Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


  Ausstellungsansicht We ❤  Foto: Ouriel Morgensztern © Heidi Horten Collection

Ausstellungsansicht We ❤ Foto: Ouriel Morgensztern © Heidi Horten Collection

KLIMT & ARTFLUENCE Das Publikum liked und entscheidet.

Ausstellungsansicht We ❤

Ausstellungsansicht We ❤

Mit WE ❤ lädt das Museum zu einem aktiven Kunsterlebnis ein

Herzerl, hochgestreckter Daumen und ähnlich einfache Symbole sind uns längst vertraut, wenn es darum geht, unsere Begeisterung für einen Post in den Social Media auszudrücken. Nun hat als erstes Museum auch die Heidi Horten Collection diese kürzeste Form der Meinungsäußerung für sich entdeckt. Unter dem Titel WE ❤ wird eine umfassende Auswahl ikonischer Werke aus dem eigenen Bestand präsentiert, die für sich genommen bereits eine „Promenade“ vorbei an Glanzstücken vom Expressionismus bis zur zeitgenössischen Kunst zu einem beeindruckenden Schauerlebnis machen. Unter dem Begriff #ARTfluence wird aber noch eins drauf gesetzt und der Weg in eine nicht uninteressante Museumszukunft gewiesen, die zweifellos auch junge Leute anspricht. Erforderlich ist dazu ein Smartphone. Die „Gebrauchsanweisung“ für den Einstieg als Influencer der Kunstszene findet sich nach dem Eingang. Logged man sich entsprechend ein und öffnet die richtigen Links, kann man für seinen Favoriten an den Wänden oder im Luftraum zwischen den drei Etagen seine Stimme abgeben.

  Gustav Klimt  Kirche in Unterach am Attersee, 1916  Heidi Horten Collection

Gustav Klimt Kirche in Unterach am Attersee, 1916 Heidi Horten Collection

  Franz Marc  Rote Rehe I, 1910  Heidi Horten Collection

Franz Marc Rote Rehe I, 1910 Heidi Horten Collection

Die Besucher werden damit zu Kuratoren, die sich allerdings berufsbedingt intensiv mit dieser Materie auseinandersetzen müssen. Es ist alles andere als leicht, in der gebotenen Auswahl seriös zu entscheiden. Wer weiß schon, dass Franz Marc mit seinen Roten Rehen sogar einen Roy Lichtenstein zur „Forest Scene“ inspiriert hat oder Ernst Ludwig Kirchner aus Geldmangel eine Leinwand hinten und vorne bemalt hat, und zwar mit zwei in ihrer Art grundverschiedenen weiblichen Akten. Zu sehen sind derlei Kuriositäten unter „Recto / Verso“.

 

Andacht kehrt ein, wenn man vor der „Kirche in Unterach am Attersee“ zu stehen kommt. In einem Kabinett in der obersten Etage wurde das neue Focus-Format mit Gustav Klimt eröffnet.

Prof. Dr. Tobias Natter macht in dieser Verbeugung vor dem 1918 verstorbenen Genie eine Reihe von Details deutlich, die spannendes Wissen nicht nur über einen bemerkenswert vielfältigen Pinselstrich vermitteln, sondern auch dem Format, nämlich dem Quadrat, besondere Bedeutung verleihen. Als Bestätigung begleiten dieses späte Landschaftsgemälde quadratische Arbeiten aus der Zeit um 1900 von Broncia Koller-Pinell oder Carl Moll und im selben Format Kunst von Josef Albers, Jean-Michel Basquiat oder Silvie Fleury. Deswegen ist es, ohne schulmeistern zu wollen, durchaus angeraten, den flinken Finger erst dann auf das Display loszulassen, wenn einige Hausaufgaben erfüllt wurden, die da wären: Sich eingehend mit jedem Werk auseinander zu setzen und, wenn´s nicht zuviel verlangt ist, auch die zur Ausstellung erschienen Publikationen wie den Sammlungsführer oder den Katalog zum Focus Gustav Klimt (beide herausgegeben von Agnes Husslein-Arco) in einer stillen Stunde zu studieren.

