Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Bei Anruf - Mord! Ensemble © Walter Pobaschnig

Bei Anruf - Mord! Ensemble © Walter Pobaschnig

BEI ANRUF – MORD! Hitchcock-Spannung auf der Theaterbühne

Valentina Himmelbauer gegen Nagy Vilmos © Walter Pobaschnig

Valentina Himmelbauer gegen Nagy Vilmos © Walter Pobaschnig

Ein Oberinspektor und ein Krimiautor, die reizende Lady und die Bösewichte und dazu ein unerwartetes Mordopfer

Oberinspektor Hubbard ist bereits in die Jahre gekommen, aber Instinkt und Kombinationsgabe arbeiten noch verlässlich, wenn auch mit leichter Verzögerung. Nur ein paar Stunden vor der Hinrichtung verschaffen sie ihm Klarheit, dass die falsche Person in der Todeszelle sitzt. Wird er sie noch vor dem Strang retten können? Die Angelegenheit ist wirklich kompliziert, sogar für Hubbard fast zu gut ausgedacht von Tony Wendice, dem gefeierten Tennisprofi. Fast sieht es so aus , dass ein derart vertrackter Tatbestand nur einem Autor, der am laufenden Band Krimis für Hörspiele erfindet, in den Sinn kommen kann. Max Halliday ist allerdings auch nicht mehr der Jüngste. Aber er hat sich in die blutjunge Sheila verliebt, die dummerweise die Ehefrau von Tony ist. Das Erstaunliche: Seine Liebe wird erwidert. Das kann nicht gut gehen. Dieser Ansicht war offenbar auch Alfred Hitchcock, der das Drehbuch von Frederick Knott in „Dial M for Murder“ filmisch unvergessen gemacht hat (1954). Knott hat es auch für die Bühne bearbeitet und damit bis heute ein überaus spannendes und gern gespieltes Theaterstück (der deutsche Titel „Bei Anruf – Mord!“) geschaffen.

Valentina Himmelbauer, Christoph Prückner © Walter Pobaschnig

Valentina Himmelbauer, Christoph Prückner © Walter Pobaschnig

Christian Kohlhofer, Nagy Vilmos © Walter Pobaschnig

Christian Kohlhofer, Nagy Vilmos © Walter Pobaschnig

Im Theater Center Forum II hat sich Christoph Prückner dieses Evergreens angenommen und mit einer geschickten Inszenierung einen Publikumserfolg gelandet. Erwin Bail hat ihm das Wohnzimmer von Familie Wendice eingerichtet, eher unprätentiös, nur mit dem Nötigsten, wie Tennisschläger und Pokalen, einen Garderobenständer, der Terrassentür und dem Telefon, ohne das beim besten Willen dieser Mord nicht geschehen kann.

An weiteren Requisiten gibt es im Wesentlichen nur diverse Schlüssel und die den Tod bringende Schere. Der Aufwand ist also gering und die Wirkung dennoch erstaunlich. Dafür verantwortlich sind freilich auch die Darsteller. Als liebreizende Sheila verdreht Valentina Himmelbauer dem reifen Max (Christoph Prückner) den Kopf. Gatte Tony (Christian Kohlhofer) kann dabei selbstverständlich nicht untätig zuschauen. Er engagiert den in die Niederungen des Verbrechens abgerutschten Kommilitonen Swann (Nagy Vilmos als herber Auftragskiller), um ihn seine Ehefrau beseitigen zu lassen. Nachdem es ein Mordopfer gibt, erscheint Gerhard Dorfer in einer seiner Paraderollen als Oberinspektor Hubbard, der sich fürs Erste formidabel in Tonys Lügengebäude verirrt. Man hofft natürlich, dass dem erfahrenen Ermittler von Scotland Yard die Ungereimtheiten auffallen, muss darauf aber, eben ganz Hitchcock, bis zum Schluss warten, stets im Genuss des Unerwarteten, das aus diesem Bühnenkrimi nach wie vor einen anregenden Theaterabend macht.

