Kultur und Wein

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MAK Ausstellungsansicht, 2023 GERTIE FRÖHLICH. Schattenpionierin © Stefan Lux/MAK

MAK Ausstellungsansicht, 2023 GERTIE FRÖHLICH. Schattenpionierin © Stefan Lux/MAK

SCHATTENPIONIERIN Gertie Fröhlich und ihr Zyphius

Der Zyphius, das Logo des Filmmuseums

Der Zyphius, das Logo des Filmmuseums

Film ab für eine Künstlerin mit vielen Talenten!

Das ist doch das Logo des Filmmuseums, das seit den 1960er-Jahren für diese grandiose Idee, dem Kino eine Erinnerungsstätte zu geben, als Zyphius mit grimmigem Blick seine Stellung hält. Entdeckt wurde das Fabeltier, das sich sowohl zu Wasser als auch zu Land bewegen kann und daher nie untergehen wird, von Gertie Fröhlich (1930 – 2020). Erstaunlich, dass der Name dieser Künstlerin den wenigsten geläufig ist, trotz ihrer vielfältigen Tätigkeit im österreichischen Kunstbetrieb. So war sie quasi die Mutter der Avantgarden, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg wie eine friedliche Explosion der Kreativität in Szene setzten. Selbst hatte sie gegen den Willen ihres Vaters Kunst studiert und dabei die Kontakte zu späteren Größen wie Wolfgang Hollegha, Markus Prachensky, Arnulf Rainer und Peter Kubelka geknüpft. Man traf sich in ihrer Wohnung, einer freien Bleibe für Unangepasste wie sie selbst eine war, und schuf damit eine Konzentration lebendiger Kunst. Laut ihrer Tochter Marieli Fröhlich war sie es, die den legendären Prälaten Otto Mauer zur Gründung der Galerie nächst St. Stephan anregte – und ihm im Gedächtnis der Öffentlichkeit den Vortritt ließ.

Gertie Fröhlich, Ariadne fesselt den Minotaurus, 1996 © Estate Gertie Fröhlich
Detail eines Wandreppichs (Lililien auf dem Felde), 1978

o.: Detail eines Wandreppichs (Lililien auf dem Felde), 1978

l: Gertie Fröhlich, Ariadne fesselt den Minotaurus, 1996 © Estate Gertie Fröhlich

Es war also höchst an der Zeit, ihr eine Personale zu widmen. Im Kunstblättersaal des MAK wird unter dem Titel „GERTIE FRÖHLICH Schattenpionierin“ (bis 3. März 2024) in fünf Kapiteln Einblick in wesentliche Stationen und Themen ihres Lebens gegeben.

Ihre eigenen Arbeiten stehen nun im Vordergrund. Es sind Wände voll mit Plakatentwürfen für das Filmmuseum, von denen jeder einzelne ein eigenständiges Kunstwerk ist. Dazu kommen Malereien und Wandteppiche, in denen Fröhlich ihre eigene Geschichte erzählt. Die so gezeigten Erinnerungen haben es in sich: Aufgewachsen ist sie in einem streng katholischen, großbürgerlichen Elternhaus in der heutigen Slowakei. Die Flucht 1944 war ein einschneidendes Erlebnis in ihrer frühen Jugend, das zu ihrem rastlosen Lebenswandel und ihrer künstlerischen Auffassung beitrug. Eine umfangreiche Bildung war der Grundstock für den Stil, der sich keineswegs den damals gängigen Richtungen unterwarf. Er ist geprägt von gegenständlicher Mythologie, Volkskunst und allegorischer Bildsprache und reicht dennoch über Perfomance bis zur Eat-Art. Hinter einem schwarzen Vorhang mit dem bedrohlich wirkenden Zyphius läuft ein Film, den Tochter Marieli ihrer Mutter Gertie gewidmet hat, die erst spät verdiente Anerkennung beispielsweise durch den Professorentitel und den Österreichischen Staatspreis erfahren durfte.

