Kultur und Weindas beschauliche MagazinBen Willikens, Kälte - Räume, Ausstellungsansicht BEN WILLIKENS Meister bedrückend leerer Räume
Geisterhäuser ohne Gespenster, das Labor Dr. Mengeles ohne KZ-Häftlinge, Wannen und Waschräume ohne Badende oder eben der von Leonardo da Vinci den Dominikanern ins Refektorium gemalte Saal, in dem Jesus vor seinem Leiden und Tod mit den Aposteln getafelt hat, ohne Heiland und Jünger; der deutsche Maler Ben Willikens (1939) verzichtet konsequent auf menschliche Staffage. Viel mehr fordert er die Betrachter dazu auf, an deren Stelle in diese durchwegs düsteren Orte einzutreten und Teil der Szenerie zu werden. Als er Anfang der 1970er-Jahre damit begonnen hat, einen von Krankheit erzwungenen Aufenthalt in einer geschlossenen Anstalt künstlerisch aufzuarbeiten, entstanden grau dominierte Räume, Gänge und Fenster, darin und davor Bahren, Spitalsbetten und Stühle, gemalt in beängstigend akkuratem Realismus. Die Kunstgeschichte konnte sich damit nur wenig anfangen. Es war unmöglich, die Arbeiten Willikens in eine Schublade zu verfrachten, da es eine solche noch nicht gab. Trotzdem hafteten seine leeren Räume im Gedächtnis, kalt wie eine erfrorene Gliedmaße, die sich durch latente Schmerzen gegen das Vergessen stemmt. Ben Willikens war mit einem Schlag berühmt. Er blieb auch als Rektor der Münchner Kunstakademie dieser Ästhetik treu, bis zu den jüngsten Werken, die das Grauen der NS-Zeit spüren lassen, indem Licht nichts als mehr Schatten erzeugt.
An die 50 Werke stehen bis 1. Mai 2022 in der Albertina unter dem Titel „Ben Willikens Kälte – Räume“ im Mittelpunkt einer umfangreichen Ausstellung, die mit Arbeiten von Robert Longo, Eduard Angeli und Gottfried Helnwein so raffiniert ergänzt sind, dass man Mühe hat, die einzelnen „Räume der Moderne“ auf den ersten Blick voneinander zu trennen. Anlass für diese Verbeugung vor Ben Willikens war eine bedeutende Schenkung des Sammlers Siegfried Weishaupt an die Albertina. Erschienen ist dazu auch ein Katalog mit einem von tiefen, spirituellen Gedanken getragenen Artikel über „Anwesende Abwesende“ (Walter Grasskamp) oder dem Interview von Sandy Willikens mit dem Künstler, in dem er entscheidende Hinweise zum Verständnis seiner Bildern gibt, wenn er sagt: „Ich wollte den leeren Räumen eine Stimme geben.“ Statistik |