Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Alexandra-Maria Timmel, Tristan Witzel, Lukas Haas, Wolfgang Böck, Clara Wolfram, Nils Hausotte

Alexandra-Maria Timmel, Tristan Witzel, Lukas Haas, Wolfgang Böck, Clara Wolfram, Nils Hausotte © VOGUS

GESCHICHTEN AUS DEM WIENER WALD Ein beklemmender Abend mit Lichtblicken

 Alexandra-Maria Timmel, Wolfgang Böck © VOGUS

Alexandra-Maria Timmel, Wolfgang Böck © VOGUS

Verlogenheit, soziale Zwänge und zerplatzte Illusionen prägen Ödön von Horváths Gesellschaftsdrama

 

Von unserer Gastautorin Jacqueline Pauer

Ödön von Horváths Gesellschaftsdrama „Geschichten aus dem Wiener Wald“ ist ein Stück über Verlogenheit, soziale Zwänge und zerplatzte Illusionen am Vorabend der Nationalsozialistischen Herrschaft in Österreich. Die Schlossspiele Kobersdorf wagen sich heuer an diesen düsteren Stoff — und liefern eine insgesamt eindringliche, wenn auch etwas lang geratene Inszenierung, die zwischen Tragik und morbidem Wiener Humor wechselt.

 Johanna Mertinz, Alexandra Hilverth © VOGUS

Johanna Mertinz, Alexandra Hilverth © VOGUS

Alexandra Hilverth, Nils Hausotte, Reinhold G. Moritz © VOGUS

Alexandra Hilverth, Nils Hausotte, Reinhold G. Moritz © VOGUS

Vor allem Clara Wolfram als Marianne überzeugt in der Hauptrolle. Mit viel Feingefühl und eindrucksvoller Präsenz lotet sie die Zerrissenheit einer jungen Frau aus, die aus ihrem vorgezeichneten Leben auszubrechen versucht und doch an den Konventionen ihrer Zeit zerbricht. Verliebt ist sie in Alfred (Nils Hausotte), einen windigen Tunichtgut, der seine Versprechen nie einlöst und sich dabei selbst am meisten bemitleidet. Dämonisch bedrohlich raunt Lukas Haas der seinem Fleischhauer Oskar davon gelaufenen Verlobten zu: „Du wirst meiner Liebe nicht entgehen!“ und behält traurigerweise damit recht. Wolfgang Böck zeigt als Zauberkönig erneut, warum ihm grantige, schnapsliebende Wiener Figuren so liegen: Er gibt dem Stück mit bissigem Witz und kernigem Charme willkommene komödiantische Farbtupfer.

 Christoph-Lukas Hagenauer, Jo Bertl © VOGUS

Christoph-Lukas Hagenauer, Jo Bertl © VOGUS

 Wolfgang Böck, Tristan Witzel © VOGUS

Wolfgang Böck, Tristan Witzel © VOGUS

Das Bühnenbild von Erich Uiberlacker verzichtet auf Pomp und setzt auf Schlichtheit. Ein metallisches Gestänge steht symbolisch für den Wald, durch projizierte Einzelbilder wechseln die Schauplätze zwischen Wiener Gassen, Wachau und Kaffeehaus. Diese reduzierte Ausstattung verstärkt die Atmosphäre der Trostlosigkeit, die über der Handlung liegt.

Regisseur Michael Gampe bleibt dem bitteren Grundton des Stücks treu, scheut sich aber nicht, mit schrägen Momenten für Auflockerung zu sorgen. Wenn etwa der übermotivierte Erich (Tristan Witzel), Karikatur eines jungen Nationalsozialisten, betrunken gegen eine Wand marschiert, entsteht kurzzeitig beinahe Slapstick. Diese humorvollen Szenen wirken allerdings nie aufgesetzt, sondern fügen sich stimmig in das Groteske der Horváth’schen Welt. Trotz vieler starker Momente verliert die Inszenierung gegen Ende etwas an Tempo. Mit einer Spieldauer von rund drei Stunden inklusive Pause ist der Abend gerade bei kühlen Temperaturen eine sich dennoch lohnende Herausforderung für das Publikum. Die Schlossspiele liefern mit „Geschichten aus dem Wiener Wald“ eine sehenswerte und streckenweise beklemmende Interpretation des Klassikers. Vor allem die überzeugenden Darsteller und die atmosphärisch dichte Inszenierung machen den Theaterabend zu einem tiefen Erlebnis, als ein mutiger Spielplanpunkt, der bestimmt in bester Erinnerung bleibt.

 Wolfgang Böck, Clara Wolfram © VOGUS

Wolfgang Böck, Clara Wolfram © VOGUS

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