Gertie Fröhlich, Plakat für das Österreichische Filmmuseum

Gertie Fröhlich, Plakat für das Österreichische Filmmuseum © Estate Gertie Fröhlich

WIENER WELTAUSSTELLUNG 1873 REVISITED, Ausstellungsansicht © MAK/Georg Mayer

WIENER WELTAUSSTELLUNG 1873 REVISITED, Ausstellungsansicht © MAK/Georg Mayer

WIENER WELTAUSSTELLUNG mit Fokus auf den Orient anno 1873

Blick in das Arabische Zimmer, Ausstelllungsansicht

Blick in das Arabische Zimmer, Ausstelllungsansicht

Ägypten und Japan als Begriff für das Exotische wurden begeistert gestürmt.

Ausgerechnet ein österreichisch-tschechischer Architekt entwarf das Arabische Zimmer, das eines der Zentren der Präsentation des Khedivats Ägypten (Unterstaat des Osmanischen Reiches) darstellen sollte. Franz (František) Schmoranz jun. (1845-1892) gestaltete im Auftrag von Ismail Pascha (er war seit 1863 Wali, also Statthalter am Nil) die ägyptische Baugruppe der Weltausstellung 1873. Vier Jahre zuvor war der Suezkanal eröffnet worden und hatte das wirtschaftliche Interesse in den europäischen Reichen in eine Weltgegend gelenkt, die ihrerseits mit begehrlichen Augen auf einen bis dahin fremden Lebensstil blickte. Für einen gedeihlichen Austausch von Pyramiden & Co. mit den Segnungen in eleganten Städten wie Paris und anderen Metropolen waren Weltausstellungen wie geschaffen. Mit Fotografien, Keramiken, Textilien, Glas- und Metallobjekten bot der Ägyptische Pavillon zum einen eine fantastische Reise in den Harem von Tausendundeine Nacht, andererseits ernsthafte Kontakte für rührige Kaufleute diesseits und jenseits des Okzidents.

Ägyptische Baugruppe und japanischer Garten, Wiener Photographen-Association, Wien, 1873 © MAK

Ägyptische Baugruppe und japanischer Garten, Wiener Photographen-Association, Wien, 1873 © MAK

Ansicht der Rotunde der Wiener Weltausstellung 1873 © MAK

Ansicht der Rotunde der Wiener Weltausstellung 1873 © MAK

Der deutsche Chemiker Gottfried Wagener (1831-1892) war für das absolute Novum dieser Schau verantwortlich. Ihm oblag die Präsentation Japans, das sich erstmals in seiner langen Geschichte offiziell außerhalb seiner Inseln vorstellte. Wagener war bereits 1868 nach Japan gereist und hatte dort entscheidende Beiträge zur Modernisierung der Kunsthandwerksindustrien in den Bereichen Keramik, Glas, Textil und Cloisonné (Technik der Emailmalerei) geliefert. Für die Weltausstellung suchte er die geeigneten Objekte aus, um dieser einzigartigen Möglichkeit eines Beweises von Nippons Leistungsfähigkeit dem mittlerweile hierzulande erwachten Japonismus gerecht werden zu lassen. Die Nachfrage war also vorhanden und auf diese Weise das Angebot den Markttrends in Europa angepasst.

OYOHARA Kunichika, drei musizierende Kurtisanen, Japan, vor 1872 © MAK/Georg Mayer

OYOHARA Kunichika, drei musizierende Kurtisanen, Japan, vor 1872 © MAK/Georg Mayer

Beide, sowohl Ägypten als auch Japan, galten dieser Tage als Orient, als Ort der Sehnsucht nach Abenteuer und fremdartigem Erlebnis. So stehen sie auch in der vom MAK gestalteten Schau „Wiener Weltausstellung 1873 Revisited“ (bis 22. Oktober 2023) im Zentrum. Gestaltet wurde sie von Mio Wakita-Elis, der Kustodin der MAK Sammlung Asien, wissenschaftlich beraten von Johannes Wieninger. Rund um das Arabische Zimmer und einem mit japanischen Artefakten bestückten Altar sind es zumeist hauseigene Objekte, die Wände und Vitrinen füllen. Saaltexte versuchen Informationen zu vermitteln und den Blick auf Bilder wie die drei musizierenden Kurtisanen von Toyohara Kunichika oder die üppig verzierte Moscheeampel aus 1379 zu lenken und trotz der beengten Raumverhältnisse des MAK Design Lab den Eindruck der Weitläufigkeit einer einstigen Großveranstaltung in und um die dafür erbaute Rotunde zu erschaffen.

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