Kultur und Weindas beschauliche MagazinEugenia, 2020/21 © Hubert Scheibl
Hubert Scheibl – er spricht mit leiser, fast scheuer Stimme – gibt dazu selbst die Erklärung: „Für einen Künstler ist der reflexive Blick auf das eigene Werk manchmal sehr hilfreich. In meinem Fall ist das ein ironischer Blick auf die Malerei. Ich versuche mein Werk durch Skulpturen ironisch zu hinterfragen. Künstler tendieren allein aus ihrer Beschäftigung heraus dazu, sich um einen narzisstischen Kern zu drehen.“
Den größten Teil machen Gemälde aus, die in jüngster Zeit entstanden sind. Die Pandemie bescherte auch dem Maler ungewollte Abgeschiedenheit, damit aber Gelegenheit und Ruhe für eine Suche nach Antworten auf Fragen über Leben und Tod, über die Natur mit ihren Mutationen und die Evolution auch kleinster Lebensbausteine. Wie viel elementare Veränderungen das Virus gebracht hat, wird sich erst in naher Zukunft zeigen, der Prophet mit dem Pinsel scheint sie jedoch vorausgeahnt zu haben. So schreibt Kuratorin Antonia Hoerschelmann als Ergebnis ihrer intensiven Begegnung mit diesen Bildern und deren Botschaft: Gewohnte Bezugspunkte werden verschoben und müssen neu definiert werden. Vergangenheit und Zukunft verdichten sich zu einem flüchtig im Gemälde festgehaltenen Augenblick, der lineare Kontinuität von Zeit negiert. Vergeblich wird man in den delikat abgestuft gemalten Farbflächen Räume suchen. Die Augen sollen sich einfach an diesem „evolutionären Urstrom“ satt sehen können, um sich beim Blick nach unten am Ausschnitt eines Farbkeils (als Hilfe für das Kalibrieren von Fotoaufnahmen) ausruhen und neu orientieren zu können. Irritierend ist in dieser absoluten Abstraktheit „Kalben“ (2020/21), ein Eisberg, der von einem polaren Gletscher abgebrochen ist und im sich erwärmenden Meer schmelzend treibt. Steps of Evolution, 2020/21 © Hubert Scheibl Nahezu monochrom sind die quadratischen Gemälde aus früheren Jahren in der Kapelle. Sie entstammen aus Serien wie „Odysee im Weltraum“ oder sind mit einem Buchstaben aus aus dem Triptychon R.O.W. betitelt und sind so ideal vereint wohl selten zu sehen. Der Portikus wiederum wird einesteils zur Wanderung entlang der symbolhaften Motive auf dem 2004 in Brasilien entstandenen „Itamaraca“ mit einer Länge von 11,87 Meter, bis man von „Ones“ gefangen wird, einer im einem Zug auf die Leinwand geworfenen Schleife, die als konkretes Gebilde in einem unendlichen Raum zu schweben scheint – ein Paradoxon? Hilfreich zu dessen Aufklärung ist der Katalog, der mit einem Vorwort von Klaus Albrecht Schröder, Überlegungen von Wolfgang Welsch zu „Tierheit, Evolution, Zufall“, einem Artikel von Hoerschelmann mit dem Titel „Zwischen Anpassung und Widerstand“ und zahlreichen Zitaten des Künstlers Hubert Scheibl manche Tür des Verständnisses öffnen kann. Statistik |