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BLACKBIRD Das Leben voll Mist wie der Pausenraum

Veronica Buchecker, Peter Masch © Il Vero Teatro

Veronica Buchecker, Peter Masch © Il Vero Teatro

Wer hat wen verführt? Das Kind den Mann oder er das Kind? Oder ist es doch ganz anders?

Sie war zwölf, als sie mit dem weit älteren Ray Geschlechtsverkehr hatte, übrigens mit beiderseitigem Einverständnis, soweit man bei einem Kind von einem solchen überhaupt sprechen darf. Ein Missverständnis hat in selbiger Nacht dazu geführt, dass dieses verbotene Verhältnis aufflog. Ray, so sein Name, wurde daraufhin wegen Missbrauchs einer Minderjährigen verurteilt. Das Mädchen, Una, musste selbst das Geschehene verarbeiten und mit einer dadurch offensichtlich gestörten Sexualität erwachsen werden. Jahre später entdeckt sie Ray auf einem Foto, der sich inzwischen eine neue Existenz unter anderem Namen aufgebaut hat. Sie besucht ihn und konfrontiert den geschockten Mann mit seinem damaligen Verhalten. Er wirft daraufhin ihr vor, ihn verführt zu haben. Es kommt zu gegenseitiger Schuldzuweisung, aber auch zur Erörterung, ob es sich nicht doch um eine ungewöhnliche Form von Liebe handelt. In der leidenschaftlich geführten Diskussion wird jedoch mehr und mehr das Problem von Päderasten und deren Opfern sichtbar, zumindest andeutungsweise, denn für Normalos wird auch nach der wortreichen Auseinandersetzung nicht begreiflich, was einen Erwachsenen an einem Kind sexuell erregen sollte.

Unter dem Titel BLACKBIRD hat der schottische Dramatiker David Harrower das Problem in einem Theaterstück aufzuarbeiten versucht. Trotz des dichten Dialoges bleibt vieles ungesagt. Einiges an Aufschluss ergibt möglicherweise die pointierte Wendung, die das Zweipersonenstück ganz am Schluss nimmt und ein völlig neues Licht auf manche bereits vorgefasste Gedanken wirft. Im Theater Center Forum III gab es am 10. Mai 2022 mit Veronica Buchecker (Una) und Peter Masch (Ray, bzw. Michael) in der Regie von Dita Hagenhofer eine Wiederaufnahme dieses mittlerweile vielfach ausgezeichneten Klassikers. Der Pausenraum, in dem sich die beiden treffen, ist symbolträchtig vermüllt, mit Essensboxen, Getränkedosen und leeren Wasserflaschen, wohl als Hinweis auf die Unordnung, die solche Ausbrüche in das Dasein aller Beteiligten bringen. Zu erleben ist diese eindrucksvolle Produktion von Il Vero Teatro noch am 17. und 31. Mai jeweils um 20 Uhr.

Veronica Buchecker, Peter Masch © Il Vero Teatro

Veronica Buchecker, Peter Masch © Il Vero Teatro

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