Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Rekonstruktion eines Streitwagens (Ausstellungsansicht: KELTEN)

Rekonstruktion eines Streitwagens (Ausstellungsansicht: KELTEN)

Einfach KELTEN Würfel, Glasarmreifen & ein Goldschatz

20fache Vergrößerung einer Fibel aus Gemeinlebarn (Ausstellungsansicht KELTEN)

20fache Vergrößerung einer Fibel aus Gemeinlebarn

Ein Plädoyer gegen uralte, historisch wohl gepflegte Vorurteile gegenüber den „Barbaren“

Geschichtsschreiber der griechischen Antike wie Herodot oder Diodor haben sie erwähnt, die furchterregenden Κελτοί , Gaius Julius Caesar hat sie unter der Bezeichnung Gallier bekriegt, um einen guten Teil ihres Siedlungsgebietes in sein römisches Reich einzugliedern. Die Kelten mussten in den Augen ihrer hochkultivierten mediterranen Zeitgenossen zwangsläufig wie primitive Wilde erscheinen. Sie verfügten kaum über schriftliche Kommunikation, lebten angeblich in einfach gebauten Hütten und hatten den Ruf, wilde Krieger zu sein. Über 2000 Jahre wurden diese Ansichten weitergegeben und gelehrt, ohne je genauer hinzuschauen, wer oder was diese Kelten in Wirklichkeit waren. Peter Trebsche, ein ausgewiesener Fachmann für Ur- und Frühgeschichte, derzeit Professor an der Uni Innsbruck, widerlegt nun in einer Sonderausstellung im MAMUZ unter dem attraktiven Titel „Kelten“ (bis 26. November 2023) überzeugend und vor allem anschaulich etliche dieser hartnäckig tradierten Vorstellungen.

Goldschatz, 2., 1. Jh. v. Chr. gefunden in OÖ

Goldschatz, 2., 1. Jh. v. Chr. gefunden in OÖ

Kopf der Carnyx (Rekonstruktion)

Kopf der Carnyx (Rekonstruktion)

Zuerst geht es um die Frage, ob es die Kelten als solche überhaupt gegeben hat. Tatsache ist, dass in der Eisenzeit in Europa Menschen gelebt haben, die eine ähnliche Kultur verbunden hat. Es handelte sich dabei jedoch um verschiedene Stämme, die sich im Grund nicht als Einheit gefühlt haben und als unabhängige Völkerschaften zwischen den britischen Inseln und dem Balkan ihre Siedlungsgebiete hatten. Erst bei genauem Hinsehen von Archäologen wie eben Trebsche zeichnete sich ein detailreiches Bild ihrer Lebensumstände ab. Jüngst gemachte Funde zeigen uns bereits stattliche Städte, von denen aus ein den Kontinent überspannendes Netz von Handelsbeziehungen gepflegt wurde, und eine Landwirtschaft, die erstaunlich innovativ erscheint.

Es gab den Eisenpflug und für die jeweiligen Bedürfnisse gezüchtete Rassen von Rindern, Schafen, Ziegen und Pferden. Im Bereich Handwerk muss es bereits Spezialisten gegeben haben, die mit differenziertem Werkzeug in Schmieden gewerkt, edle Metalle zu Münzen geschlagen und für die damals schon eitlen Frauen neben aufwändig verzierten Fibeln zerbrechliche Armreifen aus Glas(!) gefertigt haben. Auf Bildschirmen kann man sich überzeugen, welch großartige Leistung die experimentelle Archäologie zur Erforschung dieser Handwerke beiträgt. Grabfunde lassen Schlüsse auf einzelne Personen zu, deren Schicksale in Hörstationen in der Ausstellung aus dem Dunkel der Frühgeschichte herausgehoben werden. Ein unterhaltsames Detail aus der Vergangenheit ist als Hands-on gestaltet: Bei einer Bestattung fanden sich längliche Würfel und eine Art Jetons, die auf eine frühe Spielsucht des Verstorbenen hindeuten, der sich hier Mutige mit einem Wurf zu ihrer Zukunft anschließen dürfen. Den Abschluss machen martialische Töne aus der Carnyx, einer Kriegstrompete, mit der bereits Troubadix – im Verein mit Gesang und Zauberertrank – römische Legionen in die Flucht geschlagen hat.

Bronzekanne mit kleeblattförmiger Mündung und Darstellung des Gottes Amor am Griff

Bronzekanne mit kleeblattförmiger Mündung und Darstellung des Gottes Amor am Griff

KELTEN im Mamuz (Ausstellungsansicht)

KELTEN im Mamuz (Ausstellungsansicht)

Begleitend zur Schau ist das Buch „Die Kelten im Weinviertel“ (Edition Winkler-Hermaden) erschienen. Der österreichische Prähistoriker Ernst Lauermann berichtet darin „Von Kriegern, Heiligtümern und Druiden“ und stellt damit der Leserschaft in einer gekonnten Mischung aus wissenschaftlicher Exaktheit und dem Laien verständlicher Sprache das Leben und Wirken unserer Urahnen in der Latènezeit vor.

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