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Van Gogh Alive, Ausstellungsansicht © Grande Experiences

Van Gogh Alive, Ausstellungsansicht © Grande Experiences

VAN GOGH ALIVE Kunstshow mit Musik und Emotionen

Van Gogh Alive, Ausstellungsansicht © Grande Experiences

Van Gogh Alive, Ausstellungsansicht © Grande Experiences

Gemälde kommen ganz nahe und beginnen zu leben

Jeder einzelne Pinselstrich, den Vinzent van Gogh in seiner Verzweiflung über die Leinwand gezogen hat, wird deutlich sichtbar; ein Bart, dessen Haare die vielfarbige Kombination der expressiven Farben verraten, der breite pastose Auftrag, der bedrohliche Spiralen am Nachthimmel zieht, und das nur mit ein paar Strichen angedeutete Gesicht eines Kaffeehausbesuchers, sie machen den Reiz in den Werken des 1853 in den Niederlanden geborenen Malers aus. Er gilt vielleicht deswegen heute als Begründer der modernen Malerei, weil er nie von einer Akademie oder einem Lehrer verdorben wurde. Der Autodidakt hat sich wenig um Form- oder Farbenlehre gekümmert, sondern ist stets seinem eigenen Gefühl gefolgt, das ihm deutlich gesagt hat, wie ein Motiv erregend für die Augen der anderen dargestellt werden muss. Er war gleichzeitig ein Wahnsinniger, nicht nur in seinen Arbeiten, auch im Leben, das ihn in eine Irrenanstalt geführt hat. Die Bilder, die er seit seinem 27. Lebensjahr geschaffen hat, können nicht teilnahmslos betrachtet werden. Sie rütteln auf, bewegen die Seele des Betrachters und sind nicht zuletzt deswegen regelmäßig die Stars in Ausstellungen, die diesem Künstler gewidmet sind.

Van Gogh Alive, Ausstellungsansicht © Grande Experiences

Van Gogh Alive, Ausstellungsansicht © Grande Experiences

Van Gogh Alive, Ausstellungsansicht © Grande Experiences

Van Gogh Alive, Ausstellungsansicht © Grande Experiences

In der METAStadt, einem ehemaligen Fabrikgelände in der Otto Neurath-Gasse 3, 1220 Wien, ist eine Halle bis 16. Februar 2022 der Präsentation von Vincent van Gogh gewidmet. Schon der Zugang verschafft entsprechende Einstimmung. Schritt für Schritt begegnet Kunst dem Besucher dieses als Eventlocation wiederbelebten Industriedenkmals, bis er einen der Backsteinbauten betritt, um sich in ein Abenteuer der besonderen Art zu wagen. Unter dem Titel „Van Gogh Alive“ wird von Grande Experiences auf 1200 m2 eine „multisensorielle“ Ausstellung geboten. Die Originale, wie sie in Museen und Kunsthallen ein unmittelbares Erleben schaffen, wird man vermissen. Dafür aber wird im Gegenzug eine Einführung in die Welt der Malerei geboten, die auch Kinder und Menschen, die bis dato kaum Zugang zu diesem Metier hatten, mitreißt und eine gute Stunde lang – im wahrsten Sinn des Wortes – in den Gemälden van Goghs festhält. Versprochen wird eine lebendige Symphonie aus Licht, Farben, Klang und Düften, verwirklicht mittels einer eigens für diese erfolgreiche Wanderausstellung (bereits über 50 Millionen Besucher in 70 Städten) entwickelten Hochtechnologie namens SENSORY4.

Nachgestellte Stube seines Atieliers in Arles, das er gemeinsam mit Paul Gauguin bewohnte

Einem Gemälde nachgestellte Stube seines Atieliers in Arles, das er gemeinsam mit Paul Gauguin bewohnte

Naja, der olfaktorische Faktor hält sich in Grenzen. Beeindruckend sind aber Licht und Farben, die mittels Projektionen Ausschnitte aus einzelnen Werken raumfüllend auf riesigen Wänden und auf dem Boden ausbreiten. Sie lassen den Besucher zum Teil des Bildes werden und ihn eintreten in Landschaften, in denen van Gogh seine Sonnenblumen gefunden, oder in Räumlichkeiten, in denen er gelebt und gearbeitet hat. Sie stellen auch die Menschen vor, die ihm begegnet sind. Sie wurden vom ihm mit allen ihren Unzulänglichkeiten gemalt, wie auch sein eigenes Gesicht, immer wieder variiert in den Selbstporträts, selbstlos ehrlich bis zum Verband über dem rechten Ohr, das er sich in einem Anfall der Raserei abgeschnitten hat. Gemälde werden sanft mit Naturaufnahmen abgemischt, überblendet und immer wieder umgearbeitet, beispielsweise mit Vögeln, die über den düsteren Himmel fliegen, oder mit einem dahin rollenden Zug, aus dessen Dampflok fröhliche Rauchwölkchen über die Gegend wehen. Mit der Musik, durchwegs klassische Ohrwürmer, verstummt jede Kritik an diesen eigenmächtigen Eingriffen. Sie liegt wie eine verbindende Klammer über dem Ganzen, dem man gar nicht entkommen will. Von diesen Klängen benommen folgt man den Lebensstationen van Goghs von Groot-Zundert über Paris, Arles, Saint-Rémy bis Auvers sur Oise, wo der Maler am 29. Juli 1890 nach einem Selbstmordversuch starb. Übrigens: Von den Gemälden, die heute zu den teuersten zählen, konnte Vincent van Gogh nur ein einziges verkaufen; was gleich am Beginn zu erfahren ist, auf Infotafeln, die mit nötigem Wissen die Wartezeit auf diese Show verkürzen.

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