Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Ivan Zinoviev, Lucas Meachem, Monika Bohinec © Jerzy Bin

Ivan Zinoviev (=berpriester des Baal,), Lucas Meachem (Nabucco), Monika Bohinec (Fenena) © Jerzy Bin

NABUCCO spukt mir im Kopf herum (Verdi 1840)

Lucas Meachem, Ensemble © Jerzy Bin

Lucas Meachem (Nabucco), Ensemble © Jerzy Bin

Der „Gefangenenchor“ als Highlight eines pannonischen Volksfests

Es blitzt und donnert gewaltig im Steinbruch. Jehova, der Gott der Hebräer ist nicht zimperlich, wenn sich ein assyrischer Herrscher an seine Stelle setzen will. Er schmettert den Frevler zu Boden und raubt ihm den Verstand. Wo sonst als in der wildromantischen Kulisse von St. Margarethen könnte diese Schlüsselszene der Oper „Nabucco“ eindrucksvoller inszeniert werden?! Der spanische Regisseur Francisco Negrin hat gemeinsam mit dem Amerikaner Thanassis Demiris (Bühne) die teils bedrohlich aufragenden Felswände und die dazwischen angelegten Podeste und weitläufigen Treppen genial genützt, um die Bekehrung eines – auch aus unseren Tagen leidvoll bekannten – grausamen Aggressors zum friedlichen Herrscher als höchst eindrucksvolles Spektakel zu inszenieren. Im Grund wartet das in gewaltigen Scharen erschienene Publikum nur auf eines, auf die ersten Takte, mit denen der Chor „Va, pensiero“ zart angespielt wird. Handys schnellen hoch, nicht ausgeschaltete Blitze und irrtümlich aufgedrehte Taschenlampen irritieren die paar wenigen in den Zuschauerreihen, die wegen der Oper hergekommen sind. Gut, vorne reihen sich stumme Hebräer in stattlicher Zahl auf mehreren Etagen, um den „Gefangenenchor“ aus dem Off vorbildlich in Headsets singen zu lassen (Chorleitung: Walter Zeh). Eine derart kuriose Situation muss einfach mitgefilmt werden. Die Aufregung beginnt sich erst zu legen, wenn Zaccaria seine Landsleute tadelt und im Namen ihres Gottes zum Widerstand auffordert. Bei der Premiere fiel diese Aufgabe dem koreanischen Bassisten Park Jong-Min zu, der mit mächtiger Stimme und klangvoller Tiefe in jeder seiner Arien zum wunderbaren Hörerlebnis wird.

Ekaterina Sannikova (Abigaille) © Jerzy Bin

Ekaterina Sannikova (Abigaille) © Jerzy Bin

Hebräer bei der Taufe von Fenena (Monika Bohinec) © Jerzy Bin

Hebräer bei der Taufe von Fenena (Monika Bohinec) © Jerzy Bin

Es gibt aber auch sonst genug, was per Smartphone fotografiert und gleich an Ort und Stelle den lieben Daheimgebliebenen weitergeschickt wird. Wenn die Assyrer auftreten, dann gibt es allseits goldenen Glanz und mit dicken Edelsteinen bereicherte Pracht (Kostüme: Pepe Corzo). Am aufwändigsten damit angetan ist selbstverständlich Nabucco selbst (Lucas Meachem mit Respekt gebietendem Bariton). Der König schwankt zwischen seinen Töchtern Fenena (Monika Bohinec) und der von einer Sklavin geborenen Abigaille (die in den Höhen sichere Ekaterina Sannikova fällt gleich zu Beginn mit vibrierender Tiefe auf). Ihm gegenüber steht Ismaele (mit feinem Tenor:

Jinxu Xiahou), dem beide Damen durchaus gewogen sind. Sein Herz gehört jedoch Fenena, die zum jüdischen Bekenntnis konvertiert.

 

Die Begleitmusik dazu liefert verlässlich und klangschön das Piedra Festivalorchester unter der Leitung des Italieners Alvise Casellatti. Bei ihm liegt dieser erste große Erfolg von Giuseppe Verdi in besten Händen. Hätte nicht Impressario Bartolomeo Merelli den damals verzweifelten Komponisten zur Vertonung des Librettos von Temistocle Solera angeregt, der Stoff wäre womöglich in einer Schreibtischlade verrottet. Aber schon beim ersten Durchlesen war Verdi fasziniert, vor allem von „Va, pensiero“, das zum Text einer heimlichen Hymne Italiens werden sollte. In seiner autobiographischen Skizze erinnert sich Verdi: „Ich überfliege auch die folgenden Verse und bin tief beeindruckt. Nabucco spukt mir im Kopf herum!“ Geworden ist daraus die große Oper, die sich sogar für ein Volksfest bei Wildschweinwürstel und Burgenländer Wein (vom Weingut Esterházy) ganz großartig eignet.

Lucas Meachem als bekehrter Nabucco © Jerzy Bin

Lucas Meachem als bekehrter Nabucco © Jerzy Bin

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