Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Wenn dank Luzia Nistler eine Kellergasse zum Theater wird...

...dann fühlt sich auch ein Nestroy wohl im Weingarten

Fotos im Text © pressefotoLACKINGER

Sommertheater ist geschaffen dafür, immer wieder neue, ungewöhnliche Schauplätze für seine Kunst zu entdecken. Dass es aber in einer engen Kellergasse Platz haben soll, ließ doch einige Zweifel aufkommen, die aber von der Kellergassen Compagnie mit Bravour beseitigt wurden. Luzia Nistler hatte mit dieser Idee zuallererst einmal die NÖ Dorf- und Stadterneuerung überzeugt. Kellergassen sind gefährdetes Kulturgut und brauchen jede nur erdenkliche Hilfe.

Wirkungsvolle Unterstützung kann durchaus auch von einem unternehmungslustigen Theater geleistet werden, vorausgesetzt, alle machen begeistert mit: Schauspieler, die wie selbstverständlich durch die Kellertrift auftreten, eine Technik, die sich mit einem Minimum an Ressourcen bescheiden muss, ein Publikum, dem Körperkontakt mit dem Nachbarn kein Problem ist und eine Feuerwehr, die selbiges vom improvisierten Parkplatz per Shuttle durch einen schmalen Hohlweg zum Theater karrt, ganz zu schweigen von den Felser Weinbauern, die vor ihren Kellern den Besuchern mit deftiger Hauerjause und bestem Wein ein kulinarisches Erlebnis bereiten.

 

Luzia Nistler hat sich für einen Nestroy entschieden. Sein Name ist an sich bereits Erfolgsgarant. Wenn überdies noch ein unbekanntes Werk zur Aufführung kommt, gesellt sich dazu die Neugierde. „Nagerl & Handschuh oder Die Schicksale der Familie Maxenpfutsch“... noch nie gehört? Nach der 100. Lumpazi-Produktion und dieser Aufführung fragt man sich zu Recht, warum eigentlich? „Nagerl & Handschuh“ ist ein Kleinod, Nestroy pur! Jeder Satz eine fein geschliffene Pointe, die Handlung, obwohl im Grunde das Märchen vom Aschenbrödel, wird bei Nestroy zur erwartet bösen Entlarvung menschlicher Schwächen und nahezu keine der handelnden Personen bleibt davon verschont.

Und das Ganze spielt sich vor einem Weinkeller ab. Ein paar Vorhänge und zwei Fauteuils genügen, um den Haushalt des bankrotten Poverinus Maxenpfutsch oder den Palast des stinkreichen Ramsamperl einzurichten. Kulisse sind die Weingärten des Wagrams, stimmungsvoll beleuchtet vom letzten Licht des allmählich einbrechenden Abends. Davon dürften die Schauspieler allerdings wenig mitbekommen. Sie sind lustvoll am Werke, einem Johann Nestroy gekonnt alle Ehre zu machen, ganz egal, ob als Berufsschauspieler oder als Laiendarsteller, die ganz ohne erkennbares Lampenfieber ihre Auftritte tadellos absolvieren.

 

Mit Peter Josch als Maxenpfutsch steht ein in diesen Belangen – pardon – alter Profi auf der Bühne. Man hat beinahe Mitleid mit dem Vater, der mittels Heirat seiner beiden Töchter wieder zu Geld kommen will.

Isabella Lukas und Kristina Krenn haben keinerlei Hemmungen, die beiden eitlen Scheusale Hycinthe und Bella als solche überzeugend zu geben. Dass sie zuletzt hinter ihre verachtete Stiefschwester Rosa (entzückend: Viktoria Hillisch) zurücktreten müssen, war vorauszusehen. Man möchte sich für den feschen Ramsamperl (cool und trotzdem emotional: Oliver Köllner) keine andere Braut als diese vorstellen. Allein wie hübsch und tapfer die beiden gemeinsam singen, ganz ohne Verstärkung, gefühlvoll begleitet nur vom Musikus Anton Sauprügl auf dem Akkordeon.

Wunderbar patschert ist Erwin Mantler als Zauberer Semmelschmarrn, der mit dem „Nagerl“ das Geheimnis des Titels lüftet. Gemeint ist damit eine Nelke, die so allerhand bewirken kann, zum Beispiel die unscheinbare Rosa in einen Vamp zu verwandeln, der den Kappenstiefel (Kurt Hexmann als fröhlich frecher Reitknecht) mit Leichtigkeit um den Finger wickelt. Der Grund dafür? Das soll hier nicht verraten werden. Um das zu erfahren, muss man sich schon selber in die Kellergasse von Fels am Wagram wagen.

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