Kultur und Weindas beschauliche MagazinAlpine Seilschaften. Bergsport um 1900, Ausstellungsansicht ALPINE SEILSCHAFTEN Kunstvolle Erinnerung an den Bergsport
Sie konnten beim besten Willen nicht ahnen, dass sich ihre Leidenschaft 100 Jahre später zu einem üblen Massenphänomen auswachsen würde. Für die beiden Maler Gustav Jahn (1879-1919) und Otto Barth (1876-1916) waren die Berge ein Ort der Inspiration, für die ihnen keine Mühe zu groß war. Als Bergsteiger waren sie Pioniere, die im Gepäck Staffelei und Farben verstaut hatten, wenn sie Felswände hochkletterten, um den besten Blick auf das schönste Motiv zu erhalten. Die gleiche Leidenschaft teilte mit ihnen Mizzi Langer-Kauba (1872-1955). Sie war selbst aktive Sportlerin, betrieb in Wien ein Geschäft zur Ausstattung der Bergsportler und wurde nicht zuletzt durch eine nach ihr benannte Kletterwand im Wienerwald legendär. Mit der schweren Landkamera samt Stativ war der Werbeprofi Fritz Benesch (1868-1949) unterwegs, um den Zeitgenossen im Tal Szenarien zu zeigen, die sie noch nie selbst zu Gesicht bekommen hatten. Der fünfte im Bunde war Camillo Kronich (1876-1958), ebenfalls Fotograf, in erster Linie aber rühriger Geschäftsmann, der den Tourismus ankurbelte, nicht zuletzt, um das von ihm betriebene Ottohaus und etliche andere Etablissements auf und an der Rax zu Anziehungspunkten für Scharen von Ausflüglern zu machen.
Ihre künstlerische Hinterlassenschaft lässt sich durchaus sehen, was bis 8. Oktober 2023 die Besucher der Landesgalerie Niederösterreich gerne bestätigen werden. Kunsthistoriker Wolfgang Krug hat dem genannten Quintett die Ausstellung „Alpine Seilschaften. Bergsport um 1900“ gestaltet, um darin nicht nur sein umfangreiches Wissen einzubringen, sondern auch die eigene Begeisterung an den Gemälden, Photographien, Tourenbüchern und Plakaten spürbar auf uns Heutige zu übertragen. Vom Hausberg der Wiener, der Rax, die mit der Bahn bequem zu erreichen war, begann eine Eroberung der Alpen über etliche Gebirgshöhen bis zum Montblanc. Im Zentrum steht das „Morgengebet am Großglockner“ von Otto Barth (1911). Es zeigt drei Bergführer vor dem mit Eisfahnen geschmückten Gipfelkreuz. Der Künstler, ein Mitglied des Hagenbundes, muss diese Szene selbst erlebt haben, denn dieses Bild spricht unmittelbar zum Betrachter. Verständlicherweise wurde damit ein Run auf das Gebirge ausgelöst, der mittlerweile dank technischer Erleichterungen zur Platznot auf so manchem Gipfel führt, andererseits aber wieder Menschen dazu animiert, der Faszination des Wanderns und Kletterns über Steige und Almen zu erliegen. Ausstellungsansicht "Rendezvous mit der Sammlung. Kunst von 1960 bis heute" © Kunstmeile Krems, Foto: Walter Skokanitsch Rendezvous mit der Sammlung: 100 Jahre NÖ und Kunst seit 1960
In drei Stockwerken der Landesgalerie Niederösterreich wird das 100jährige Bestehen eines Bundeslandes opulent gefeiert. Besonders stolz ist man dabei auf die spektakuläre Gestaltung der gigantischen Ausstellung, wie sie nur das eigenwillige Gebäude am Donaustrand in dieser Form ermöglicht. Die neue Direktorin Gerda Ridler und die Leiterin der Sammlung „Kunst nach 1960“, Alexandra Schantl, haben dafür, so die beiden Kuratorinnen, „die dem Ort immanente Dynamik auf das Raumgefühl übertragen“. Entstanden ist damit ein „zurückhaltendes Setting, das sowohl einer großzügigen Präsentation von Kunst als auch der Architektur des Museums gerecht wird“, um damit an das auch schon bisher erfolgreich beherzigte Anliegen ihrer Vorgänger anzuschließen, „die Kunstsammlung bestmöglich einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.“ Mit „RENDEZVOUS MIT DER SAMMLUNG. Kunst von 1960 bis heute“ (bis 5. Februar 2023) wird, wie der Titel schon sagt, der Schwerpunkt auf die jüngere Vergangenheit und die Gegenwart gelegt.
Unter den Exponaten gibt es großformatige Gemälde, Skulpturen, Videos und textile Kunst. Ausgewählt wurden dazu die Arbeiten nicht nur von prominenten Kunstschaffenden wie Bruno Gironcoli, Brigitte Kowanz und Hermann Nitsch, sondern bewusst auch solche, die es erst zu entdecken gilt, zum Beispiel das geniale Chaos von Padhi Frieberger oder den karikaturhaft geführten Pinsel von Gerlind Zeilner.
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