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Amazing, drei Werke von Fernando Botero, Foto: Lisa Rastl

Amazing, drei Werke von Fernando Botero © Leopold Museum, Foto: Lisa Rastl

AMAZING Ist Kunst käuflich? Warum nicht?!

Reinhold Würth bei der Portraitsitzung im Atelier von Alfred Hrdlicka, Foto: Roland Bauer

Reinhold Würth bei der Portraitsitzung im Atelier von Alfred Hrdlicka, Foto: Roland Bauer

Die Sammlung Würth ist mit Werken der letzten 100 Jahre im Leopold Museum zu Gast

Sie zählt zu den größten Privatsammlungen Europas und zu den bedeutendsten Kunstsammlungen der Welt. Benannt ist sie nach ihrem Gründer, dem Industriellen Reinhold Würth. Heute ist Prof. Dr. h. c. mult. Reinhold Würth Ehrenvorsitzender des Beirates und nach wie vor Vorsitzender des Stiftungsaufsichtsrates der Würth-Gruppe. Begonnen hat der Aufstieg mit einer Schraubenhandlung, die Reinhold mit seiner Mutter Alma Würth 1954 als Zwei-Personenunternehmen im deutschen Künzelsau nach dem Ableben seines Vaters übernommen hat. Geworden sind daraus ein Konzern mit mehr als 85.000 Mitarbeitern und eines der größten nicht-börsennotierten Unternehmen Deutschlands. Irgendwann in diesem sagenhaften wirtschaftlichen Aufstieg begann die Kunst eine ideelle Rolle zu spielen. Reinhold Würth wurde Sammler. Fachkenntnis und persönlicher Geschmack waren zur Genüge vorhanden, um auch auf dieser vom Trachten nach Gewinn und Expansion abgesetzten Schiene im Laufe der Jahre Superlative zu schaffen. Über 19.000 Exponate, die in fixen Ausstellungsorten und einer großzügigen Reisetätigkeit der Werke der Öffentlichkeit zugänglich sind, beweisen die Begeisterung eines Mannes an diesem Phänomen, das unter dem Begriff Kunst die Menschheit in höhere Sphären zu führen imstande ist. Damit hat sich auch von selbst die Frage beantwortet, wie weit Kunst käuflich sein darf. Ohne Mäzene oder Auftraggeber wie Adel und Kirche hätte sie in ihrer Geschichte nicht existieren können. Heutzutage ist es mehr denn je eine Verbeugung des finanzkräftigen Käufers vor dem Genie, wenn er die vom Markt bestimmten Preise riskiert und sich dessen Arbeit erwirbt.

PABLO PICASSO Le corsage orange © Succession Picasso/Bildrecht, Wien 2023
RUDOLF HAUSNER 1914–1995 Trauriger Europäer, Foto: Philipp Schönborn, München, © Anne Hausner

o.: RUDOLF HAUSNER 1914–1995 Trauriger Europäer, Foto: Philipp Schönborn, München, © Anne Hausner

l.: PABLO PICASSO Le corsage orange © Succession Picasso/Bildrecht, Wien 2023

Direktor Hans-Peter Wipplinger ist rundum glücklich. Er durfte für das von ihm geleitete Leopold Museum aus diesem gewaltigen Bestand mit einer Carte Blanche rund 200 Werke auswählen. Unter dem Titel „AMAZING. The Würth Collection“ (bis 10. September 2023) ist eine Selektion aus rund 75 Kunstschaffenden mit den Schwerpunkten Deutschland und Österreich auf erstmals zwei Etagen zu bewundern. Sammler trifft auf Sammler, wie Wipplinger festgestellt hat: „Als Referenz an den passionierten Sammler Prof. Rudolf Leopold richtet das Leopold Museum kontinuierlich den Fokus auf weitere bedeutende Privatsammlungen von internationalem Rang und stellt signifikante Ausschnitte aus deren Kollektionen vor.“ Wipplingers Interesse galt den letzten 100 Jahren. Der Ausstellungsauftakt ist Max Liebermann, Mitbegründer der Berliner Secession, gewidmet. Von seinen Momentaufnahmen wie Baden am Strand oder Flanieren im Park geht es weiter zum flirrenden Impressionismus mit Claude Monet, Alfred Sisley oder Camille Pissarro.

Wie eine kalte Dusche folgen Werke von Edvard Munch, Emil Nolde und Lyonel Feininger, um nur ein paar der gezeigten Vertreter des Expressionismus zu nennen. Pablo Picasso lässt bewundernd innehalten, wenn Gemälde und Zeichnungen seine verschiedenen Schaffensphasen dokumentieren. Ähnliche Highlights bietet René Magritte mit dem fantastisch surrealen „Zeitalter der Wunder“ oder dem zwischen Tag und Nacht angesiedelten „verzauberten Landgut“. Die zeitgenössische Kunst ist mit Verpackungen von Christo, den irritierenden Gestalten eines Fernando Botero und vor allem mit prominenten österreichischen Positionen vertreten. „Tischgesellschaft“ verrät auf den ersten Blick Maria Lassnig, der extrem reduzierte „Torso I“ einen Fritz Wotruba und „Orpheus I“ in seiner gefangenen Leidenschaft die kraftstrotzende Pranke von Alfred Hrdlicka. Nicht fehlen dürfen in dieser Gesellschaft Markus Lüpertz, Anselm Kiefer und Georg Baselitz, der mit der roh aus Holz gehackten Skulptur „Volk Ding Zero“ die Aufmerksamkeit zu seinen in erwarteter Weise kopfüber hängenden Gemälden lenkt.

MAX BECKMANN 1884–1950 Quappi in Blau im Boot, 1926/50, Sammlung Würth Foto: Volker Naumann

MAX BECKMANN 1884–1950 Quappi in Blau im Boot, 1926/50, Sammlung Würth Foto: Volker Naumann, Schönaich

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