Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Balkenpresse asu 1829

Geschichte und Geschichten vom KELLER.KULTUR.ERBE

Weinkeller am Freigelände des Museums

Hinabsteigen auf ein Glas Wein in die traulich treue Tiefe der Weinkeller!

Es ist der beliebteste Ort der Welt“, stellt Mag. Günther Fuhrmann kühn an den Beginn der Führung durch die neue Ausstellung im Vino Versum Poysdorf und meint damit die Weinkeller, wundert sich aber gleichzeitig, dass es dazu kaum nachweisliche Geschichte gibt. Damit sind er und Dr. Wolfgang Galler, die Kuratoren von KELLER.KULTUR.ERBE, die eigentlichen Pioniere der Kellerforschung. In mühsamer Kleinarbeit haben sie Wissen zusammengetragen, „Vom ersten Weinkeller bis zu den Kellergassen im Weinviertel“, wie es im Untertitel heißt. Im Museum wird dem Besucher das theoretische Rüstzeug geboten, mit dem er sich anschließend im Freigelände in Kellerhäuser begeben kann. Dort wird er mit dem Weinbau aus früheren Tagen bekannt gemacht. Gezeigt wird einstiges Arbeitsgerät der Weinbauern wie Holzbutte oder Balkenpresse. Gleichzeitig wird die anfängliche Behauptung vom beliebtesten Ort der Welt bewiesen. Launige Sprüche an den Wänden sind die Zeugen von gemütlichen Stunden in den Tiefen des Weinviertler Bodens.

Kellerhäuser am Freigelände des Museums

Einige Gläser Wein, die mit dem Heber aus dem Fass verlässlich nachgefüllt wurden, dürften die Zecher zu dieser herzhaften Form ländlicher Poesie inspiriert haben. Hauer und Binder sind Geschwisterkinder, wenn der Hauer fechten geht, muß der Binder s´Zögerl tragen mahnt die gedeihliche Zusammenarbeit von Winzer und Fassbinder ein, während der folgende Vierzeiler zweifellos zu fortgeschrittener Stunde erdichtet wurde: Das Kellerfaß hat einen Bauch und jeder Mann, der hat ihn auch. Der Fasselbauch ist voll mit Wein. Warum soll´s nicht der meine sein.

Die Kellerkatze auf ihrem Lieblingsfass

Als dritter Programmpunkt wartet die Begehung einer der 30 Kellergassen von Poysdorf in Begleitung eines Kellergassenführers. Es wird hinabgestiegen bis zu den Reihen von Fässern, die dort wie vor Hunderten von Jahren auf den Ganterbäumen ruhen, auf einem Mobile aus Weingläsern darf musiziert und in einer Lösswand der Name oder eine Botschaft an nachfolgende Besucher hinterlassen werden. Und wann wird endlich was getrunken? Auch dafür ist in Poysdorf reichlich gesorgt.

Das Angebot reicht vom urigen Heurigen in der Gstetten über eine Verkostung im Vino Versum bis zum kulinarischen Ausklang im Hotel Veltlin mit seinem Golfplatz direkt am Weingarten.

 

Die Anfänge der Weinkeller liegen im Südkaukasus im heutigen Georgien und in Sumer, dem südlichen Teil des Irak, wo schon vor 7000 Jahren nachweislich Weinbau betrieben wurde. In Ägypten wurde vor über 5.300 Jahren einem Pharao Wein als Verpflegung in das Grab mitgegeben, wobei sich jedoch die Frage stellt, ob es sich bei diesem unterirdischen Raum um einen Weinkeller handelt; eher schon bei den Kanaanitern, die vor Ankunft der Israeliten das Land Galiläa bewohnten.

Ausstellungsansicht von KELLER.KULTUR.ERBE

Sie lagerten in einem Raum nahe des Festsaals eines Palastes Krüge, die nachweislich mit Wein gefüllt waren. Die stattlichste Traube haben ihnen bekanntermaßen die beiden Poysdorfer Traubenträger gestibitzt. In der Antike wurden Amphoren vorgezogen, bis man entdeckte, dass sich für den Transport über Land die von den Kelten verwendeten Fässer weit besser eigneten. Der Keller, die „cella vinaria“, war aber in jedem Fall der beste, weil kühlste Ort, um den Wein trinkbar zu halten.

Gerade bei dem Thema Weinkeller verbindet sich ernsthafte Geschichte auf kurzweilige Weise mit Geschichten, die diesen Streifzug durch die Vergangenheit erfrischend wie ein Glas Grüner Veltliner auflockern. So wird Mitte des 15. Jahrhunderts vom Humanisten Enea Silvio Piccolomini bei einem Besuch in Wien bereits launig festgestellt: „Die Weinkeller sind so tief und ausgedehnt, dass man sagt, unter der Erde wäre ein zweites Wien.“ Man muss sich nur die Zeit nehmen, die Wandtexte der Reihe nach zu lesen, von den alten Lagerkellern beispielsweise im Sand unter der Stadt Retz, über die längsten Weinkeller der Welt in Moldawien mit 120 bzw. 200 Kilometern bis herauf zu den „Kathedralen des Weins“, mit denen Architekten dem Wein wahre Prunkbauten geschaffen haben.

La Concha, die Muschel, wurde von keinem Geringeren als Gustave Eiffel 1982 in Jerez (Spanien) konstruiert, während 1999 die Quixote Winery von Friedensreich Hundertwasser im Napa Valley in Kalifornien zu einer Kombination aus Bau- und Weinkunst erhoben wurde.

 

In den Weiten des Weinviertels haben sich ganze „Dörfer ohne Rauchfang“ entwickelt, eben die Kellergassen. Der Löss ist kompakt und stabil, trotzdem lassen sich darin ohne allzu großen Aufwand tiefe Röhren graben. Die Hohlwege mit den steilen Seitenwänden boten Platz für die Eingänge, die bald mit Kellerhäusern überbaut wurden. Neben der Tür befindet sich das Gaitloch, durch das die Trauben in den Pressraum befördert wurden. Über eine Rinne floss der Most hinab zu den Fässern, in denen er in aller Ruhe zum Wein vergären konnte. Die konstante Temperatur und die passende Luftfeuchtigkeit ermöglichten entsprechende Lagerung, bis der Wein mit schweren Fuhrwerken in einem großen Transportfass an die Kundschaft ausgeliefert wurde.

Schlüsselbund des Kellergassenführers

Die mühsame Arbeit wurde mittlerweile durch technische Anlagen erleichtert. In den alten Lössröhren ist dafür aber kein Platz mehr vorhanden. Der größte Teil des Weins wird längst in modern ausgestatteten Hallen erzeugt, wenig romantisch, dafür aber umso effizienter. Viele der Kellergassen sind dennoch nicht verwaist. Sie sind zu einer Art Kraftort geworden, durch den man schlendert und sich an den harmonisch gebauten Kellerhäusern erfreut.

Bei ein wenig Glück wird man auch eingeladen, der Kellerkatze zu folgen und hinab zu steigen, um aus einer der dort gelagerten, mit dickem Lurch überzogenen Flaschen eine gut gehütete Reserve zu verkosten. Während es sich die Katze auf ihrem Lieblingsfass schnurrend bequem macht, hat man in dieser herrlich nostalgischen Umgebung Gelegenheit, mit einem Winzer über Gott und die Welt, vor allem aber über die wunderbare Qualität des kommenden Jahrgangs zu philosophieren.

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