Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Verschlungene Zeitlinien von 1913 mit Gründung der Singschule 1817 und 1914

exil.arte dokumentiert den musikalischen Exodus der NS-Zeit

Ausstellungsansicht

Wenn ich komponiere, bin ich in Wien

Ihre Musik wurde als entartet bezeichnet und sie selbst waren ab 1938 schlimmster Verfolgungen ausgesetzt. Die Rede ist von Musikern, die aufgrund ihrer jüdischen Herkunft Österreich verlassen mussten und so gezwungenermaßen ihr Wissen und ihre Fähigkeiten in die Welt hinaustrugen. Viele von ihnen waren an der damals noch als Akademie bezeichneten Universität für Musik und darstellende Kunst Lehrende oder Studierende gewesen. Im Rahmen der Feiern zum zweihundertjährigen Bestehen dieser 1817 gegründeten Institution wurde von exil.arte, einer Plattform zur Erforschung und Dokumentation der vom Nationalsozialismus verfolgten Musikschaffenden, in der mdw diesen Persönlichkeiten im Hauptgebäude in der Lothringerstraße eine Ausstellung gestaltet. Sie soll an diesen Verlust an Genialität und Virtuosität erinnern, den Wien aufgrund des Wahnsinns eines Großteils der Menschen erlitten hatte. Dem Vergessen entrissen werden aber auch die einzelnen Schicksale, denen es nicht immer vergönnt war, an ihren Erfolg vor der Vertreibung anzuschließen.

Das Emmy und Egon Wellesz-Klavier

Der Titel „Wenn ich komponiere, bin ich wieder in Wien“ ist das Zitat eines Spätgeborenen. Michael Haas (*1954) hat an der mdw Klavier studiert und später als Musikproduzent mit Sir. Georg Solti und Claudio Abbado gearbeitet. Zuvor hatte er sich schon intensiv mit der „Entarteten Musik“ während des III. Reiches auseinandergesetzt. In diesem berührenden Satz fasst er die Stimmung unter den verfemten Kunstschaffenden in Worte, die von Wien und seiner Musik wohl ihr ganzes Leben lang trotz allen Ungemachs, das ihnen dort widerfahren ist, nicht losgekommen sind.

Notenhandschriften von Richard Stöhr

Einige davon sind wieder zurückgekehrt, wie Charlotte Eisler, die u.a. bei Anton Webern studiert hatte. Sie war verheiratet mit dem Komponisten Hanns Eisler, einem streitbaren Schüler von Alban Berg, Anton Webern und Arnold Schönberg. Beide waren in der kommunistischen Bewegung aktiv gewesen und waren mit dem Verbot ihrer Partei 1933 in Österreich bereits Repressalien unterworfen. Sie ging 1936 nach Moskau, wo sie Prokofjew in Vokalkomposition unterwies.

1938 musste sie die UDSSR verlassen. Ihr Weg führte sie über Prag nach England und 1945 wieder zurück nach Wien, wo sie bis 1952 Gesang unterrichtete. Ihr Gatte kam in Kontakt zu Bertolt Brecht und wurde das „musikalische Sprachrohr des deutschen Marxismus“. Auch er musste ins Exil gehen, feierte Erfolge in Hollywood, wurde 1948 jedoch als Kommunist aus den USA verwiesen.

 

Es sind nur zwei Beispiele von einer langen Reihe großer Musiker, deren Laufbahn mit der mdw verbunden ist. Sie werden mit Foto und kurzem Lebenslauf vorgestellt. Die dicht aufgestellten Tafeln, von denen je eine einem dieser Personen gewidmet ist, sind dicht aufgestellt und nötigen den Besucher zum langsamen Durchschreiten dieser Reihen. Als Ergänzung zu den Texten konnten einige wenige Objekte aufgetrieben werden.

Eines davon ist in einer Virtine der Frack von Erich Wolfgang Korngold (1897-1957). Er war schon früh als Wunderkind gehandelt worden, von dem 1910 ein Werk, das später als „Die tote Stadt“ ein internationaler Erfolg werden sollte, in der Wiener Hofoper aufgeführt worden war. 1934 wurde er von Max Reinhardt eingeladen, für den Hollywoodfilm „A Midsumnmer Nights Dream“ Mendelssohns Musik neu zu arrangieren. Korngolds Erfolg in der Traumfabrik war ohnegleichen. Den Frack trug er übrigens anlässlich der Verleihung eines der beiden Oscars, die ihm für „Anthony Adverse“ und „The Adventures of Robin Hood“ verliehen worden waren. Gleich nach dem Ende des Krieges beendete er jedoch seine Karriere in Hollywood und kehrte immer wieder nach Österreich zurück. Sein opulenter Klang wurde aber von der Musikkritik wenig freundlich aufgenommen. Er verstarb 1957 in Los Angeles, die Grabplatte des aus der Heimat Vertriebenen ziert das Notenzitat „Glück, das mir verblieb“.

Walter Brichtin einer Kariaktur mit Leo SlezAK
exil.arte Logo 200

Statistik