Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


ANA TORFS & AUTUMN LEAVES, Ausstellungsansicht

Ana Torfs, Ausstellungsansicht © Kunstsammlungen der Akademie der bildenden Künste Wien, Foto: Iris Ranzinger

ANA TORFS & AUTUMN LEAVES Insert aus 28 kunstvollen Tapisserien

Tapisserie von Ana Torfs, Detail

Tapisserie von Ana Torfs, Detail

Die Weissagungen der Sibylle aus der Aeneis gewebt in tagesaktuelle Zeitungen

Der Titel ist nicht ohne: „The Day You were Thinking About the Sibyl While You Were Picking Autumns Leaves“ ergänzt bis 30. August 2026 die Dauerausstellung „Die Sammlung betrachten“ der Kunstsammlung der Akademie der bildenden Künste in Wien. Die belgische Künstlerin Ana Torfs hat das Insert gestaltet und dabei einen weiten Bogen über die Zeiten gespannt. Während sie im November 2020 auf der Suche nach besonders schönen Herbstblättern unterwegs war, kam ihr die Passage aus Vergils Aeneis in den Sinn, in der die Sibylle von Cumae mit dem trojanischen Helden in die Unterwelt hinabsteigt. Sie pflegt ihre Prophezeiungen auf abgefallene Blätter zu schreiben und lässt diese vom Wind zerstreuen. Ana Torfs, sie lebt und arbeitet in Brüssel, hat solche Blätter als Motiv in einen umfangreichen Werkzyklus eingebaut. Sie wurden auf Ausschnitte von internationalen „Tagblättern“ gelegt und fotografiert. In einem Feld darunter finden sich persönliche Bemerkungen von Torfs.

Ana Torfs, Ausstellungsansicht © Kunstsammlungen der Akademie der bildenden Künste Wien

Ana Torfs, Ausstellungsansicht © Kunstsammlungen der Akademie der bildenden Künste Wien, Foto: Iris Ranzinger

Ana Torfs vor einem ihrer Werke in der Ausstellung

Ana Torfs vor einem ihrer Werke in der Ausstellung

Die damit entstandenen Bilder wurden gewebt, als Jacquard-Tapisserien, für deren Herstellung Belgien mit seiner Jahrhunderte langen Tradition berühmt ist. Das Weiß der Zeitungen ist aus mattem, die Blätter dagegen aus glänzendem Faden, die Schatten dazwischen lassen die jeweiligen Zacken und Stiele in einem Tromp-l´Oeil abheben und damit eine hoch ästhetische Synthese aus Kunst und Kunsthandwerk empfinden. Wenngleich die von Torfs gewählten Zeitungsausschnitte nichts darüber berichten, ist es ist das Werk einer Pandemie, die damals unter dem Namen Covid bzw. Corona wütete und die Menschen in ihrer Angst vor Ansteckung in Lockdowns verharren ließ. So begleiten im ersten Raum Gemälde die Tapisserien, die Seuchen wie die Pest thematisieren. Im nächsten Raum sind es die Sibyllen, die schon bei Michelangelo in der Sixtina, aber besonders in der Barockzeit vieldeutige und vor allem geheimnisvolle Motive waren.

Zwischen den Gemälden eines Friedrich Amerling, Bartolomé Esteban Murillo, Rembrandt Harmensz. Van Rijn oder Peter Paul Rubens trifft man immer wieder auf Tapisserien, bis man beim „Wiener Weltgericht“ von Hieronymus Bosch angelangt ist. Gegenüber diesem fantastisch prophetischen Triptychon findet sich auch das bewusst als Ende bezeichnete Werk von Ana Torfs, das durchaus als ein Hinweis auf die Unsicherheit des sibyllischen Blätterwirbels bezüglich unserer Handlungsperspektiven gelesen werden will.

Ana Torfs, Ausstellungsansicht © Kunstsammlungen der Akademie der bildenden Künste Wien

Ana Torfs, Ausstellungsansicht © Kunstsammlungen der Akademie der bildenden Künste Wien, Foto: Iris Ranzinger

Akademie Logo 350

Statistik