Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Azienda Agricola Casa di Monte, der Turm auf dem Hügel

Von den Cappelli di Firenze zu Robbia, Chianti & Laudemio

Über die gesamte Anhöhe gegenüber erstreckt sich die Stadt Montespertoli. Wo sich die Häuser im Grün buschiger Wälder verliert, schwingen Hügel ineinander, bestanden mit Weingärten und Reihen von Zypressen, und verlieren sich im Blau des Horizonts. Bei guter Sicht lässt sich die charakteristische Skyline von San Gimignano ausnehmen, weiter im Westen das Val d´Elsa, das Tal des Flusses, der diese Gegend nach Norden zum Arno hin entwässert. Der Eindruck, im Mittelpunkt der Toskana zu stehen, macht sich breit, wenn man vom Casa di Monte weg über die Landschaft blickt, ein Gefühl, das schon vor gut 1000 Jahren zum Bau eines Wachturmes an dieser Stelle geführt hat. Im Laufe der Zeit ist daraus eine Burg geworden. Heute ist dieser Bau Wohnhaus und Kellerei der Familie Simoncini.

Panorama: Casa di Monte, der Turm auf dem Hügel

l.o.: Marco Simoncini

l.o.: Entspannung our im Agritursimo

l.u.: Alter Olivenbaum im Garten vor dem Haus

In einem weiten Gewölbe, das tagsüber als stimmungsvoller Kostraum dient, trifft sich die große Familie zur Cena, zum gemeinsamen Abendessen. Mamma Antonella hat reichlich gekocht. Ihre Söhne Matteo und Andrea, deren Frauen Jessica und Linda, aber auch Ihr Mann Marco, sie alle greifen ordentlich zu bei Arista, einem mit Salbei und Rosmarin gewürzten Schweinebraten, oder bei Pecarino mit hausgemachtem Birnenmarmelade. Die zwei Buben Tommaso und Lorenzo warten lieber auf die Dolci, Lapo, der Jüngste, muss ohnehin von seiner Mutter Jessica gefüttert werden. Es wird gemeinsam Wein verkostet und getrunken, über das Tagwerk im Weingarten geredet, vor allem aber über die nagelneuen Stahltanks, die am Vortag angekommen sind.

 

Auch den Gästen in der Villa Casa di Monte, einem großzügigen Agriturismo, wird die Möglichkeit eines Menüs in stimmungsvoller Atmosphäre geboten. Sie erfahren dann die Geschichte der Häuser, so auch die ihrer Bleibe, die einst eine Kapelle war. Um 1800 in ein Wohnhaus umgewandelt, wurde sie 1912 von den Simoncinis gemeinsam mit dem Anwesen angekauft und 2012 zum Apartment umgebaut – ohne den Flair eines alten toskanischen Bauernhauses zu verlieren. Im Haupthaus wird der Wein hergestellt, zumindest bis zur Reifung im Holz. Die großen, nicht getoasteten Fässer aus französischem Holz, hergestellt in Venezien, finden sich ganz in der Nähe, in einem ebenfalls von einem Turm bewachten Gebäude, das von Marco und Andrea entworfen und aus altem Baumaterial errichtet wurde.

 

Zu hören ist aber auch die Geschichte von den Strohhüten, die bis in die 1920er Jahre hier erzeugt wurden. „Rundum, überall dort, wo heute Weinstöcke zu sehen sind, wurde Getreide angebaut“, erzählt Marco, „und es konnte das feine Stroh gewonnen werden, das florentinische Hüte in der ganzen Welt bekannt gemacht hat.“ Billigimporte aus China in den 1920er Jahren führten zu einer Umstellung auf Weinbau und die Produktion von Olivenöl. Beides, Wein und Öl, werden seither in der Azienda Casa di Monte in bester Qualität gewonnen. Der geschickte Ankauf von Weingärten führte überdies dazu, dass Marco sowohl Chianti Classico, Chianti der Colli Fiorentini und Chianti aus der jüngsten Sottozona, der Sottozona Montespertoli, in einem Betrieb anbieten kann.

In der beeindruckenden Liste an Weinen, die im Casa di Monte entstehen, fällt ein Name auf: Robbia, ein Toskana I.G.T. aus der Sangiovese-Traube. Marco lächelt fein: „Das ist das etruskische Wort für Rotwein.“ Und er verneint es nicht, wenn man ihn als Nachkomme der Etrusker anspricht. Man kennt hier deren Grabstätten und fühlt sich nach wie vor den einstigen Bewohnern der Toskana verbunden. Teil der Geschichte sind auch die bauchigen Flaschen. „Dieser hier fasst zwei Liter“, Marco zeigt einen prächtigen Fiasco, gefüllt mit bestem Chianti, „das war die Tagesration eines Bauern“, um hinzuzufügen, dass heute weniger getrunken wird. Ein Fiasco ist zudem vom Glas her teurer als sein Inhalt und typisch italienischen Restaurants als Attraktion vorbehalten.

 

Mindestens so wichtig wie der Wein, wenn nicht wichtiger, ist im Casa di Monte das Olivenöl. Marco ist Mitglied des exklusiven Konsortiums Laudemio. Die besten und bekanntesten Ölproduzenten der Toskana haben sich unter dieser Marke verbunden und die Mitgliederzahl mit 21 limitiert. „Es zählen vor allem der Duft und die extrem niedrige Säure“, stellt Marco fest, um auf einem Blatt Papier darzustellen, was damit gemeint ist: „Ein Extra vergine darf maximal ein Prozent Säure haben, die DOP/IGP 0,80 Prozent. Laudemio hat die Obergrenze bei 0,20 Prozent, die Pharmazie schreibt 0,16 vor und unser Olivenöl hat“, er macht eine kurze Atempause, „0,14 Prozent!“ Wie solche Qualität möglich ist? Die Antwort: „Möglichst schnelle Verarbeitung. Am Nachmittag geerntet, am Abend gepresst!“

Leiste o.: Für den Vin Santo getrockente Trauben

Leiste u.: Terrakottaarbeit von Ivano Cerrai

o.: Kakteensammlung von Signora Antonella

u.: Die nagelneuen Stahltanks

g.u.. Ölkrüge, wie sie früher verwendet wurden

l.g.u.: Der neue Turm aus altem Baumaterial

Den Abschluss eines Rundganges macht wie in vielen Weingütern der Toskana ein Besuch des Vin Santo unter dem Dach der Kellerei. Malvasia und Trebbiano werden relativ früh geerntet, getrocknet und nach drei Monaten gepresst. Die Vergärung des süßen Saftes erfolgt in Caratelli, kleinen Eichenfässern. Sie kann nicht beeinflusst werden und dauert ihre Zeit. „Nach fünf Jahren sehen wir den Erfolg“, sagt Marco gelassen. Er weiß mit Natur umzugehen, aber auch mit Kunst, die in seinem Haus stets offene Türen gefunden hat. Vor einigen Jahren haben sich bedeutende Künstler Italiens hier zu einem Symposium versammelt und gearbeitet. Ihre Werke sind dageblieben und zu einem wesentlichen Ausdruck im Gesicht des Casa di Monte, des Turms aus den Hügeln, geworden.

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