Kultur und Wein

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Romeo & Julia, Ensemble © Fabian Steppan

Romeo & Julia, Ensemble © Fabian Steppan

ROMEO & JULIA Historisch, aktuell und witzig pointiert

Patrick Kaiblinger (Tybalt), Nick Harras (Mercutio) © Fabian Steppan

Patrick Kaiblinger (Tybalt), Nick Harras (Mercutio) © Fabian Steppan

Darf man denn eine solche Tragödie kritisch hinterfragen und dazu noch lachen?

Wer die mutig humorvollen Produktionen von „Shakespeare in Mödling“ kennt und schätzt, darf diesmal ganz besonders neugierig sein. Auf dem Programm steht die Tragödie der Tragödien, die beste Reklame für Papiertaschentücher, weil üblicherweise Tränen fließen, wenn sich die beiden verliebten Sprosse zweier verfeindeter Familien aufgrund eines blöden Missverständnisses ihres jungen Lebens berauben. Nicole Fendesack, Mastermind der Truppe „Shakespeare in Mödling“, hatte auch dazu ein ganzes Paket von Ideen, um die von Shakespeare vorgegebene Handlung von ihrer süßlichen Traurigkeit zu erlösen und trotzdem gehörigen Respekt vor dem Original zu bewahren. Gemeinsam mit Helena Scheuba wurde zum alten Titel ein neues Stück getextet, eine Überschreibung, die sich nicht mit hergebrachten Klischees abfindet, sondern mit neuen, durchaus frechen Gedanken aufhorchen lässt.

Christopher Korkisch (Romeo), Johannes Petautschnig (Julia) © Fabian Steppan

Ein inniger Kuss: Christopher Korkisch (Romeo), Johannes Petautschnig (Julia) © Fabian Steppan

Der Chor: Claudia Marold, Elsa Schwaiger, Laura Oedendorfer © Fabian Steppan

Der kritische Chor: Claudia Marold, Elsa Schwaiger, Laura Oedendorfer © Fabian Steppan

Fendesack nimmt die Verantwortung insoweit auf sich, als sie den neutralen Fürsten in ihre Rolle als Prinzipalin umdeutet und das Geschehen per Megaphon kommentiert. Die übrige Besetzung der Hauptfiguren nimmt sich radikal historisch aus. Frauen- und Männerrollen sind wie zu Shakespeares Zeit mit Herren besetzt. Den weiblichen Anteil stellt ein aufsässiges Trio, das im Publikum platziert ist und von dort aus lautstark auf das Bühnengeschehen Einfluss nimmt. Es wird dabei vieles infrage gestellt, das tatsächlich eine neue Sichtweise unserer Zeit erfordert.

Im Programmblatt sind Elsa Schwaiger, Laura Oedendorfer und Claudia Marold als Chor angeführt. Sie werden dieser Bezeichnung insofern gerecht, als sie die schwungvollen Songs, mit der Gitarre begleitet von Nick Harras & Felix Engelmeier, stimmgewaltig unterstützen. Die beiden Musiker erledigen zusätzlich weitere Rollen. Harras schiebt als Mercutio seine Bonmots und wirbt als alternder Paris um die blutjunge Julia, während Engelmeier als Benvolio vergeblich um Frieden bemüht ist. Patrick Kaiblinger ist sowohl der rauflustige Tybalt als auch der in einer Kutte versteckte Pater Lorenzo. Die Amme, diese gute Seele, erhält mit David Czifer erstaunliche Lebens- und Liebeslust, der ihre elegante Lady Capulet (René Huget) beinahe ratlos ausgeliefert ist. Als sympathisch draufgängerischer Romeo wirbt Christopher Korkisch zärtlich um eine kindlich übermütige Julia (Johannes Petautschnig). Dank der Spielfreude aller Beteiligter vergisst man die seltsame Zuordnung der Geschlechter und trotz vom Chor vehement eingeforderter LGBTQ+ überwiegen Spaß und Emotionen in dieser „Mödlinger“ Fassung von „Romeo & Julia“.

Johannes Petautschnig (Julia) © Fabian Steppan

Johannes Petautschnig (Julia) © Fabian Steppan

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