Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


 

Künstlerhaus Wien, Originalschauplatz eines Musicals

Klimt, damit ihn alle verstehen

„Die Kunst in Wien ist wie ein erschlaffendes Glied“, ätzt Kolo Moser (Harald Tauber) mit schneidender Stimme. Gerichtet ist der Vorwurf an Gustav Klimt (André Bauer), einem zu dieser Zeit bereits arriviertem Maler. Tatsächlich hatte Klimt mit seinem Bruder Ernst (Georg Prohazka) und Franz Matsch (Lucius Wolter) in jungen Jahren bereits beachtliche öffentliche Aufträge erhalten. Wäre da nicht der Genius, Schönmaler Gustav Klimt hätte sich in dieser Rolle recht wohl gefühlt und brav Geld verdient. So aber wird er von einer fulminant tanzenden und singenden Linda Geider (Genius) zu dem Klimt getrieben, den wir als den Erneuerer der Malerei im Wien um 1900 kennen.

Szenenfotos © NEWPLAY ENTERTAINMENT

Auf diesem Spannungsfeld hat das Team um Niki Neuspiel (Sissi Gruber, Birgit Nawrata) den Plot von Gustav Klimt, das Musical, aufgebaut. Die Schwestern Flöge (Sabine Neibersch als Emilie und Regina Mallinger als Helene) ergänzen mit ihren tollen Stimmen den historischen Anspruch der Handlung, bleiben aber trotz ihrer umfangreichen und beeindruckend gespielten/gesungenen Rollen nur Begleiter der künstlerischen Entwicklung eines Genies. Klimt ist ein Womanizer, zeugt mit einer reizenden Mizzi (rührend Anna Carina Buchegger) zwei Kinder und scheut auch sonst vor keiner ihm dienlichen sexuellen Auseinandersetzung zurück.

 

Sollte irgendwer, was unwahrscheinlich ist, Klimt bis dato nicht gekannt haben, nach diesem Musical weiß er Bescheid, wenn die Rede auf den künstlerischen Jahresregenten (150. Geburtstag) kommt. Die Handlung ist wie bei einem Galadiner in feine, kleine, sehr bekömmliche Portionen aufgeteilt, jeder Bissen versüßt mit Herz und Schmerz und pikant gewürzt mit einem guten Schuss Erotik. Die Musik (Gerald Gratzer und Ensemble) geht ins Ohr, die Tanzszenen sind solid einstudiert (Cedric Lee Bradley) und Eduard Neversal (Bühnenbild) lässt mit Projektionen die Malerei Klimts erleb- und begreifbar werden.

Den Rest zu dieser zweifellos erfolgreichen Produktion liefert der Schauplatz, das Künstlerhaus Wien. Gustav Klimt war, bevor er zu einem der Mitbegründer der Secession wurde, Mitglied des Künstlerhauses und hatte in diesem illustren Verein einiges mitzureden. Einer der Säle ist nun Schauplatz des Musicals. Der Funke springt über, die Zeit Klimts wird lebendig verspürt.

 

Der Zuschauer wird direkt am Ort des Geschehens unmittelbarer Zeuge der Auseinandersetzungen, die sich damals um die Kunst abgespielt haben. Wenn sich auch die Zeiten geändert haben und das Künstlerhaus aus dem Fokus geraten ist, ist der Genius lebendig geblieben und macht dieses Musical zur einmaligen Gelegenheit, in diese ungemein spannende Ära einzutauchen – man sollte diese Chance (bis 7. Oktober) unbedingt nützen!

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