Kultur und Weindas beschauliche MagazinGötter-Solisten, Tanzensemble, Chor des Lehár Festivals © Foto Hofer (www.fotohofer.at) ORPHEUS IN DER UNTERWELT Die Verwirrung alter und neuer Götter
Die Öffentliche Meinung ist eine Influencerin, die eine gewaltige Schar von Followern die Geschichte auf Instagram mitverfolgen lässt. Eva Schöler, an sich ein Mezzosopran, lässt gleich zu Beginn den Intendanten wissen, was sie von den paar Leuten im Publikum hält. Der hat jedoch die entsprechende Antwort darauf, immerhin hat Thomas Enzinger selbst Regie geführt und sich diesen Gag erdacht. Das Haus ist ausverkauft und die Leute erwarten sich eine auf der Bühne live gespielte Operette und nicht einen aufgeregt kommentierten Abklatsch am Handydisplay. Man begegnet noch den antiken Olympiern, die allerdings spüren, dass sie in der neuen Zeit ihre Macht gegen neue Gottheiten wie Smartphone & Co. verloren haben. Das Ehepaar Orpheus und Eurydike hat sich auseinandergelebt. Er hat sich in eine Muse verliebt, sie in den Hirten Aristäus, ohne zu ahnen, dass es sich dabei um Pluto, den Herrn der Unterwelt handelt, der die Schöne umgehend in sein Reich entführt. Das wiederum kann der Weiberheld Jupiter nicht auf sich sitzen lassen. Es entspinnt sich ein Gerangel um Eurydike, das Jacques Offenbach in erfrischender Respektlosigkeit vor Himmel und Hölle in einem „Galop infernal“, dem berühmten Cancan, einer einst höchst unmoralischen Darbietung mit hoch geschwungenen Röcken seitens des attraktiven Tanzensembles, kulminieren lässt.
Robert Bartneck trägt statt der Leier eine Geige mit sich herum, kann aber trotz einer gefühlvollen Melodie seine Eurydike, frech und lustvoll verkörpert von Jeannette Wernecke, nicht besänftigen. Sie will noch was erleben. Aber nachdem sie der teuflische Pluto (Peter Bording) in den Hades verbracht hat, ist ihr auch dort fad. Der Herr der Hölle ist meistens abwesend; was sich aber schlagartig ändert, als die Angelegenheit im Götterhimmel zur Chefsache wird. Trotz verständlicher Eifersucht von Juno (Eva Schneidereit als ungemein komische Göttergattin) will Jupiter (Martin Achrainer) bei der schönen Irdischen landen; weil es nicht anders geht, verwandelt er sich in eine sinnlich summende Fliege, die von Eurydike begeistert als Liebhaber angenommen wird.
Eine Nacht in Venedig, Ensemble © Foto Hofer (www.fotohofer.at) EINE NACHT IN VENEDIG Der listig getäuschte „Karnevals-Prinz“
Die schöne Barbara Delaqua wird von Herzog Guido von Urbino bereits ungeduldig erwartet. Er hat sie zwar noch nie gesehen, aber allerhand Vielversprechendes von ihr gehört. Allein, ihr Gatte, Senator Bartolomeo, hat den Braten gerochen und versucht seine Frau vom Herzog fern zu halten. Sie soll für diese Nacht in ein Kloster auf der Insel Murano verbracht werden. Es beginnt sich ein Karussell von Listen zu drehen, angefangen vom Kleidertausch Barbaras mit dem Fischermädchen Annina, bis zur Ersatzgemahlin von Delaqua, der deren Zofe Ciboletta dem Herzog auf dessen Ball präsentieren will. Am Ende steht der Gastgeber vor drei Barbaras und findet sich am Ende nolens volens mit der Rolle des getäuschten Karnevals-Prinzen ab. Aber er hat sich in Annina verliebt und ernennt deren Bräutigam Caramello zu seinem Verwalter – freilich nicht ohne erotische Hintergedanken...
Camillo Walzel & Richard Genée haben dazu das Libretto geschrieben und Johann Strauss die von ihm erwartete Musik, die sich nicht um die Zeit der Handlung im 18. Jahrhundert kümmert, sondern Wiener Walzerseligkeit nach Venedig versetzt. Als Verbeugung vor dem Komponisten, dessen 200. Geburtstag heuer gefeiert wird, hat das Lehár Festival Bad Ischl diese Operette auf den Spielplan gesetzt. Regisseur Wolfgang Dosch hat eine neue Fassung geschrieben und in ein wahres Fest venezianischer Lebensfreude umgesetzt. Durchgehend kommentiert ein Tanzensemble das ausgelassene Treiben und schafft damit die entsprechende Stimmung des berühmten Karnevals, der damals noch eine interne Angelegenheit der Masken in der Lagunenstadt war, egal welchen Standes die Menschen dahinter auch waren.
Ena Topčibašić (Babara), Tina Jaeger (Annina) und Marie-Luise Engel-Schottleitner (Ciboletta) sind die drei Frauen, deren Männer allen Grund zur Eifersucht hätten. Senator Bartolomeo Delaquas (Erich Langwieser) Abschiebeversuch geht bekanntlich schief, da anstelle seiner Frau deren Freundin Annina vom Leibbarbier des Herzogs, dem getreuen Caramello (Yichi Xu), nach einer für einen Buffo-Gondoliere beachtlichen Herausforderung „Komm in die Gondel, mein Liebchen, so steige nur ein“ statt ins Kloster direkt zu Ball und Herzog verbracht wird.
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