Kultur und Weindas beschauliche MagazinVALIE EXPORT, Fragmente der Bilder einer Berührung, Ausstellungsansicht VALIE EXPORT Künstlerin hinter dem TAPP und TASTKINO
Wie herrlich sich die Leute aufregten, damals, als sich in den 1960er-Jahren eine junge Szene Luft machte, indem sie aus der bieder verkrusteten Schockstarre nach dem Zweiten Weltkrieg auszubrechen versuchte. Neben einem allgemein erwachenden Freiheitswillen punkto Haartracht und Outfit, verbunden mit neuem Zugang zur Sexualität, war es der Wiener Aktionismus, der mit seiner Radikalität verlässlich für Empörung sorgte. Die Bevölkerung fand sich geteilt in Spießbürger und solche, die gekünsteltes Verständnis für das unerhörte Treiben aufbrachten. Waltraud Stockinger, geborene Höllinger war eine der Protagonistinnen. Bald kreierte sie ihr Logo: eine Packung der Hacklerzigarette, auf der statt Smart nun VALIE prangte, verbunden mit EXPORT. Eine Marke war geboren, die auf ihre Weise in das von Männern dominierte Kunstgeschehen massiv mit ihrem eigenen Körper eingriff. Sie spielte ohne Rücksicht auf irgendwelche Befindlichkeiten die wilde Weiblichkeit einer Ungebändigten. Das Fernsehen schürte auf seinen zwei Kanälen in der abendlichen Nachrichtensendung ausführlich die Aufregung, wenn die junge Frau einen Mann (Peter Weibel) als Hund an der Leine durch die Kärntnerstraße äußerln führte, sich im TAPP und TASTKINO von verunsicherten Passanten auf den Busen greifen ließ oder mit der AKTIONSHOSE: GENITALPANIK billigem Voyeurismus eine schallende Ohrfeige verpasste.
Freilich gehören diese Reminiszenzen wesentlich dazu, wenn es eine Retrospektive von VALIE EXPORT (bis 1. Oktober 2023) in fasziniernder Architektur zu erleben gibt. Sie ist aber eine weit darüber hinausgehende Künstlerin. Es war immer wieder die Fotografie, die ihr als Ausdrucksmittel diente. Es begann mit „Selfies“ in Kindertagen und setzte sich in Aufnahmen mit dem Selbstauslöser wie das berühmte tätowierte Strumpfband am Oberschenkel bis zu den Konzeptfotografien aus den 1970er-Jahren fort. Ihre Tätigkeit schritt damit von der Provokation weiter fort mit feministisch unterlegten Denkanstößen wie das Hinterfragen von Bild und Wirklichkeit in den Massenmedien.
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