Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Alexander Nowotny, Doris Drechsel, Thomas Bauer ©

Alexander Nowotny, Doris Drechsel, Thomas Bauer © Karin Vogt

DER WEIBSTEUFEL Zwei Männer im Fuchsbau einer Frau

Doris Drechsel, Thomas Bauer © Karin Vogt

Doris Drechsel, Thomas Bauer © Karin Vogt

Eine Theaterrarität zwischen rauem Volksstück und modernem Beziehungsdrama

Er ist ein Saugflaschlmandl; nicht gerade ein Kompliment für einen Mann. Dessen wahre Stärke liegt in schlauer Verschlagenheit. Als Hehler von Schmuggelgütern ist er wohlhabend geworden, wird aber ständig von irgendwelchen Beschwerden geplagt; ein richtiger Krankensessel. Er ist sogar zu einer Frau gekommen, einer hübschen, vitalen Weibsperson, die ihn vor sieben Jahren geheiratet hat. Sie scheint sich mit seinem Schwachsein abgefunden zu haben. Wenn er heimkommt, richtet sie ihm warme Socken und die Schlapfen und träumt mit ihm gemeinsam vom schönsten Haus im Dorf, während sie noch weit draußen in einer armseligen Keusche ihr Dasein fristen. Es ist der Postenkommandant der örtlichen Grenzjäger, der auf die Idee verfällt, einen seiner Beamten in diesen Fuchsbau einzuschleusen und über die Frau zu den illegal gehorteten Waren zu kommen. Der Mann bekommt davon Wind und ist begeistert. Soll der junge Herr Jäger ruhig kommen! Doch mit der Liebe spielt man nicht! Man weiß nie, wer dabei gewinnt.

Doris Drechsel, Thomas Bauer © Karin Vogt

Doris Drechsel, Thomas Bauer © Karin Vogt

Thomas Bauer, Doris Drechsel. Alexander Nowotny © Karin Vogt

Thomas Bauer, Doris Drechsel. Alexander Nowotny © Karin Vogt

1914 hat Karl Schönherr (1867 in Tirol geboren, 1943 in Wien verstorben) „Der Weibsteufel“ geschrieben und ist mit dieser Tragödie erstaunlich gut angekommen. Die brutale Auseinandersetzung aufgrund verachteter Gefühle – was sich sehr heutig ausnimmt – wurde zu einem der meistgespielten Theaterstücke des süddeutschen Sprachraumes; trotz etlicher Vorbehalte, die vor allem mit dem Autor und seiner Begeisterung für den Nationalsozialismus zusammenhängen. In jüngerer Zeit ist es wohl deswegen aus den Programmen verschwunden.

Dass sich das Theater Experiment ausgerechnet dieser problematischen Rarität, annimmt, lässt staunen, vor allem aber auf eine gehörige Portion Mut schließen. Bereinigt von jedem Verdacht, „blutechtes, bodenständiges Schaffen“ (Der Völkische Beobachter 1933 zu Schönherrs schriftstellerischer Tätigkeit) zu verherrlichen, hat Erwin Bail inszeniert und gleich dazu eine mehr als nüchterne Bühne gestaltet. In der herabgekommenen Behausung des Ehepaares tragen Thomas Bauer als „der Mann“, Alexander Nowotny als „Grenzjäger“ und als „das Weib“ Doris Drechsel einen erbitterten Psychokrieg aus. Der Lockvogel verliebt sich tatsächlich in den kräftigen Burschen von der Grenzwache, der die Zuneigung erwidert, aber schlussendlich zu schwach ist, die Konsequenzen zu tragen. Der Mann wiederum weigert sich zu erkennen, dass seine Frau mehr als Schlauheit zu ihrem Glück benötigt. Doch dazu würden seine Kräfte nicht ausreichen. Das Zentrum in diesem Trio ist das gekränkte Weib, das am Ende den beiden Männern haushoch überlegen ist und mit körperlichem Einsatz und teils wahrer, teils vorgegaukelter Lust die durchaus aktuelle Botschaft dieses Schauspiels menschlicher Unzulänglichkeiten zu vermitteln imstande ist.

Doris Drechsel. Alexander Nowotny © Karin Vogt

Doris Drechsel. Alexander Nowotny © Karin Vogt

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