Kultur und Wein

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ÖLRAUSCH & HUZULENKULT, Ausstellungsansicht

ÖLRAUSCH & HUZULENKULT, Ausstellungsansicht

ÖLRAUSCH & HUZULENKULT Dokumente eines peripheren Gegensatzes

Julius Dutkiewicz, aus 37 Stück Volkstypen aus dem Bezirke Kolomea, Volkskundemuseum Wien

Julius Dutkiewicz, aus 37 Stück Volkstypen aus dem Bezirke Kolomea, Volkskundemuseum Wien

Eine Fotoausstellung über den Zusammenprall einer ursprünglichen Ethnie und dem Industriezeitalter

Das Gebiet der heutigen Ukraine war seltsamerweise ein ewiges Streitgebiet und Objekt diverser Begehrlichkeiten; nicht erst seit dem Einfall der russischen Armee im Februar 2022. So wurde 1846 Galizien von den Truppen der k. u. k. Armee besetzt. In der Folge wurde es gemeinsam mit der Bukowina Teil der Habsburgermonarchie, die sich allerdings mit ihrem „Armenhaus“ im „wilden Osten“ anfangs wenig anzufangen wusste, abgesehen von einer strategischen Bedeutung gegen das mächtige Russland; zumindest die kaiserlichen Hofräte in Wien. Anders die Geschäftsleute und Spekulanten, die erfolgreich auf der Suche nach Erdöl waren. Ihre Bohrtürme schossen aus dem Boden, Eisenbahnen durchkreuzten die Region und die Menschen, die bis dahin ein einfaches, wenngleich rückständiges Dasein gefristet hatten, waren mit einem Schlag begehrte, weil billige Arbeitskräfte. Die Ingenieure drangen in ihrem Bedürfnis nach Bodenschatz und großem Geld weit in schwer zugängliche Täler der östlichen Karpaten vor. In ihrem Gefolge kamen Ethnografen, die eben dort einen Menschenschlag entdeckten, der ihrer Ansicht nach Reste einer vermeintlichen Ursprünglichkeit bewahrte: die Huzulen, deren Herkunft den Forschern Rätsel aufgab. Beglückt von dieser Entdeckung wurden Tradition, Kleidung, Kunsthandwerk und Hausbau dokumentiert.

Julius Dutkiewicz: Jaremcze, Eisenbahnbrücke, Ostgalizien, um 1880 © Photoinstitut Bonartes

Julius Dutkiewicz: Jaremcze, Eisenbahnbrücke, Ostgalizien, um 1880 © Photoinstitut Bonartes

ichael Haberlandt: Klosterhof mit Wallfahrern von Suczawa, Bukowina, 1890er © Volkskundemuseum Wien

ichael Haberlandt: Klosterhof mit Wallfahrern von Suczawa, Bukowina, 1890er © Volkskundemuseum Wien

Die Fotokamera war das geeignete Medium, das sowohl die Ölmagnaten als auch die Wissenschaftler für ihre Interessen einsetzten. Einer der Fotografen war Julius Dutkiewicz. Sein Interesse galt in erster Linie den Industrieaufnahmen, mit denen die Prosperität dieses Anhängsels der Monarchie sichtbar gemacht werden sollte. Auf seinen Platten fanden sich jedoch auch die Gesichter der Menschen, die sich stolz in ihren Trachten ablichten ließen.

Das Wiener Volkskundemuseum verfügt dazu über eine stattliche Anzahl von Lichtbildern anderer Fotografen wie Volodymyr Šuchevyč oder Josef Szomathy, die Land und Leute im ethnografischen Interesse festgehalten haben.

 

Monika Faber, Martin Keckeis (Photoinstitut Bonartes) und Herbert Justnik (Volkskundemuseum Wien) haben unter der wissenschaftlichen Beratung von Martin Rohde die Ausstellung „Ölrausch und Huzulenkult. Fotografische Streitobjekte aus Galizien und der Bukowina“ (bis 26. März 2023) als anschauliche Wanderung zwischen Ölfelder, Straßenszenen aus Czernowitz oder sogenannten „Volkstypen“ gestaltet. Auf den Besucher mögen manche der in großem Format präsentierten Fotos bedrückend wirken. Denn sie beweisen durchwegs die überhebliche Rücksichtslosigkeit gegenüber Befindlichkeiten dort und sonst wo auf der Welt heimischer Menschen, mit der sowohl die Ölsucher als auch die neugierigen Forscher in ihrem Wirken vorgegangen sind.

Julius Dutkiewicz: Ansicht der Schächte in den Petroleum-Minen, Ostgalizien © Scientific Library of

Julius Dutkiewicz: Ansicht der Schächtevon Petroleum-Minen © Scientific Library of the PAAS and the PAS in Cracow

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