Valentina Himmelbauer als Sheila © Walter Pobaschnig

Valentina Himmelbauer als Sheila © Walter Pobaschnig

Vom Winde verweht, echt jetzt!? Ensemble © Erwin Muik

Vom Winde verweht, echt jetzt!? Ensemble © Erwin Muik

VOM WINDE VERWEHT Echt jetzt!? Garantiert nicht nach dem Roman...

Wilhelm Preinsack, Leila Strahl, Stephan Paryla-Raky © Erwin Muik

Wilhelm Preinsack, Leila Strahl, Stephan Paryla-Raky © Erwin Muik

Ein „Hörspielspaß“ mit den Stars der Neuen Bühne Wien

Was bleibt einem Radiomacher wie Garry Williams übrig, als einen Husarenritt zu versuchen, nachdem ihm Bank, Mafia und Hauptsponsor finanziell in die Mangel nehmen. Wir schreiben das Jahr 1938 und der an der Pleite schrammende Sender ist NYCRadio4U. Ein Hörspiel? Kann man damit das Publikum gewinnen? Schon, wenn es sich zumindest um einen Reißer wie den Roman „Vom Winde verweht“ von Margaret Mitchell handelt. Es gibt allerdings Probleme mit den Bearbeitungsrechten und nicht zuletzt mit der Besetzung von gut 100 Figuren, mit denen dieses Südstaatenepos in den Äther strahlen will. Für den Kanadier Bernie Noris (*1993) bot diese Verzweiflungstat genügend „lachhaftes“ Potential, um es in einer Komödie umzusetzen, quasi mit dem Wunsch, „großes Kino“ versehen mit dem Sicherheitshinweis „echt jetzt!?“ auf die Bühne zu bringen.

Reinhard Hauser, Wilhelm Preinsack © Erwin Muik

Reinhard Hauser, Wilhelm Preinsack © Erwin Muik

Edith Leyrer, Leila Strahl © Erwin Muik

Edith Leyrer, Leila Strahl © Erwin Muik

Die Neue Bühne Wien unter Prinzipal Marcus Strahl hat sich dieses Erfolgsstücks angenommen und bringt damit im Theater Center Forum (auf einer praktisch schönen „Wanderbühne“ von Martin Gesslbauer bis 4. Februar 2023, dann bis März in diversen Theatern in der Provinz) das Publikum verlässlich zum Lachen. Als Regisseurin wirkt Nici Neiss, die alle die Gags, von denen die Pannen dieses improvisierten Hörspiels begleitet werden, ernsthaft lustig und subtil umsetzen lässt. Als Darsteller stehen ihr die Stars dieser Truppe zur Seite. Der eher von Pferdewetten als von seinem Sender besessene Garry Williams ist Wilhelm Preinsack, der nachvollziehbar von Tilda Cassedy (Leila Strahl) und ihrer Kunst der Teezubereitung hingerissen ist. Aber auch Henry Jenkins (Reinhard Hauser), Sponsor dieses Radios und stinkreicher Boss der Firma Jenkins Frühstücksflocken, kann sich den Reizen der angeblichen Assistentin nicht entziehen. Düstere Ahnungen stellen sich ein, wenn sich Stephan Paryla-Raky als rüder Inkassant der Mafia namens Manolo Grassi outet. Mit seinem Geigenkasten bedroht er die Anwesenden, um sich jedoch bald darauf als musikalisches Multitalent zu erweisen. Das Blatt wendet sich endgültig zugunsten einer „gelungenen“ Darbietung, als Edith Leyrer in Gestalt der Norma Shrine erscheint.

Der ehemalige Kinderstar ist die Geliebte von Jenkins, die nach vielen Jahren unfreiwilliger Bühnenabsenz endlich eine ihr angemessene Rolle findet. Sie wird zu Scarlett O´Hara und darf darüber hinaus in dem ganzen Tohuwabohu die Entdeckung ihres Lebens feiern. Der stotternde, aber toll singende Hotelpage Ben (Georg Hasenzagl) ist niemand anderer als das nach der Geburt von ihr genommene Kind. Wenn das nicht Grund genug für ein Glas Sekt mit dem gesamten Ensemble ist!? Echt jetzt!

Leila Strahl, Stephan Paryla-Raky © Erwin Muik

Leila Strahl, Stephan Paryla-Raky © Erwin Muik

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