Kultur und Weindas beschauliche MagazinDer Narrenturm beherbergt die pathologisch-anatomische Sammlung KUNST DER MOULAGEN Raum für verewigte Krankheitsbilder
Die pathologisch-anatomische Sammlung des NHM beherbergt über 3.000 denkmalgeschützte Exemplare. Dazu zählen auch die sogenannten Moulagen, mit denen Krankheitsbilder, wie es im Untertitel heißt, „verewigt“ wurden. Es handelt sich dabei um Abformungen aus Wachsbasis, die möglichst naturalistisch bemalt wurden und so einzelne Körperteile visualisierten. Die frühe Kriminalistik machte davon Gebrauch, indem sie verstümmelten oder teils verwesten unbekannten Leichen ein lebensnahes Aussehen verlieh, um so ihre Identifizierung zu ermöglichen. Vom 19. bis Anfang des 20. Jahrhunderts wurden sie aber hauptsächlich im medizinischen Unterricht eingesetzt, um Studierenden reale Krankheitsbilder abseits von Patienten zeigen zu können. Im Narrenturm im alten AKH, dem idealen Ort für Präsentationen mit Gänsehautfaktor, wurde nun der „Kunst der Moulagen“ ein eigener Themenraum gewidmet. Aufbauend auf eine Sonderausstellung 2024 können nun mehr dieser beeindruckenden Objekte gezeigt und auch dem medizinischen Laien nahegebracht werden – inklusive jeweiliger Diagnosen aus dem erschreckend weiten Feld der Dermatologie. Nach ersten, eher unbeachteten Versuchen mit der Moulage um 1856 durch Anton Elfinger (1821-1864) war es der Arzt Dr. Carl Henning (1860-1917), der dieser medizinischen Technik zum Durchbruch verhalf. Vorgestellt wurde sie auf dem ersten internationalen „Congress für Dermatologie und Sypholographie“ 1889 in Paris. Mit einem Schlag war die Moulage aus etlichen Sparten der Medizin nicht mehr wegzudenken. 1892 begann Henning in einem eigenen Institut für Moulagen Abformungen besonderer Krankheitsbilder für den Unterricht herzustellen. Auftraggeberin war die Medizinische Fakultät, die 1.000 Stück pro Jahr bei ihm bestellte.
SAFE SEX Warnung vor den Big Five im Narrenturm
Eine Sonderausstellung in der pathologisch-anatomischen Sammlung Narrenturm ist per se unerfreulich zum Anschauen. In den ehedem düsteren Zellen des Erdgeschosses warten je nach Thema Fotos mit erkrankten Körperteilen, bleiche Wachsmodelle (Moulagen) von ehemaligen Patienten und Wandtexte, verfasst von Medizinern und Wissenschaftlern, denen die Vermittlung schockierenden Wissens wichtiger ist als das Befinden eines sich gruselnden Publikums. Wenn es nun um die Geschlechtskrankheiten geht, sollten sich alle betroffen fühlen, unabhängig von Alter, Geschlecht, sexueller Orientierung oder Status in der Gesellschaft. So weist der Titel „Safe Sex“ auf die Möglichkeit hin, sich vor einer Ansteckung zu schützen. Aber er warnt auch vor einem Comeback der Geschlechtskrankheiten, denen aktuelle Untersuchungen einen bedenklichen Anstieg sexuell übertragbarer Infektionen (STIs) bescheinigen.
Als die „Big Five“ dieser Geißeln einer sich liebenden Menschheit firmieren Syphilis, Gonorrhoe, Chlamydien, Hepatitis und HIV. Das gilt zumindest für Europa, wo das ECDC (European Center of Disease Control) über die neusten Zahlen bezüglich STIs verfügt. Schätzungen der WHO zufolge kommt es europaweit täglich zu ca. 1 Million(!) Übertragungen. Allein diese Zahl sollte aufrüttelnd sein, um ernsthaft darüber zu reden und auch im Moment größter Verlockung entsprechend Vorsicht walten zu lassen. Gegliedert ist die Ausstellung (kuratiert von Eduard Winkler & Laura Lick) nach den einzelnen Krankheiten, zu denen auch die Filzlaus oder Scabies (Krätze) zählen.
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