Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


 Die Kunst der Moulage. Ausstellungsansicht © NHM Wien, Chloe Potter

Die Kunst der Moulage. Ausstellungsansicht © NHM Wien, Chloe Potter

DIE KUNST DER MOULAGE Kunsthandwerk im Dienst der Medizin

Die Kunst der Moulage. Ausstellungsansicht © NHM Wien, Chloe Potter

Die Kunst der Moulage. Ausstellungsansicht © NHM Wien, Chloe Potter

Ein klammer Blick auf einstige Hautkrankheiten über das ärztliche Interesse hinaus

Die pathologisch-anatomische Sammlung des NHM beherbergt über 3.000 denkmalgeschützte Exemplare. Dazu zählen auch die sogenannten Moulagen, mit denen Krankheitsbilder, wie es im Untertitel der Ausstellung heißt, „verewigt“ wurden. Es handelt sich dabei um Abformungen auf Wachsbasis, die möglichst naturalistisch bemalt wurden und so einzelne befallene Körperteile visualisierten. Die frühe Kriminalistik machte davon Gebrauch, indem sie verstümmelten oder teils verwesten unbekannten Leichen ein lebensnahes Aussehen verlieh, um ihre Identifizierung zu ermöglichen. Vom 19. bis Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Moulage aber hauptsächlich im medizinischen Unterricht eingesetzt. Im Narrenturm im alten AKH, dem idealen Ort für Präsentationen mit Gänsehautfaktor, wird bis 20. April 2025 „Die Kunst der Moulage“ anhand von beeindruckenden Objekten und Wandtexten auch dem medizinischen Laien nahegebracht – inklusive jeweiliger Diagnosen aus dem erschreckend weiten Feld der Dermatologie.

Der Narrenturm © NHM Wien, Alice Schumacher

Der Narrenturm © NHM Wien, Alice Schumacher

Die Kunst der Moulage. Ausstellungsansicht © NHM Wien, Chloe Potter

Die Kunst der Moulage. Ausstellungsans. © NHM Wien, Chloe Potter

Erste Versuche mit der Moulage gab es in Wien schon um 1856. Anton Elfinger (1821-1864) war Arzt, genauso aber auch ein hochbegabter Zeichner und Maler, der unter dem Pseudonym Cajetan „satyrische Bilder“ in der Wiener Theaterzeitung veröffentlichte. Er verstand es, sein künstlerisches Talent in den Dienst der Medizin, vornehmlich der Dermatologie zu stellen. So wurde der Atlas der Hautkrankheiten von ihm illustriert und fand in Fachkreisen große Beachtung.

Von ihm stammen die ersten Moulagen, die aber aufgrund von Desinteresse seiner Kollegenschaft, wegen hoher Kosten und wohl nicht zuletzt wegen seines frühen Todes nicht weiter produziert wurden. Der Durchbruch der Moulage erfolgte 1889. Vorgestellt wurden sie auf dem ersten internationalen „Congress für Dermatologie und Sypholographie“ in Paris. Mit einem Schlag war die Moulage aus etlichen Sparten der Medizin nicht mehr wegzudenken. In Wien begann 1892 der Arzt Carl Henning (1860-1917) in einem eigenen Institut für Moulagen Abformungen besonderer Krankheitsbilder für den Unterricht herzustellen – offenbar ohne Angst, sich am Patienten anzustecken. Ausgeklügelte Mischungen aus Wachs und Harz wurden dafür verwendet, um die Anschauungsstücke dauerhaft haltbar zu machen. Es gab zwar dafür kein eigenes Handwerk, aber doch Könner, die sich zumeist aus dem bildhauerischen Bereich rekrutierten. In Wien führte nach dem plötzlichen Tod von Carl Henning dessen Sohn Theodor das väterliche Erbe weiter, bis in die 1930er-Jahre, als die Farbfotografie diese Technik schließlich ablöste.

 Rötungen und Entzündungen der Haut Erythema multiforme exsudativum MN.: 17.949 / Moulage, 1908

Rötungen und Entzündungen der Haut Erythema multiforme exsudativum MN.: 17.949 / Moulage, 1908 © NHM Wien, Reiner Riedler

Statistik