Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Geschichten aus dem Wiener Wald Ensemble im Park © Rolf Bock

Geschichten aus dem Wiener Wald Ensemble im Park © Rolf Bock

GESCHICHTEN AUS DEM WIENER WALD an „Originalschauplätzen“ erleben

Felix Kurmayer, Viktoria Weiner © Rolf Bock

Felix Kurmayer, Viktoria Weiner © Rolf Bock

Eine beschauliche Wanderung durch Mödling mit Ödön von Horváths bitterer Liebeserklärung

Mödling liegt im Wienerwald, das steht außer Zweifel, wenn auch scharf an dessen östlichem Rand. Damit dürfen auch Horváths „Geschichten aus dem Wiener Wald“ eben dort ganz authentisch spielen. Die im Stück vorkommenden Ortsangaben sind ohnehin eher vage. Ein Platz irgendwo an der Donau darf durchaus in der Thermenregion angesiedelt sein, Wasser zum Baden gibt´s auch dort genug, die Show im Maxim auf einer Wirthausbühne stattfinden, ohne an Erotik zu verlieren, und der Heurige mit Spritzwein und Blunzenbrot ist sowieso endemisch. Die kleine Geschäftsstraße mit Fleischhauerei, Trafik und dem Laden des Zauberkönigs gibt es mit ein bisserl gutem Willen überall, zumal in Mödling, das wie kaum ein anderes Städtchen unseres Landes im Zentrum sein ursprünglich stimmungsvolles Ambiente aus früheren Zeiten bewahrt hat.

Harald Simon (Oskar), Peter Josch (Zauberkönig), Viktoria Weiner (Marianne) © Rolf Bock

Harald Simon (Oskar), Peter Josch (Zauberkönig), Viktoria Weiner (Marianne) © Rolf Bock

Stefan Katzenbeisser (Rittmeister), Nici Neiss (Valerie) © Rolf Bock

Stefan Katzenbeisser (Rittmeister), Nici Neiss (Valerie) © Rolf Bock

Für Andreas Berger, den Intendanten des Sommertheaters Mödling, lag es also nahe, den Genius loci neuerlich auszureizen und Horváths bekanntestes Stück nach zehn Jahren als Stationentheater wieder aufzunehmen. Mit einem Werkel, das bei sanftem Kurbeln die „Geschichten aus dem Wienerwald“ von Johann Strauß von sich gibt, führt er sein Publikum zu faszinierenden Stätten, die man hinter den Renaissance- und Barockfassaden nie vermutet hätte. Es sind das beispielsweise Gärten, die an Romantik kaum zu überbieten sind. Wenn Marianne in ihrer Not zum heiligen Antonius fleht, dann schon in dem gotischen Kleinod der Spitalskirche und die finale Heirat, hier praktischerweise an den Beginn verlegt, kann am Schrannenplatz von der feierlichen Loggia des Alten Rathauses herab verkündet werden.

Viktoria Weiner (Marianne), Harald Simon (Oskar) bei der Hochzeit © Rolf Bock

Viktoria Weiner (Marianne), Harald Simon (Oskar) bei der Hochzeit © Rolf Bock

Wie es das Ensemble immer wieder schafft, vor den Zuschauern an Ort und Stelle zu sein, bleibt zwar ein Rätsel, aber das ist eben Sache der Regie, die bei Andreas Berger als „Eingeborenem“ in besten Händen liegt. Für den Zauberkönig konnte Peter Josch gewonnen werden. Diesem in seiner Verstocktheit biederen Mann glaubt man die Verzweiflung, die ihm einen Schlaganfall verursacht, wenn er erkennen muss, dass seine Tochter auf die schiefe Bahn geraten ist. Als Marianne ist Viktoria Weiner (alternierend: Leonie Reiss) tatsächlich ein recht bakschirliches Mädchen, das sich halt in einen Hallodri verliebt. Dass sie den Nachbar, den Fleischhauer Oskar nicht heiraten will, ist zu verstehen. Harald Simon ist nicht unbedingt ein Womanizer. Der Grobian schlachtet eben lieber Schweine, als einer Frau schöne Augen zu machen. Die Ansage, dass Marianne seiner Liebe nicht entgehen wird, nimmt sich aus seinem Mund eher wie eine Drohung aus.

Felix Kurmayer (Alfred) © Rolf Bock

Felix Kurmayer (Alfred) © Rolf Bock

Viktoria Weiner (Marianne) betet zum hl. Antonius © Rolf Bock

Viktoria Weiner (Marianne) betet zum hl. Antonius © Rolf Bock

Felix Kurmayer als feschem Alfred kann man wirklich nicht böse sein, wenn sich Marianne in ihn verknallt, von ihm schwanger wird und den Ärmsten von seiner Profession als erfolgreicher Experte bei Pferdewetten abbringt. Als Kosmetikvertreter ist er eine Niete. Valerie (Nici Neiss) hätte das gewusst. Aber sie hat mit Alfred Schluss gemacht, nachdem er die Verlobung von Marianne mit Oskar gesprengt hat. Ihre Lebenslust und Sinnlichkeit lässt sie stattdessen dem jungen Deutschen Erich zukommen. Viktor Urbainski verleiht dem heranwachsenden Nazi eine Komik, über die man lachen könnte, wüsste man nicht den späteren Verlauf der Geschichte. Zu erwähnen sind noch der launige Conferencier Victor Kautsch, ein mit mächtigem Bass Heurigenlieder singender Andreas Reismann als reicher Mister aus Amerika, der verlässlich die Blutwurst lobende Rittmeister (Stefan Katzenbeisser) und vor allem Ingeborg Bauböck. Eine solche Oma möchte man erschlagen, genauso wie es Marianne vergeblich versucht, so ein garstiges altes Weib ist diese Person, die das Kind der unglücklichen Liebe zweier unseliger Eltern kaltherzig umbringt. Überdies ist jede noch so kleine Rolle sorgfältig besetzt, von den Kindern, Tänzerinnen, Musikern oder einer Sängerin, die alle zusammen die Geschichten aus dem Wiener Wald auf dieser Wanderung durch Mödling wie kaum wo sonst so unmittelbar erleben lassen.

Ingeborg Bauböck (Großmutter), Gabi Berger (Mutter) © Rolf Bock

Ingeborg Bauböck (Großmutter), Gabi Berger (Mutter) © Rolf Bock

Rupert Kluhs-Preißler (Beichtvater) © Rolf Bock

Rupert Kluhs-Preißler (Beichtvater) © Rolf Bock

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