Kultur und Wein

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In aller Freundschaft, Ausstellungsansicht

In aller Freundschaft, Ausstellungsansicht

IN ALLER FREUNDSCHAFT auf der Suche nach dem Verbindenden

Susanna Inglada, Nothing Twice II, 2024, Small Voice, 2004

Susanna Inglada, Nothing Twice II, 2024, Small Voice, 2004

Kunstvolle Annäherung an eine versöhnliche Thematik

Freunde! Kaum ein Begriff unserer Sprache ist in seiner Bedeutung derart weit zu denken wie dieses Wort. Es beginnt mit einem Like der friends zu einem Posting in den Social Media, verkümmert zur geschnarrten Grußformel unter Parteigenossen, kann fallweise zum Abendessen eingeladene Bekanntschaften oder die Kumpanen an der Theke des Stammbeisls meinen, ist aber auch offen für eine allgemein philanthrope Einstellung zu den Mitmenschen und findet schließlich ihre höchste Ausformung in der Beziehung zweier Menschen, die bereit sind, für den anderen alles zu geben, ohne Rücksicht auf die eigene Befindlichkeit. Es mangelt daher auch nicht an Definitionen, von denen jedoch keine Freundschaft befriedigend umschreibt.

In aller Freundschaft, Ausstellungsansicht

In aller Freundschaft, Ausstellungsansicht

Anders Krisár, Untitled, 2015

Anders Krisár, Untitled, 2015

Dennoch oder gerade deswegen ist die neue Jahresausstellung im Wiener Dommuseum von enormer Wichtigkeit, als Denkanstoß in Zeiten, in denen Unversöhnlichkeit und Hass das gesellschaftliche Zusammenspiel zu beherrschen drohen. Direktorin Johanna Schwanberg ist gemeinsam mit dem Kurator Klaus Speidel der Freundschaft mit Kunstwerken aus verschiedensten Kulturepochen nachgegangen und hat damit ein sehenswertes Statement zur Freundschaft per se geschaffen.

Switzin Twikirize, Connected by the Roots, 2022, Dom Museum Wien © Switzin Twikirize, Foto: L. D.

Switzin Twikirize, Connected by the Roots, 2022, Dom Museum Wien, Otto Mauer Contemporary © Switzin Twikirize, Foto: L. Deinhardstein

Alessandra Sanguinetti, The Shepherds, 1998 © Alessandra Sanguinetti / Magnum Photos

Alessandra Sanguinetti, The Shepherds, 1998 © Alessandra Sanguinetti / Magnum Photos

Der Titel „In aller Freundschaft“ ist in unserem Sprachgebrauch die diplomatische Einleitung für eine Botschaft an Menschen, die man ins Herz geschlossen hat und denen man dennoch unfreundliche Wahrheiten nicht vorenthalten will. Dieser kritische Aspekt geht in der Fülle an Objekten jedoch sanft unter. Skulpturen, Gemälde, Zeichnungen, Fotografien, Videoinstallationen u. v. m. bieten vielmehr Schritt für Schritt positive Gedankenanstöße. Bespielt wird das gesamte Museum. Es beginnt im Außenbereich mit einer Freundschaftsbank der Otto-Mauer-Preisträgerin Maruša Sagadin und führt durch das Stiegenhaus mit Bildtafeln von Heribert Friedl.

In den Räumen des ersten Stock (Emotionen und gesellschaftspolitische Aspekte) gehr es weiter bis zu einer intimen Videoinstallation mit Blick auf den Stephansdom. Etliche der Kunstwerke wurden für die Ausstellung eigens kreiert, wobei es sich im Gros um Künstlerinnen handelt, um dem männlichen Überhang aus früheren Zeiten (Hans Schäufelein, Peter Fendi, Gustav Gaul u. a.) in der Gegenwart die weibliche Sicht entgegenzusetzen (Arbeiten von Susanna Inglada, Juliette Green, Lisa Großkopf, Maria Lassnig oder Alessandra Sanguinetti mit dem Plakatmotiv „The Shepherds“). Etliche der gezeigten Werke stammen aus dem Hause selbst. In erster Linie sind es Sakralschätze, mit denen die Rolle des aktuellen Themas verbunden ist (berührend: die zwei Schwangeren Maria und Elisabeth, deren Leibesfrüchte laut dem Lukasevangelium bereits Freundschaft signalisieren). So verkündet Kardinal Christoph Schönborn im Katalog eine wahre Frohbotschaft: „Das Gewaltige im Judentum und später im Christentum ist der Gedanke des Bundes, den Gott mit den Menschen schließt. Dieser Bund ist ein Freundschaftsbund.“

In aller Freundschaft, Videoinstallation mit Blick auf den Stephansdom

In aller Freundschaft, Videoinstallation mit Blick auf den Stephansdom

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