Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Die Waldviertelbahn in voller Fahrt

Mit dem Bummelzug auf Entdeckungsreise durchs Waldviertel

Gmünder Blockheide

Mit Rauch und Dampf auf schmaler Spur von der „Kraftarena“ über die Blockheide zum Erpfl-Grätzl-Fest

Die kleinen Waggons sind bis zum letzten Platz besetzt mit bestens gelaunten Reisenden. Die alte Dampflok im Bahnhof Gmünd macht sich mit Pfauchen und Pfeifen gegenüber den modernen Triebwagen am Nebengleis ordentlich wichtig. Die Mh.1 wurde sorgfältig vorgeheizt und ist nun kraftstrotzend bereit, sogar den Waldviertler Semmering zu bezwingen. Pünktlich wird das Zeichen zur Abfahrt gegeben. Wenn der letzte Passagier eingestiegen ist und alle Bügel bei den Einstiegen geschlossen sind, setzt sich der Zug schnaubend in Bewegung.

Erpfln in Litschau

Mächtige Rauchwaden werden ausgestoßen. Allein dieser Geruch, der Duft von verbrannter Kohle, und das Zischen des Wasserdampfs wecken Erinnerungen an unbeschwerte Reisen in der Kindheit. Damals, sagen wir vor rund 55 Jahren, wurde noch eine ganze Reihe von Bahnstrecken von Dampfloks befahren. Heutzutage muss man ein solches Erlebnis schon suchen – und findet es bei der Waldviertelbahn.

Nachtwächter Ernest Zederbauer führt durch das nächtliche Weitra

Dieses Mal geht die Fahrt in den Süden. Bei Bier und Mohnzelten im Jausenwagerl sind die 43 Kilometer gemächlicher Fahrt bis zur Endstation doppelter Genuss. Einem Waldviertelfan braucht man die Kraftarena in den Wäldern rund um Groß Gerungs nicht näher zu erklären. Aber auch dem Neuling kann geholfen werden. In der Waldviertelbahn reisen gewiss auch etliche Kundige im Umgang mit Wünschelrute und Pendel.

Steinpyramide in der Kraftarena von Groß Gerungs

Ein verlässlicher Ansprechpartner ist diesbezüglich Herbert Frantes, Dienststellenleiter der Waldviertelbahn. Er verkauft im Zug die Fahrkarten und ist nebenbei Experte im Aufspüren von Kraftplätzen. Er wird sich bestimmt gerne Zeit nehmen, den Adepten in Kürze in das geheimnisvolle Wesen der Steinpyramide und anderer geheimnisvoller Granitformationen einzuweihen.

Man kann auch in Langschlag aussteigen, den Museumswaggon besuchen und mit dem geprüften Wanderführer Alois Gallistl auf angenehmen Wegen und erfolgreich Schwammerl suchend eine Station zu Fuß bewältigen. Nicht versäumen darf man Weitra, die älteste Braustadt Österreichs. Was Tradition vermag, beweist das Brauhotel Weitra, wo einem mittels aufschlussreicher Kurzführung die Kunst des Bierbrauens nahegebracht wird.

Moderne und alte Technik vereint in der Brauerei des Brauhotels Weitra

Die Stadt selbst ist ohne Übertreibung ein historisches Juwel, das sogar noch über einen Nachtwächter verfügt. Bei Laternenschein folgt man Ernest Zederbauer durch die engen Gassen der Stadt, um die vielen verborgenen Geschichten zu erfahren, die sich im Laufe der Jahrhunderte hinter den dicken Mauern der alten Häuser zugetragen haben.

In der Waldglashütte Zalto

Die nächste Tagesreise führt nach Norden. Die Waldviertler selbst nennen die Stadt Litschau und deren Umgebung nicht ohne einen Schuss Selbstironie das „österreichische Nordkap“. Auf dem Weg dorthin durchquert man das Glasmacherlandl. In Altnagelberg gibt es Gelegenheit live dabei zu sein, wenn in der Waldglashütte eines der eleganten Zalto-Gläser mundgeblasen wird, oder auch nur ein kleines Souvenir, das als Erinnerung an diese Begegnung mit altem Handwerk erworben werden kann.

 

Das Ziel des Tages sind jedoch Litschau und die Erpfln, zu Deutsch Erdäpfel, aber bitte niemals Kartoffeln zu diesen sinnlich appetitlichen Früchten der Erde sagen. Litschau hat natürlich mehr zu bieten, zum Beispiel eine entspannte Bootsfahrt auf dem Herrensee und als Geburtsstadt von Kaspar Schrammel, Vater der berühmten Musiker und Komponisten Johann und Josef Schrammel, Anfang des Sommers das Schrammelklangfestival, das längst zum „Woodstock des Wienerliedes“ avanciert ist.

Punkt 16 Uhr ist Abfahrt nach Gmünd. Es sind gerade einmal 26 Kilometer, die zurückzulegen sind, aber sie bieten Zeit genug, noch einmal mit allen Sinnen die Genüsse einer Fahrt mit Rauch und Dampf auf schmaler Spur zu genießen, den Menschen, die fröhlich die Bahnfahrer grüßen, zurück zu winken und sich im Stillen zu überlegen, wie man die tags zuvor gefundenen Eierschwammerln am besten mit den Erdäpfeln von heute zu einem g´scheiten Nagerlsterz verkochen kann.

Unter Dampf: die Mh. 1 im Bahnhof Gmünd

Nützliche Links für eine Reise mit der Waldviertelbahn

Morgensonne in den Erpfl-Sackerl in Litschau

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