Kultur und Wein

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Ofer Lellouche, Ausstellungsansicht

Ofer Lellouche, Ausstellungsansicht

OFER LELLOUCHE Bilder der eigenen, nackten Einsamkeit

Ofer Lelouche, Zwei, 2005, Bronze

Ofer Lelouche, Zwei, 2005, Bronze

Ein Werk, das von Bedrohung, Verfolgung und Auslöschung geprägt ist

Angenehm sind die Radierungen, Holzschnitte und Skulpturen in keiner Weise. Die Gesichter sind entstellt, die Haut scheint verbrannt und die abgebildeten Menschen strahlen bittere Einsamkeit aus. Für den 1947 in Tunesien geborenen Ofer Lellouche ist die Kunst eine Sprache, die von einer sehr tiefen, geheimen Region unseres Geistes aus gesprochen und gehört wird. Um diesen Satz zu verstehen, ist ein Blick auf die Herkunft dienlich. Lellouche ist Jude und trägt in sich die Geschichte Jahrtausende langer Verfolgung seines Volkes. Dazu kommt eine multikulturelle Identität und die damit verbundene Frage „Warum?“, die im Zentrum jüdischen Denkens steht. Er war Mathematiker, der in den 1970er-Jahren mit Videokunst und Malerei zu experimentieren begann. Sein Arbeitsfeld wurde beeinflusst vom mathematischen Denken. Im Hintergrund seiner Porträts und Selbstporträts steht dabei immer das Fremdsein des Menschen in der Welt, dem sich Lellouche mit allgemeiner existentieller Erfahrung nähert, oder wie er selbst sagt: Auf der anderen Seite des Spiegels wird mir die Antwort auf eine Frage gegeben, deren Formulierung mir schwer fällt.

Ofer Lellouche, Ausstellungsansicht

Ofer Lellouche, Ausstellungsansicht

Aus den Variationen: Ein Würfelwurf (nach Stephane Mallarmé)

Aus den Variationen: Ein Würfelwurf (nach Stephane Mallarmé)

Dem in Tel Aviv und Paris lebenden und arbeitenden Künstler ist bis 19. September 2023 in der Säulenhalle der Albertina eine Personale gewidmet. Es befanden sich bereits Arbeiten von Ofer Lellouche in der Sammlung, die nun durch eine beachtliche Schenkung an Zeichnungen und Grafiken erweitert wurde. Im dazu erschienenen Katalog findet sich ein von Michel Gad Wolkowicz, Professor für Psychopatholgie, verfasster Beitrag. Unter dem ausführlichen Titel „Zwischen Überleben und Reminiszenz, Menschliches / Nichtmenschliches, der Schatten des Erinnerbaren, eine Konstruktion im Herzen des Vertrauten — Das eigene Gesicht verdienen –“ werden darin Zugänge zu diesem düsteren Werk erhellt, unter anderem mit dem wunderbar tief greifenden Satz: Ofer Lellouche, dieser großartige Mann und gewaltige Künstler, dieser wahre Mentsh (Jiddisch) und kostbare Freund, ist eines jener Wesen, die Spuren in der eigenen Existenz hinterlassen: tief verwurzelt in einer starken und lebendigen Kultur, genährt von Studien, Kommentaren, gedanklichen Auseinandersetzungen, schöpferischen Erfahrungen.

Ofer Lellouche, Selbstporträt 2022

Ofer Lellouche, Selbstporträt 2022

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