Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Don Giovanni Ensemble bei der Schaumparty

DON GIOVANNI im Studio 54 von Schloss Rothschild

Don Giovanni bei der Verführung im Schaumbad

Mozart hätte seinen Spaß gehabt an diesem freizügigen Treiben

„Wir kriegen dich!“ hat eine erboste Dame mit blutrotem Lippenstift unübersehbar auf das Plakat geschrieben. Für den Betroffenen, niemand anderen als Don Giovanni, eine durchaus ernst gemeinte Drohung. Er hat´s eben nicht so mit der Treue. Er liebt Frauen, Champagner, Koks und in erster Linie seine Freiheit. Lorenzo da Ponte, ein großer Menschenkenner, und Wolfgang Amadé Mozart haben ihm mit einer Oper ein Denkmal gesetzt, an dem bis heute jegliche Moralvorstellung zwangsläufig zerschellen muss. Ist er nun, wie im Titel des Dramma giocoso angegeben, der Wüstling, der bestraft werden muss, oder ist er das Opfer seiner Leidenschaften, die von der Zudringlichkeit unbefriedigter Frauen verlässlich angeheizt werden? Was hat die eine davon, wenn sie ihn wirklich kriegt? Wohl wieder nichts als Frust und Jammer, wenn sie ihren Don Giovanni beim nächsten Seitensprung ertappt. Mozart hält sich in dieser Frage erstaunlicherweise heraus. Er hat für jede und jeden der Beteiligten die herrlichsten Melodien geschaffen, einfach einen „Schlager“ nach dem anderen.

Don Giovanni (Daniel Raschinsky) bei der Champagnerarie

Ob es die humorige Registerarie des Leporello ist, das Duett Là ci darem la mano von Zerlina und Don Giovanni, eine Verführung, der wohl keine Dame widerstehen könnte, oder die berühmte Champagnerarie Finch’han dal vino, calda la testa, eine Glanznummer für jeden Bariton, die wie kaum ein anderes Musikstück überschäumende Lebensfreude ausdrückt. Kein Wunder, dass diese Oper zu einer der meist gespielten zählt. Sie lässt auch den biederen Zeitgenossen an den zweifelhaften Freuden einer verrufenen Welt schnuppern, ohne ihn jedoch dort hinein zu ziehen und wie Don Giovanni in den Untergang zu treiben.

Zerlina (Lea Quortrup) und Donna Elvira (Barbara Angermaier) im Zweikampf um Don Giovanni

Die junge Regisseurin Anna Katharina Bernreitner hat mit ihrer Inszenierung im Schloss Rothschild in Waidhofen an der Ybbs eine Antwort versucht. Schauplatz ist der legendäre Nachtclub Studio 54 in New York in den 1970er-Jahren. Betreiber des Etablissements ist Don Giovanni (Daniel Raschinsky), sein Bartender Leporello (Ivan Zinoviev). Der Alkohol fließt in Strömen, es wird geschnupft auf Teufel komm raus und irgendwann plantscht die ganze Gesellschaft in einer Schaumparty.

Die drei Damen Donna Anna (Anne Wieben), Donna Elvira (Barbara Angermaier) und Zerlina (Lea Quortrup) vergessen aber trotz allem nicht, was sie hierher geführt hat. Jede von ihnen ist auf der Jagd nach der männlichen Beute namens Don Giovanni. Neben ihren großartigen Stimmen setzen die drei auch hemmungslos ihre Reize ein, ohne jedoch zum Ziel zu kommen. Das Objekt ihrer Begierde ist nämlich ständig auf der Flucht. Es will einfach nicht und nicht zum lustvollen Sex kommen.

Donna Elvira (Barbara Angermaier) vergreift sich auch an Leporello (Ivan Zinoviev)

Dauernd gibt es irgendwelche Störungen. Einmal ist es der gehörnte Bräutigam Masetto (Ricardo Bojorquez), der von Leporello nur mit äußerster Gewalt von Don Giovanni fern gehalten werden kann, dann Don Ottavio (Juraj Kuchar), der sich trotz  Bewaffnung dennoch auf das Singen von ungemein lyrischen Arien beschränkt und aufgrund seiner Harmlosigkeit sogar bei Donna Anna abblitzt, und der Komtur, als der am Schluss ein verkleideter Masetto seinen Rachgelüsten fürchterlich frönen darf.

Für das von Anna Katharina Bernreitner für diese Produktion engagierte Ensemble bietet der Innenhof von Schloss Rothschild mit Arkadenfront und neugotischem Gemäuer eine Bühne, in denen sich sowohl der Klang des von Raphael Schluesselberg souverän geleiteten Orchesters als auch die Stimmen von Solisten und Chor trotz freien Himmels durchaus entfalten können. „Don Giovanni“ ist nicht die erste Inszenierung von Bernreitner in Waidhofen an der Ybbs.

Ihr mutiges Projekt nennt sich „Oper-rund-um“ und hat bereits einige Schauplätze dieser romantischen Stadt bespielt. Sie liefert damit den Beweis, das gute Sänger und Musiker auch an abenteuerlichen Orten beachtlich große Oper liefern können. Mozart hätte garantiert seinen Spaß daran gehabt, in diesem ungewöhnlichen Ambiente seinen Don Giovanni mit all der von ihm intendierten weiblichen Erotik und Laszivität, aber auch der ehrlichen „Unmoral“ seines Helden ausgesprochen publikumsnah umgesetzt zu sehen.

Don Ottavio (Juraj Kuchar) besingt vergeblich seine Verlobte Donna Anna (Anne Wieben)
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