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Wiener Nostalgie-Vernetzte Erinnerungen an Emil Singer, Ausstellungsansicht

Wiener Nostalgie-Vernetzte Erinnerungen an Emil Singer, Ausstellungsansicht

EMIL SINGER Die Tragik im nostalgischen Blick auf Wien

Verschneiter Platz am Hof, Radierung, 1913

Verschneiter Platz am Hof, Radierung, 1913

Eine Kabinettausstellung erinnert an einen vergessenen österreichischen Künstler.

Es sind nur Fragmente, die über das Leben von Emil Singer berichten: Radierungen, Briefe, Archivalien und Erzählungen von jenen, die ihn kannten; aus diesem Material wurde von Caitlin Gura und Daniela Pscheiden eine berührende Ausstellung mit dem Titel „Wiener Nostalgie-Vernetzte Erinnerungen an Emil Singer“ (bis 1. September 2024) erstellt. Begonnen hat das Interesse mit einer Schenkung von James „Sandy“ Rikoon ans das Jüdische Museum Wien. Dabei handelt es sich um einen Teil seiner Sammlung von Emil Singers Radierungen. Gemeinsam ist den Bildern ein melancholisch nostalgischer Blick auf Wien. Gezeigt wird darin ein „Alt-Wien“, das schon damals (1914 bis in die 1930er-Jahre) nicht mehr existiert hat und von Singer in die Stadtansichten und Landschaften hineingezaubert wurde.

Briefumschlag eines Schreibens von Emil Singer an Philip Ellovich. Wien, 1940 © JMW

Briefumschlag eines Schreibens von Emil Singer an Philip Ellovich. Wien, 1940 © JMW / Schenkung Dr. Sandy Rikoon

 Emil Singer: Schönbrunn. Radierung, ca. 1930 © JMW / Schenkung Dr. Sandy Rikoon

Emil Singer: Schönbrunn. Radierung, ca. 1930 © JMW / Schenkung Dr. Sandy Rikoon

Dieser Fluchtversuch aus den ihn damals umgebenden Umständen, die vom Untergang der Monarchie und dem unaufhaltsamen Erstarken eines von der Politik dieser Tage geförderten Antisemitismus bedingt waren, wurde abgelöst von einer das Überleben entscheidenden Bemühung. Mit dem Einmarsch der Deutschen und dem Nationalsozialismus war für den Juden Emil Singer eine evidente Gefahr entstanden. Zuerst war es das Verbot, seine Werke im Deutschen Reich zu verkaufen. Bekannte in den USA nahmen sich seiner an und erschlossen ihm einen Markt in Übersee. Die wahre Tragödie ereignete sich, als Singer seine amerikanische Kundschaft um Hilfe bei der Emigration ersuchte. Trotz zahlreicher Unterstützungserklärungen und einer genehmigten Quotennummer wurde der Visumsantrag des Ehepaars Singer vom US-Konsul abgelehnt.

Als Grund dafür wird vermutet, dass die etwa 60jährigen kinderlosen Antragsteller zu wenig Wert für die Neue Welt darstellten. Zudem konnte das Geld aus den Einnahmen für seine Werke nicht überwiesen werden. 1942 wurde das dadurch an Wien gebundene mittellose Ehepaar Singer deportiert – und in der Schoa ermordet.

 

Die beiden Opfer waren über Jahrzehnte nicht mehr als eine Randnotiz des Holocaust. Erst ein Netzwerk von Historikern und Sammlern unter tatkräftigem Einsatz von Henry Isaacs und Axel Junghans hat auf Emil Singer und sein Werk einen Lichtstrahl der Erinnerung geworfen. Mit diesem Hintergrundwissen ausgestattet, ist es alles andere als leicht, diese Ausstellung ohne Betroffenheit zu betrachten; egal ob für Juden oder Nichtjuden, denn an Schicksalen wie diesem kann auch nach Generationen nicht ohne entsprechende Emotionen vorübergegangen werden.

Emil Singer: Selbstporträt. Radierung, 1915 © JMW / Schenkung Dr. Sandy Rikoon

Emil Singer: Selbstporträt. Radierung, 1915 © JMW / Schenkung Dr. Sandy Rikoon

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