  René Magritte  L'Hirondelle du Faubourg, 1964  Heidi Horten Collection, © Bildrecht, Wien, 2023

René Magritte L'Hirondelle du Faubourg, 1964 Heidi Horten Collection, © Bildrecht, Wien, 2023

Ausstellungsansicht RENDEZ-VOUS, Heidi Horten Collection, Wien, 2023, Foto: Ouriel Morgensztern

Ausstellungsansicht RENDEZ-VOUS, Heidi Horten Collection, Wien, 2023, Foto: Ouriel Morgensztern

RENDEZ-VOUS mit Künstlern in Frankreich

  Heidi Horten am Steuerrad der Carinthia V, 1960er Jahre  Foto: Archiv Heidi Horten Collection

Heidi Horten am Steuerrad der Carinthia V, 1960er Jahre Foto: Archiv Heidi Horten Collection

Plauderei im Wohnzimmer in einer Villa an der Côte d'Azur über das Sammeln großer Kunst

Bildnerische Kunstwerke haben die Eigenschaft, dass man sie sammeln kann, ganz im Gegensatz zu Musik oder Literatur. Man mag dahinter eine kapitalistische Schwäche erkennen, denn der Ankauf von wertvollen Arbeiten ist nur dank einer immens breiten finanziellen Grundlage möglich. Sie verlieren diese unsympathische Attitüde jedoch just in dem Moment, in dem sie der Öffentlichkeit gezeigt werden. So mag man keine Vorstellung vom Reichtum der Sammler haben und darf trotzdem Schlüsselwerke der Malerei gegen geringes Eintrittsgeld bewundern. Das junge Museum der Heidi Horten Collection schafft dazu das ansprechende Ambiente, um sich auf die Dauer des Besuches ein wenig wie dessen Gründerin zu fühlen, an Sofas, Fauteuils und Tischchen vorbei wandeln, auf denen Heidi Horten zu Lebzeiten bei einem Cocktail relaxt hat oder mit Kunstexperten über den nächsten Ankauf gesprochen hat. Es bleibt egal, welche Villa zu solch einem Treffen auserkoren war, schließlich gab es genug davon auf den schönsten Plätzen unseres Planeten. Wörthersee und Côte d'Azur sind nur zwei Beispiele für ihre feinen Bleiben. Die bauliche Fülle war allerdings Notwenigkeit. Heidi Horten benötigte Wände, viele Flächen, um jederzeit mit ihrer Kunst leben zu können. Das Depot verachtete sie.

  Marc Chagall, L'âne vert (Der grüne Esel | The Green Donkey), ca. 1936  Bildrecht, Wien 2023

o.: Marc Chagall, L'âne vert (Der grüne Esel | The Green Donkey), ca. 1936 Bildrecht, Wien 2023 Foto © Heidi Horten Collection.

r.: Niki de Saint Phalle, Nana (petite Gwendolyn IV) (Nana (kleine Gwendolyn IV) | Nana (little Gwendolyn IV)), 1965-1966 Bildrecht, Wien 2023 Foto © Heidi Horten Collection

r.u.: Pablo Picasso, Femme assise de profil dans un fauteuil bleu (Im Profil sitzende Frau in einem blauen Sessel| Woman seated in profile in a blue armchair), 1960 Succession Picasso/Bildrecht, Wien 2023 Foto © Heidi Horten Collection

  Niki de Saint Phalle, Nana (petite Gwendolyn IV) (Nana (kleine Gwendolyn IV) | Nana

So gilt der Titel „Rendez-vous“ (bis 29. Oktober 2023) als postume Einladung, in ihrem Sinn über Künstler zu plaudern, die irgendeinen wesentlichen Bezug zu Frankreich hatten. Im Aufstieg durch die drei Geschosse begegnet man den Gemälden und Skulpturen, die auch von Größen wie dem Spanier Pablo Picasso, dem Russen Marc Chagall oder von der über Frankreich, Schweiz und Toskana hin tätigen Niki de Saint Phalle geschaffen wurden. Wandtexte bieten nicht nur kunsthistorisches Hintergrundwissen, sondern schaffen mit den Werken zusammen ein aufschlussreiches Bild von den jeweiligen Lebensumständen, denen die Künstler ausgesetzt waren, bevor sie Welt und Markt zu den teuersten ihrer Zeit erkoren haben.

Der zeitliche Bogen des Gezeigten spannt sich von 1890 bis 1970, ergänzt mit einigen zeitgenössischen Formaten. Die Bilder sind damit auch Spiegel weltpolitischer und gesellschaftlicher Veränderungen und zählen mit der von Heidi Horten an den Tag gelegten Sicherheit beim Erwerb zu den bedeutendsten ihrer damals gerade aktuellen Richtung. Der Blick wandert vom Montmartre eines Kees van Dongen oder Georges Braque auf den nobleren Montparnass und das Künstlerhaus La Ruche, wird von der École de Paris und deren Vertreter wie Moïse Kisling, Emmanuel Mané-Katz oder Elisabeth Ronget-Bohm aufgefangen und begibt sich schließlich in das unbeschreibliche Licht des Südens, das schon Paul Cézanne oder Vincent van Gogh geliebt haben. Die kundigen Moderatoren dieses in die Tiefe der Kunst reichenden Gespräches sind Véronique Abpurg und Rolf H. Johannsen, die dieses Rendez-vous als Kuratoren eingefädelt haben.

  Pablo Picasso, Femme assise de profil dans un fauteuil bleu (Im Profil sitzende Frau
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