Die von ihm gezeigten Geschichten sind jedoch irritierend. Sie zeigen eine explodierende Welt, ein aus den Fugen geratenes Universum, durch das Versatzstücke der Zivilisation treiben, wie Weltraumschrott, den Matta schon lange vor der Raumfahrt gemalt hat. Die Formate wurden größer und größer, nicht zuletzt angeregt von Picassos „Guernica“. Letztlich sind sie ein fortlaufender Erzählraum mit Verweisen auf Kino, Kybernetik, Kosmos und Science-Fiction.

Matta, Ausstellungsansicht

Matta, Ausstellungsansicht

Im Zentrum der Ausstellung im Bank Austria Kunstforum Wien mit dem Titel „MATTA“ (bis 2. Juni 2024) füllt das Monumentalwerk „Coïgitum“ (1972) mit seinen 4 x 10 Metern die Wand des Hauptraumes. Man kann sich nur schwer dagegen erwehren, sich in einer Art vierter Dimension mit dem Ausdruck des Unbewussten zu verlieren. Im Raum links der Eingangshalle hängen Bilder schräg von Decke und Wänden. Sie sind Teil eines Triptychons aus den 1970ern, dessen Anordnung hier rekonstruiert wurde und ein absolut ungewöhnliches Schauerlebnis seiner „Cosmic Strips“ bietet. Bei eingehender Betrachtung der sich auf den ersten Blick ähnelnden Bilder und entsprechender Deutung sind es durchwegs hochpolitische Statements, die für den Hitzkopf Roberto Matta ein wesentlicher Teil seines Schaffens waren. Für ihn gab es kein Schweigegebot, wenn er persönlich und in seiner Kunst für eine offene Gesellschaft mit sozialer Verantwortung eintrat. Hochdekoriert und anerkannt als einer der visionärsten Künstler des 20. Jahrhunderts stirbt Matta am 23. November 2002 in Civitavecchia in Italien.

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