Kultur und Wein

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Bye-bye Zuversicht, Ausstellungsansicht

Bye-bye Zuversicht, Ausstellungsansicht

BYE-BYE ZUVERSICHT 2000 bis 2009 Kunst der Ernüchterung

Johanna Kandl, Modernize or die, 2002, Courtesy Johanna Kandl und Christine König Galerie

Johanna Kandl, Modernize or die, 2002, Courtesy Johanna Kandl und Christine König Galerie, Foto: Wien Museum

Fotografien, Grafik, Skulptur und Malereien als Spiegel einer enttäuschten Freiheit in diesen Jahren

Nachdem das Wien Museum demnächst festlich neu eröffnet wird, darf auch die Außenstelle MUSA zu seiner ursprünglichen Funktion zurückkehren. Unter dem Titel „Bye-bye Zuversicht“ (bis 17. März 2024) wird eine Auswahl aus den Ankäufen und Schenkungen betreffend das erste Jahrzehnt des neuen Jahrtausends der Öffentlichkeit präsentiert. Immerhin sind es mehr als 6000 Werke aus allen möglichen Bereichen der bildnerischen Kunst, aus denen sich zu dem etwas melancholischen Thema Beispiele gefunden haben. Warum so traurig? 9/11 hat das Lächeln gründlich aus unseren Gesichtern gewischt, dazu gesellten sich ein Golfkrieg, wirtschaftliche Turbulenzen und erste Ahnungen von einer einsetzenden Migration. Cancel Culture war nur das Pünktchen auf dem i, das zu einem Sturm auf bis dahin kaum hinterfragte Ehrerbietung für zweifelhafte Honoratioren der Geschichte geführt hat.

Karin Frank, Schleimscheissen, 2004 © Bildrecht, Wien 2023, Foto: Wien Museum

Karin Frank, Schleimscheissen, 2004 © Bildrecht, Wien 2023, Foto: Wien Museum

Ingeborg Strobl, Fotoserie mit Ameisen, 2002 © Bildrecht, Wien 2023, Foto: Wien Museum

Ingeborg Strobl, Fotoserie mit Ameisen, 2002 © Bildrecht, Wien 2023, Foto: Wien Museum

Einen kleinen Trost bot die Erfindung des Smartphones, das die künstlerische Tätigkeit demokratisierte und in jedem Selfie oder spontan gedrehten Video eine kreative Leistung behauptete. Die Profis der Kamera standen nun vor der Herausforderung, erstens die wahren Probleme aufzuzeigen und zweitens ihrer Arbeit einen neuen Wert zu verleihen. Anstelle der prächtigen Hotelfassade mit Sonnenuntergang im Hintergrund wurde der Blick mittels Fotos auf triste Orte, auf sogenannte Non-Sites, gelenkt und das Hässliche als Diskussionsthema salonfähig gemacht.

Die Malerei fand zurück in die Spur, durfte sich wieder dem Gegenstand zuwenden und selbstbewusst von sich behaupten, dass es anders als mit dem Handy einer gewissen Fertigkeit bedarf, um ein Bild herzustellen. Dennoch blieb herkömmliche Ästhetik ein No-go, zuviel war passiert, um die Augen mit angenehmen Sujets sanft zu streicheln. „Modernize or die!“ (2002) von Johanna Kandl bringt es auf den Punkt. Eine Reiterstatue im Harnisch ziert auf ihrem Sockel die Einfahrt zur Excalibur City im steuerfreien Niemandsland zwischen Österreich und Tschechien. Wer jemals in diesen zweifelhaften Kauftempeln sein Geld auszugeben versucht hat, bevor er vom allgegenwärtigen Kunststoffkitsch die Flucht ergriffen hat, wird auch verstehen, was beispielsweise Christian Eisenberger dazu veranlasst hat, einer Christusstatue vorwurfsvoll einen Globus als Kopf aufzusetzen (Allmächtiger, 2005) oder Karin Frank 2004 mit „Schleimscheißen“ das ambivalente Lebensgefühl dieser Tage in einer Plastik launig, aber durchaus deutlich zu kommentieren.

Christian Eisenberger, Allmächtiger, 2005, Foto: L. Hilzensauer, Wien Museum

Christian Eisenberger, Allmächtiger, 2005, Foto: L. Hilzensauer, Wien Museum

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