Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Hirschmugl, die Natur-DOMÆNE AM SEGGAUBERG

Die Natter auf dem Götterberg

Werner Kendlbacher kann sich noch genau an den Tag erinnern, als alles begann. Am 28. April 2004, einem heißen Tag, war er mit seinem Chef Anton Hirschmugl, Besitzer eines Autohauses in Gralla, beisammen gesessen. Das Gespräch hatte sich um den geplanten Ankauf eines Baugrundes gedreht. Hirschmugl hatte vor, von seiner Bleibe nahe der Autobahn in eine „gesündere“ Gegend umzusiedeln. Es war ihnen zu Ohren gekommen, dass auf dem Seggauberg eine Bio-Apfelplantage zum Verkauf stand. Die Begeisterung hielt sich anfangs zwar in Grenzen. Einige Tage später erreichte Kendlbacher aber auf einer Urlaubsreise knapp vor dem Nordkap die SMS: „Wir sind Bauern“.

Die herabgekommene Obstanlage wurde gerodet. Dennoch inspirierte sie den Geschäftsmann, den weitläufigen Grund landwirtschaftlich zu nutzen. Da die Nachbarn Weinbau betrieben, erzählt Anton Hirschmugl, lag es für ihn auf der Hand, ebenfalls Weinstöcke auszusetzen. Eines wollte er aber um jeden Preis vermeiden: Gift spritzen! „Ich hätte dann gleich bei der Autobahn bleiben können“, lacht er. Kendlbacher, der neben ihm auf dem Seggauberg ein Haus bewohnen wird, stimmt ihm zu. Beide sind zutiefst überzeugt, dass Bauer sein nur mit großem Respekt vor der Natur funktionieren kann, zumal an einem Ort, der bei den Römern Götterberg genannt wurde.

 

Recherchen im Biobereich brachten Hirschmugl in Kontakt zu Züchtern von pilzwiderstandsfähigen Reben, kurz PIWI. Die Flächen rund um das im Bau befindliche Weingut wurden mit den Sorten Cabertin, Cabernet Blanc und Muscaris bepflanzt. Für die Leitung des Kellers wurde der junge Weinbaumeister Alexander Scherübl engagiert, der sich nach kurzer Diskussion mit Überzeugung in die Bio-Materie vertiefte. Mittlerweile ist er gefragter Experte in diesen Dingen. Wer sonst als Alex hätte schon eine Ahnung vom Umgang mit Weintrauben, die bislang in Österreich kaum zu finden waren und vor allem mit Weinen, die von der Weinwelt bis dato mehr oder weniger ignoriert werden.

Bei Blindverkostungen konnten, so der Kellermeister stolz, seine PIWI ausgezeichnet abschneiden. Sogar Spitzenköche ließen sich durch den Duft nach Jalapeños im Cabertin zu kulinarischen Schöpfungen anregen. Mittlerweile haben sich auch Preise bei Biowein-Bewertungen eingestellt, wenngleich, so Alex, diese Weine noch keine Selbstläufer sind.

Ing. Anton Hirschmugl

Imkermeister Werner Kendlbacher

Weinbaumeister Alexander Scherübl

Diese Art der Bepflanzung kann Werner Kendlbacher nur begrüßen. Aus dem Disponenten im Autohaus ist ein Bio-Imker geworden. Im Grunde war es eine Rückkehr zu den Wurzeln, erklärt er seine Leidenschaft für Bienen und Honig. Durch sein Studium hatte er die Imkerei aufgegeben gehabt und nützt begeistert die Gelegenheit, mittlerweile 60 Völker zu betreuen. Voraussetzung für Bio ist in erster Linie rückstandsfreies Wachs. Dazu werden die Bienen im Winter mit Bio-Zucker gefüttert, den Königinnen werden nicht die Flügel gestutzt und nur einmal im Jahr wird geschleudert. Vor allem aber fliegen seine Bienen in unbelasteter Natur wie in einem Streuobstgarten, der 2006 mit alten Obstsorten auf dem Seggauberg angelegt wurde.

Leichter lassen sich Weißburgunder, Sauvignon Blanc, Morillon und eine Cuvée aus Zweigelt und St. Laurent vermarkten. Diese Trauben gedeihen in einem zugepachteten Weingarten mit 40 Jahre alten und älteren Stöcken. Angeboten werden alle Hirschmugl-Weine in Flaschen mit ungewöhnlich breiten Schultern – die Entscheidung zu dieser französischen Form haben Astrid und Anton Hirschmugl interessanterweise unabhängig voneinander gemeinsam getroffen – in den Linien Steirisches Trinkvergnügen, Nobilis und Aurum. Ausdruck der Philosophie ist auf dem Etikett die Natter, die sich durch die ungestörte Natur in der Domäne Seggauberg schlängelt.

 

Auf den Einsatz bestimmter Spritzmittel kann auch bei PIWI-Reben nicht verzichtet werden. „Sie sind nicht resistent, sondern tolerant“, erklärt Alex: „Die Toleranz ist aber um ein Vielfaches höher, wobei Muscaris die höchste Resistenz aufweist.“ Der Einsatz von Braunalgenextrakt, Schachtelhalm und ähnlichen, im Bioweinbau gestatteten Mitteln reicht aus, um die Stöcke vor Peronospora oder Oidium wirksam zu schützen. Dazu kommen ganze Reihen von Rosen, Damaszenerrosen, so Alex, zwischen den Rebflächen, die ihrerseits wieder als natürlicher Schutz vor gegenseitiger Infektion wirken, und überdies eine schonende Bodenarbeit mit einem Grünstreifen voller Wiesenblumen.

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