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Fernheilung, Ausstellungsansicht

Fernheilung, Ausstellungsansicht

FERNHEILUNG Kunst im Zerrspiegel einer Sammlung

Albert Oehlein, Ohne Titel 1991, Detail

Albert Oehlein, Ohne Titel 1991, Detail

Eine Ausstellung zu den Anfängen der 1980 gegründeten Sammlung der Universität für angewandte Kunst

Joseph Beuys küsst Oswald Oberhuber. Den Beweis der innigen Zuneigung liefert ein Foto aus 1983. Die beiden Künstler, auf den ersten Blick eher Erich Honecker und Leonid Breschnew im Nahkampf, haben im Garten vor der Hochschule für angewandte Kunst vier Bäume gepflanzt. Der große Beuys war auf Vermittlung der Galerie nächst St. Stephan nach Wien gekommen und führte mit dem ehemaligen Rektor der Hochschule für angewandte Kunst die Aktion durch; leider ohne Erfolg, denn keines der Bäumchen überlebte. Eines der unglücklichen Exemplare wurde jedoch in die Bestände der damals noch jungen Kunstsammlung der Angewandten gerettet. Unter dem Titel „Holzfällen“ ist dieses gut konservierte Stämmchen nun Teil der Ausstellung „Fernheilung. Die 1980er und frühen 1990er-Jahre im Zerrspiegel einer Sammlung“ (bis 31. Jänner 2026 im Heiligenkreuzerhof).

Oswald Oberhuber, Peter Weibel, Würden Sie von diesem Mann ein gebrauchtes Pferd kaufen?, 1986

Oswald Oberhuber, Peter Weibel, Würden Sie von diesem Mann ein gebrauchtes Pferd kaufen?, 1986, Universität für angewandte Kunst Wien, Kunstsammlung und Archiv, Foto: Dominik Buda

Ernst Caramelle, Dose, 1978, Universität für angewandte Kunst Wien, Kunstsammlung und Archiv,

Ernst Caramelle, Dose, 1978, Universität für angewandte Kunst Wien, Kunstsammlung und Archiv, Foto: Dominik Buda

Es handelt sich um eine Jubiläumsschau. 1980 hat Rektor Oswald Oberhuber die Sammlung gegründet. Von Anfang an war die Öffentlichkeit mit eingebunden. Bis heute ist noch immer deutlich das zugrunde liegende Programm zu bemerken. Es geht um die Ordnung der Kunst des 20. Jahrhunderts, besser gesagt, um deren Kanon und dessen Bewertung, beispielsweise mit der auffällig spät einsetzenden Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus, die jedoch aus innerer Logik heraus zu einer der wesentlichen Aufgaben der Spätgeborenen werden musste.

Der Parcours durch die seit 45 Jahren zusammengetragenen Werke birgt je nach Lebensalter Erinnerungen oder erste Begegnungen, jedenfalls aber aufschlussreiches Kunsterleben. Auf das Plakat geschafft hat es die schlichte Konservendose mit „Duchampschen Witz“ von Ernst Caramelle. Maria Lassnig ist im Selbstporträt als Blondine zu sehen oder Heimo Zobernigs „Tigeranzug“ als Versuch, mit seinen Linien die Konturen des Raumes nachzuzeichnen. Als amüsanter Sketch bietet sich das mit seinem Audioanteil den ersten Teil der Ausstellung beherrschende Video „Violent Incident –Man-Woman Segment“ von Bruce Nauman. Nach Aussage des Proudzenten ist jedoch es der Ausdruck von Wut und Frustration, wenn ein Mann eine Frau zum Essen einlädt, ihr aber den Sessel unter dem Hintern wegzieht. Die daraus entspringende Rauferei endet für beide mit einem KO. Einen ähnlichen Effekt zeitige auch die Auseinandersetzung mit dem jeweils aktuellen politischen Geschehen. „Würden Sie von diesem Mann ein gebrauchtes Pferd kaufen?“ fragten 1986 Peter Weibel und Oswald Oberhuber, als der auf dem Bild dargestellte Mann für das Amt als Bundespräsident kandidierte. Kurt Waldheim hat die Wahl gewonnen, wodurch Österreich für etliche Jahre einen braunen Schatten über sich geworfen hat, von dem zweifellos auch dessen absolut anders gelagertes Kunstgeschehen betroffen war.

Jospeh Beuys, Oswald Oberhuber, Baumbepflanzung im Garten und vor der Hochschule

Jospeh Beuys, Oswald Oberhuber, Baumbepflanzung im Garten und vor der Hochschule für angewandte Kunst, Universität für angewandte Kunst Wien, Kunstsammlung und Archiv, Foto: Philippe Dutarte

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