Kultur und Wein

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Ausstellungsansicht "SURREAL! Vorstellung neuer Wirklichkeiten" © Oliver Ottenschläger

Ausstellungsansicht "SURREAL! Vorstellung neuer Wirklichkeiten" © Oliver Ottenschläger

SURREAL! Freud und die „Traumdeutung“ der Kunst

Herbert Bayer, The Lonely Metropolitan, 1973 (1936) © Bildrecht, Wien 2022

Herbert Bayer, The Lonely Metropolitan, 1973 (1936) © Bildrecht, Wien 2022

Die Suche einer Kunstrichtung nach ihrem geistigen Hintergrund in der Psychoanalyse

Sigmund Freud hatte zeitlebens nicht die wahre Freude am Surrealismus. Umgekehrt wurde der Wissenschaftler von dessen Malern zum geistigen Vater erkoren. In seinen Werken sahen sie die Bestätigung ihrer Annahmen, dass die Libido die Urkraft alles Schaffens ist und die Seele ein weites Feld, das in den Träumen des Menschen einen Blick auf seine geheimnisvolle Landschaft freigibt. André Breton, gehandelt als wichtiger Theoretiker des Surrealismus, besuchte schon in den 1920er-Jahren Freud in Wien, einem der bekanntesten Vertreter, Salvador Dalí, war es nach einigen missglückten Versuchen erst gegönnt, den großen Lehrer in dessen Londoner Exil 1938 zu treffen.

Zahlreiche Briefe sind erhalten, in denen Sigmund Freud in aller Höflichkeit seine Einwände gegen eine Vereinnahmung seines Forschungsgebietes durch die Kunst formuliert. Die Künstler haben sich darum wenig gekümmert und phantastische Werke geschaffen, die unschwer einer Traumdeutung, dem Totem und Tabu oder der von Freud beschriebenen Sexualität zuzuordnen sind.

Giorgio de Chririco, Piazza d'Italia con cavallo, um 1970 © Bildrecht, Wien 2022

Giorgio de Chririco, Piazza d'Italia con cavallo, um 1970 © Bildrecht, Wien 2022

Pablo Picasso, Minotaure aveugle guidé par une fillette dans la nuit, 1934 © Oliver Ottenschläger

Pablo Picasso, Minotaure aveugle guidé par une fillette dans la nuit, 1934 © Oliver Ottenschläger

Auch das „Sigm. Freud Museum“ hat sich in gewisser Weise über diese Vorbehalte hinweggesetzt. Unter dem Titel „SURREAL! Vorstellung neuer Wirklichkeiten“ werden Werke des Surrealismus aus der Sammlung Helmut Klewan (nach Marcel Duchamp ein „Künstler – im Quadrat“) gezeigt. Die Kuratorinnen Monika Pessler und Daniela Finzi haben die Schau unter einem klug gewebten Netz von Themen aufgebaut. Die Bilder hängen auf dunkelgrünen Wänden und lassen so den Betrachter mit den einzelnen Arbeiten und den dazu erweckten Gedanken angenehm allein sein.

 

Es beginnt mit „Begehren und Melancholie“ und den beiden Vertretern Hans Bellmer und Kurt Seligmann. Es folgt die „Paranoisch-kritische Methode“ in der symbolträchtigen Bildsprache von Salvador Dalí. André Masson steht für „Automatismus in Malerei und Zeichnung“, was wie auch alles andere in Informationstexten erklärt wird. „Entleerte Bildwelten“ werden mit den faszinierenden Szenerien von Giorgio de Chirico, dem Herren seiner Träume, mehr als gefüllt.

Über „Der magische Blick“ mit Werken von Paul Delvaux und „Im Herzen des Konkreten“, das vom Experiment mit automatisierten Zeichnungen von Yves Tanguy illustriert wird, führt die Betrachtung „Zur Realität irrationaler Objekte“ am Beispiel Meret Oppenheim. René Magritte ist zweifellos der Meister für „Gemalte Irritationen“ und Picasso laut Saaltext „realer als real“, da seine Darstellung in eine vollkommen andere Wirklichkeit als die gewohnte vorstößt. „Der Halluzination“ wollen Conroy Maddox und Victor Brauner „Raum geben“, während Roberto Matta, Dorothea Tanning und Max Ernst zwischen „Paris – New York und retour“ unterwegs waren. Mit Fotodokumenten hat Man Ray „Before & After“ festgehalten. Marcel Jean in seinen erotischen Grotesken und Maurice Henry mit Karikaturen haben hingegen „Die Satire“ im Surrealismus entdeckt. Ein Foto-Relief hat Raoul Ubac für „Die Fotografie – ein Instrument der Poetisierung“ geschaffen, das in „Zerlegte Wirklichkeiten neu verfasst“ von Marcel Mariën, Juro Kubicek oder Wilhelm Freddie mit der Collage in dieser Wanderung zwischen letztlich zahllosen Wahrnehmungen einer ungreifbaren Realität weitergeführt wird.

DLe Jeu de Marseille, 1983 nach Originalen um 1941 © Deutsches Spielkartenmuseum

DLe Jeu de Marseille, 1983 nach Originalen um 1941 © Deutsches Spielkartenmuseum

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