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„La Clemenza di Tito“ und die schöne Aussicht auf große Stimmen

La Clemenza di Tito Sujetbild

Mozarts Lobpreis an die Großmut eines Kaisers

Es ist ein seltenes Vergnügen, „La Clemenza di Tito“ live auf einer Bühne erleben zu dürfen. Es handelt sich schließlich um eine der Opern von Wolfgang Amadeus Mozart, die von den großen Häusern eigenartigerweise gemieden werden. Mag sein, dass der Umstand dazu beiträgt, dass wir keinen Kaiser mehr haben, dem man mit dieser Geschichte ein gutes Beispiel vorführen müsste. Andere Gründe werden sich schwerlich finden. Die Musik, obgleich ein rasch ausgeführtes Auftragswerk, ist wundervoller Mozart, detto die Melodien, die so richtig die Seele zum Schwingen bringen, und der Inhalt? Ganz einfach Oper mit einer vielfach verwirrten Handlung und etlichen unlogischen Wendungen, wie man sie aus zahllosen Werken dieses Genres gewohnt ist. Es geht um Liebe und Freundschaft, in diesem Fall in der kurzen Regierungszeit des römischen Kaisers Titus, dem – historisch nicht gesichert – Großmut nachgesagt wurde. Er hatte angeblich einen Hochverräter, der es auf sein Leben abgesehen hatte, begnadigt, weil er nach dem gewonnenen Krieg in Judäa einfach nicht mehr Blut vergießen wollte.

La Clemenza di Tito Probenfoto © Daniel Stefanut-Györfi

Die literarische Vorlage zu dieser Oper stammt von Pietro Metastasio und wurde von Caterino Mazzolà für Mozart als Libretto aufbereitet. Sie wurde anlässlich der Krönung von Kaiser Leopold II. zum König von Böhmen aufgeführt. Als Komponist war ursprünglich Antonio Salieri vorgesehen, der jedoch das Angebot aus Termingründen ausschlagen musste. Die Kaiserin nannte in habsburgischer Treffsicherheit die Oper des aus Salzburg stammenden Mozart „una porcheria tedesca“, eine deutsche Sauerei. Mag sein, dass ihr die Figur der Vitellia nicht ganz unter die Nase gegangen ist. Diese Dame beschwört mit ihrem Willen, Kaiserin zu werden, beinahe eine Tragödie herauf. Aber man weiß, dass alles gut ausgeht und der kaiserlichen Großmut sogar von einem Freigeist wie Mozart ein Preislied gesungen wurde.

La Clemenza di Tito Probenfoto © Daniel Stefanut-Györfi

Dass ausgerechnet einem Kaiser, der als solcher nur zwei Jahre gelebt hat, diese Oper gewidmet wurde, die von einem Kaiser erzählt, der ebenfalls nur zwei Jahre geherrscht hat, ist ein Treppenwitz der Geschichte. Aufmerksam wird man auf diesen kuriosen Umstand eigentlich erst durch die pointierten Zwischentexte, mit denen die Aufführung von „La Clemenza di Tito“ auf der Neuen Studiobühne in der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien aufgelockert wurde. Die Moderation, die von Helmut Höllriegl anstelle der Rezitative gesprochen wurde, stammt von Peter Marschik, dem musikalischen Leiter.

Er hat mit einem jungen Ensemble und dem mdw Chamber Orchestra diese Oper bestens einstudiert. Das Besondere an dieser Leistung: Es haben an den drei Abenden jeweils andere Sänger die Hauptpartien übernommen.

 

In diesem Fall kann nur vom 11. Mai 2016 gesprochen werden, an dem der Tenor Saeyong Park als Titus einige Probleme mit der Stimme gekonnt gemeistert hat. Eine überaus erotische Vitellia war Marta Janina Nowicka, deren Sopran vor allem mit einer klaren Tiefe einen beachtlichen Tonumfang erkennen ließ. Sextus hatte mit der Isländerin Agnes Þorsteinsdóttir stimmlich ebenso eine tolle Performance wie Annius in Tina Drole, die schon bei ihrem ersten Einsatz für ein kurzes Anhalten des Atems gesorgt hat.

Servilia sang die zarte Shuang Shi, deren große Stimme in apartem Gegensatz zu ihrer äußeren Erscheinung steht. Publius war Leo Hyhno Kim, mit dessen schlankem, ganz Mozart adäquaten Bass Rom einen grimmigen Ordnungshüter gefunden hat. Regie geführt hat Beverly Blankenship, die den jungen Sängern jede Gelegenheit gegeben hat, ihre ersten Erfahrungen mit Mozart auf einer Bühne als so wichtiges Erfolgserlebnis in einer angehenden Karriere verbuchen zu können.

La Clemenza di Tito Probenfoto © Daniel Stefanut-Györfi

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