Kultur und Weindas beschauliche MagazinAusstellungsansicht We ❤ Foto: Ouriel Morgensztern © Heidi Horten Collection KLIMT & ARTFLUENCE Das Publikum liked und entscheidet. Herzerl, hochgestreckter Daumen und ähnlich einfache Symbole sind uns längst vertraut, wenn es darum geht, unsere Begeisterung für einen Post in den Social Media auszudrücken. Nun hat als erstes Museum auch die Heidi Horten Collection diese kürzeste Form der Meinungsäußerung für sich entdeckt. Unter dem Titel WE ❤ wird eine umfassende Auswahl ikonischer Werke aus dem eigenen Bestand präsentiert, die für sich genommen bereits eine „Promenade“ vorbei an Glanzstücken vom Expressionismus bis zur zeitgenössischen Kunst zu einem beeindruckenden Schauerlebnis machen. Unter dem Begriff #ARTfluence wird aber noch eins drauf gesetzt und der Weg in eine nicht uninteressante Museumszukunft gewiesen, die zweifellos auch junge Leute anspricht. Erforderlich ist dazu ein Smartphone. Die „Gebrauchsanweisung“ für den Einstieg als Influencer der Kunstszene findet sich nach dem Eingang. Logged man sich entsprechend ein und öffnet die richtigen Links, kann man für seinen Favoriten an den Wänden oder im Luftraum zwischen den drei Etagen seine Stimme abgeben.
Die Besucher werden damit zu Kuratoren, die sich allerdings berufsbedingt intensiv mit dieser Materie auseinandersetzen müssen. Es ist alles andere als leicht, in der gebotenen Auswahl seriös zu entscheiden. Wer weiß schon, dass Franz Marc mit seinen Roten Rehen sogar einen Roy Lichtenstein zur „Forest Scene“ inspiriert hat oder Ernst Ludwig Kirchner aus Geldmangel eine Leinwand hinten und vorne bemalt hat, und zwar mit zwei in ihrer Art grundverschiedenen weiblichen Akten. Zu sehen sind derlei Kuriositäten unter „Recto / Verso“.
Andacht kehrt ein, wenn man vor der „Kirche in Unterach am Attersee“ zu stehen kommt. In einem Kabinett in der obersten Etage wurde das neue Focus-Format mit Gustav Klimt eröffnet.
Ausstellungsansicht RENDEZ-VOUS, Heidi Horten Collection, Wien, 2023, Foto: Ouriel Morgensztern RENDEZ-VOUS mit Künstlern in Frankreich
Bildnerische Kunstwerke haben die Eigenschaft, dass man sie sammeln kann, ganz im Gegensatz zu Musik oder Literatur. Man mag dahinter eine kapitalistische Schwäche erkennen, denn der Ankauf von wertvollen Arbeiten ist nur dank einer immens breiten finanziellen Grundlage möglich. Sie verlieren diese unsympathische Attitüde jedoch just in dem Moment, in dem sie der Öffentlichkeit gezeigt werden. So mag man keine Vorstellung vom Reichtum der Sammler haben und darf trotzdem Schlüsselwerke der Malerei gegen geringes Eintrittsgeld bewundern. Das junge Museum der Heidi Horten Collection schafft dazu das ansprechende Ambiente, um sich auf die Dauer des Besuches ein wenig wie dessen Gründerin zu fühlen, an Sofas, Fauteuils und Tischchen vorbei wandeln, auf denen Heidi Horten zu Lebzeiten bei einem Cocktail relaxt hat oder mit Kunstexperten über den nächsten Ankauf gesprochen hat. Es bleibt egal, welche Villa zu solch einem Treffen auserkoren war, schließlich gab es genug davon auf den schönsten Plätzen unseres Planeten. Wörthersee und Côte d'Azur sind nur zwei Beispiele für ihre feinen Bleiben. Die bauliche Fülle war allerdings Notwenigkeit. Heidi Horten benötigte Wände, viele Flächen, um jederzeit mit ihrer Kunst leben zu können. Das Depot verachtete sie.
So gilt der Titel „Rendez-vous“ (bis 29. Oktober 2023) als postume Einladung, in ihrem Sinn über Künstler zu plaudern, die irgendeinen wesentlichen Bezug zu Frankreich hatten. Im Aufstieg durch die drei Geschosse begegnet man den Gemälden und Skulpturen, die auch von Größen wie dem Spanier Pablo Picasso, dem Russen Marc Chagall oder von der über Frankreich, Schweiz und Toskana hin tätigen Niki de Saint Phalle geschaffen wurden. Wandtexte bieten nicht nur kunsthistorisches Hintergrundwissen, sondern schaffen mit den Werken zusammen ein aufschlussreiches Bild von den jeweiligen Lebensumständen, denen die Künstler ausgesetzt waren, bevor sie Welt und Markt zu den teuersten ihrer Zeit erkoren haben.
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