Kultur und Wein

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Ausstellungsansicht Dürerzeit Foto: Sandro Zanzinger / Belvedere, Wien

Ausstellungsansicht Dürerzeit Foto: Sandro Zanzinger / Belvedere, Wien

DÜRERZEIT Aufbruch der Kunst zur Renaissance

Albrecht Altdorfer, Berglandschaft mit verwitterten Weiden © Kupferstichkabinett Wien

Albrecht Altdorfer, Berglandschaft mit verwitterten Weiden © Kupferstichkabinett Wien

Um 1500 war Österreich Anziehungspunkt für Maler und Bildhauer von Rang

Dass ins heurige Jahr der 550. Geburtstag von Albrecht Dürer fällt, war für das Belvedere ein willkommener Anlass, sich in den eigenen Beständen und bei ausgewählten Leihgebern nach Werken aus dieser Zeit umzusehen und – ohne Übertreibung – eine sensationelle Ausstellung (Dürerzeit. Österreich am Tor zur Renaissance, bis 30. Jänner 2022 im Oberen Belvedere) zu gestalten. Das Mittelalter war der Neuzeit gewichen. Namenlose Mönche, die in finsteren Skriptorien Buchmalerei von höchster Finesse betrieben, wurden durch Stars ersetzt, die durch die Lande zogen und ihre Werke stolz signierten; aus Handwerkern wurden selbstbewusste Künstler und zu den geistlichen oder weltlichen Auftraggebern gesellten sich Kunden, die auf Jahrmärkten ihr Geld für Kupferstiche ausgaben. Das Bild war nicht mehr dem Adel und den Prälaten vorbehalten, es wurde durch die Drucktechniken demokratisiert und ins breite Volk gebracht. Dennoch musste für diese Schau in der Sammlung für das Mittelalter gegraben werden. Die Schwelle zur Renaissance war noch hoch.

 Meister I. P., Sündenfall, 1521  Foto: Johannes Stoll / Belvedere, Wien

Meister I. P., Sündenfall, 1521 Foto: Johannes Stoll / Belvedere, Wien

 Marx Reichlich, Heimsuchung, 1502  Foto: Johannes Stoll / Belvedere, Wien

Marx Reichlich, Heimsuchung, 1502 Foto: Johannes Stoll / Belvedere

Es sollte noch fast hundert Jahre dauern, bis es diese Kulturepoche aus Italien über die Alpen schaffte. Hierzulande waren jedoch Meister am Werk, deren Namen bis heute für begeisterten Besucherandrang sorgen: Lucas Cranach d. Ä., Albrecht Altdorfer und eben Albrecht Dürer. Sie haben die inhaltliche und wirtschaftliche „Befreiung“ ihres Metiers zügig vorangetrieben, wenn auch mit Hilfe von Fürsten wie Maximilan I., der sich zwar noch als letzter Ritter sah, aber neuem Gedankengut nicht nur aufgeschlossen war, sondern die Maxime seines Handelns danach ausrichtete.

 

Kurator Björn Blauensteiner hat die Ausstellung unter dem Motto „made in Austria“ nach charakteristischen Aspekten gegliedert. Die Räume wurden dazu farblich ansprechend, aber verschieden gestaltet. Nach einem einleitenden Überblick geht es weiter zu Natur, Landschaft und Ausdruckskraft. Der Kenner mag dabei an die nicht näher definierte Donauschule denken und wird bald finden, dass diese Phänomene keineswegs auf den Donauraum beschränkt waren. Sogar aus den Niederlanden und aus Flandern waren Maler als „Artists in Residence“ hierzulande tätig. Expressionismus und Realismus pur hingegen sind „Der tote Leib Christi“ und eine „Johannesschüssel“ aus der Hand des Meisters von Mauer, wie überhaupt die zahlreichen Leidensdarstellungen zu allgemeiner Förderung der Frömmigkeit. Eine eigene Sektion ist Dürer in Österreich gewidmet, wozu freilich die Stadtansicht von Innsbruck gehört.

Ausstellungsansicht Dürerzeit Foto: Sandro Zanzinger / Belvedere, Wien

Ausstellungsansicht Dürerzeit Foto: Sandro Zanzinger / Belvedere, Wien

Ein noch ungelöstes Rätsel stellen dazu Wandmalereien im Stephansdom. Es handelt sich um einen gemalten Flügelaltar, der durchaus Dürer oder seiner Werksstatt zugesprochen werden könnte. Das Porträt erlebte in diesen Tagen einen grundlegenden Wandel, wenn nicht überhaupt als solches seine Geburt. Es zeigt die Menschen mit Wiedererkennungseffekt. So wissen wir, wie der Maler Paul Dax ausgesehen hat, der einer der ersten war, der 1530 ein Selbstporträt geschaffen hat, dazu ein ungemein lebendiges, das einiges von seiner Persönlichkeit erraten lässt. Gesichter finden sich auch auf Münzen und Medaillen, von denen etliche Prachtstücke im jeweiligen Zusammenhang zu bewundern sind. Revolutionär war die Entdeckung der Perspektive und des Bildraums, der bisher zum guten Teil aus einem goldenen Himmel bestanden hat. Zum Gemälde Michael Pachers „Der heilige Laurentius“ (1465) ist auch die perspektivische Konstruktion zu sehen, ein absolutes Novum in unseren Breiten. Als verdientes Eigenlob darf der Hinweis seitens des Belvederes auf die gelungene Restaurierung eines Altarensembles mit gewölbten Flügeln betrachtet werden. Er wird erstmals vollständig präsentiert. Erschienen ist zu Ausstellung selbstverständlich auch ein Katalog, oder wie es Generaldirektorin Stella Rollig ausdrückt, ein Standardwerk für diese Zeit einer neuen Kunst in Österreich.

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