Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Wiener Ansichtskarte, Ausstellungsansicht, 2023  Foto: Leonhard Hilzensauer, Wien Museum

Wiener Ansichtskarte, Ausstellungsansicht, 2023 Foto: Leonhard Hilzensauer, Wien Museum

DIE WIENER ANSICHTSKARTE Liebe Grüße per Hand geschrieben

Wien-Collage, um 2010, Hersteller: smile GmbH, Wien, Offsetdruck  © Wien Museum

Wien-Collage, um 2010, Offsetdruck © Wien Museum

Was einst im Urlaub unverzichtbar war, ist mittlerweile ein nostalgisches Museumsobjekt.

„Die Großstadt im Kleinformat“ ist bis 24. September 2023 im Ausweichquartier des Wienmuseums, dem MUSA, zu bewundern. Egal, ob Tourist aus exotischer Ferne oder Besucher aus dem Bundesland nebenan, musste als Beweis seines Aufenthaltes Ansichtskarten an Freunde und Familie schreiben. Heutzutage geht es einfach: Ein Selfie auf WhatsApp, dazu die Bemerkung, dass es hier schön ist, auf den Button „Senden“ tippen und schon weiß die Community, dass man gut in der Stadt angekommen ist. Was in der Folge passiert, wird ebenso dokumentiert, und der urbane Aufenthalt, zu welchem Zweck auch immer, kann von den Lieben und den Followern einfach nicht ignoriert werden. Was waren das noch für Zeiten, als erstens eine Trafik aufgesucht werden musste, um dort aus einer Fülle an bunten Ansichtskarten die jeweils für den Adressaten passende auszusuchen, dann die Marke besorgen, auf einem ruhigen Platzerl, vielleicht im Kaffeehaus, sich eine g´scheite Textzeile einfallen lassen und dieselbe leserlich auf der Rückseite des Bildes notieren, die Adresse aus dem Büchlein heraussuchen, im Falle des Nichtfindens sich angestrengt nach der Hausnummer erinnern, mit dem fertigen Konvolut von lieben Grüßen einen Postkasten finden und hoffen, dass Aufgeben nicht im sportlichen Sinn von das Handtuch werfen zu verstehen ist.

Brand der Rotunde im Prater, Postkartenverlag Donauland, 1937  © Wien Museum

Brand der Rotunde im Prater, Postkartenverlag Donauland, 1937 © Wien Museum

Bim (aus der Serie „Wien 01“), Verlag art postal, Foto: Frank Dehner, 2019  © Frank Dehner

Bim (aus der Serie „Wien 01“), Verlag art postal, Foto: Frank Dehner, 2019 © Frank Dehner

Man vergisst dabei, dass die Postkarte und die daraus hervorgegangene Ansichtskarte seinerzeit ähnlich revolutionär wie heute Instagram & Co. waren. Das globale Bildmedium schlechthin war geboren. Erstaunlicherweise ist man im Wien Museum überzeugt, dass ihre Karriere trotz medialer Konkurrenz noch nicht zu Ende ist; eine für die Post optimistische Annahme? Wer macht sich bei einem ungleich praktischeren Angebot an Social Media schon die Mühe, eine elektronische Postkarte zu verschicken?! Und doch gibt es eine schlüssige Antwort darauf, man muss nur bis zum Ende dran bleiben. Strukturiert ist die Schau in fünf Abschnitte. Es beginnt mit dem „Entwickeln & Globalisieren“. Die Vorderseite bewies, so heißt es hier, ein gesteigertes kollektives Interesse an Bildern. Anfangs waren es bewährte Motive der populären Druckgrafik, private Werbeillustrationen, die nach und nach mit Stadtansichten kombiniert wurden.

Um 1900 gab es bereits eine eigene Bildsprache, mit der die Welt optisch dicht vernetzt wurde. Unter „Herstellen & Konstruieren“ werden der Markt und die sich rasant entwickelnde Fotografie angesprochen. Idyllische, klischeehafte und kolorierte Bilder von Riesenrad und Stephansdom brachten hohe Auflagen, ohne jedoch vor Aufnahmen von Katastrophen wie den Brand der Rotunde zurück zu scheuen und die Sensationslust zu bedienen. „Abbilden & Sinnbilden“ meint den Spiegel der gesellschaftlichen Verhältnisse, nicht zuletzt die Selbst- und Fremdwahrnehmung der Stadt. Dass neben den Bildern auch Informationen ausgetauscht wurden, versteht sich von selbst und wird doch in „Kommunizieren & Sammeln“ angesprochen. Denn es wurde Mode, Ansichtskarten in Alben einzukleben und sich seitenweise an einer bunten heilen Welt zu erfreuen. Das war auch die Zeit, als Museen zu sammeln begannen, um im letzten Punkt „Transformieren“ für das Weiterleben der Ansichtskarte vom Smartphone eine neue Blüte dieses traditionellen Mediums erkannt zu haben.

Riesenrad im Volksprater, Kunstverlag E. Schreier, Wien, vor 1920  © Wien Museum

Riesenrad im Volksprater, Kunstverlag E. Schreier, Wien, vor 1920 © Wien Museum

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