Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Ensemble, Bühne © MAGMAG

Ensemble, Bühne © MAGMAG

LA TRAVIATA Wenn wahre Liebe zum Problem wird...

Nathalie Peña-Comas (Violetta) © MAGMAG

Nathalie Peña-Comas (Violetta) © MAGMAG

Verdis populäre Oper als unwiderstehliche Einladung, sich mit diesem Genre einzulassen

Opernfreunde haben dieses Werk bestimmt schon x-mal genossen. Man kann sich an den wunderbaren Melodien, mit denen Giuseppe Verdi die Liebe und den tragischen Tod einer Pariser Lebedame beschreibt, schließlich nicht satt hören. Wenn der Meister aber persönlich auftritt, freilich von einem Schauspieler würdig vertreten, und seine Gedanken zur Entstehung und zum Inhalt vor jedem Akt in zu Herzen gehenden Worten offenbart, dann öffnet sich diese Welt auch für alle diejenigen, die bisher klassischem Musiktheater eher skeptisch ferngestanden sind. Der mit dem Oscar gekrönte Darsteller Karl Markovics ist eine wahrhaft authentische Verkörperung des Komponisten, der nach vielen großen historischen Gestalten wie Caesar oder Don Carlos diese Frau als Hauptfigur für eine Oper entdeckt hat. Gefunden hat er sie im Roman „Die Kameliendame“ von Alexandre Dumas und war von ihrem Schicksal höchst angetan. Die gefeierte Kurtisane, eine Art Nobelprostituierte, verliebt sich in einen jungen Mann aus besseren Kreisen und stößt damit hart an die gesellschaftlichen Schranken, hinter denen penibel zwischen erlaubter käuflicher und verbotener wahrer Liebe unterschieden wird. Verdi hat ihr mit „La traviata“ ein Denkmal gesetzt, in tiefer Zuneigung, deren musikalischer Ausdruck seit der Uraufführung 1853 die Menschen zu Tränen rührt.

Cristina Antonetta Pasaroiu, Thomas Weinhappel © MAGMAG

Cristina Antonetta Pasaroiu, Thomas Weinhappel © MAGMAG

Stepan Drobit, David Kerber © MAGMAG

Stepan Drobit, David Kerber © MAGMAG

Der Wiener Opernsommer hat heuer erstmals als Open Air am Heumarkt gastiert. Wo sommers einst die Freistilringer spektakulär gerauft haben und im Winter die Schlittschuhläufer nach wie vor ihre Schleifen ziehen, erhebt sich ein nobler Salon, der mit ein paar Möbeln zum Landgut und am Ende zum Sterbezimmer Violettas verwandelt wird. Daneben ist in einem ähnlich elegant gestalteten Pavillon das Orchester am Werk. Erdacht und erbaut wurde die Szenerie von Manfred Waba, einem Spezialisten für große Bühnen mit entsprechendem Feeling für die Atmosphäre der jeweiligen Inszenierung. Der Wahlwiener Dominik Am Zehnhoff-Söns hat längst einen hervorragenden Ruf als Opernregisseur und, wie heuer bewiesen, für seine kundige Auswahl der Mitglieder des Ensembles. Ebenfalls ein Beutewiener ist der in Japan geborene Jōji Hattori, Intendant und Dirigent am Pult des traditionsreichen Wiener Kammerorchesters. Der renommierte Philharmonia Chor Wien übernimmt stimmgewaltig neben einem dazwischen wirbelnden bunten Ballett sowohl die Gesellschaft der Salons wie auch das Karneval feiernde Volk im letzten Akt.

Ball bei Flora Bervoix, Ensemble © MAGMAG

Ball bei Flora Bervoix, Ensemble © MAGMAG

Für die zwölf Aufführungen in der Zeit von 1. bis 25. Juli sind für die Hauptfiguren jeweils zwei Besetzungen vorgesehen. So war Nathalie Peña-Comas am Montag, 14. Juli 2025, eine hinreißende Violetta, deren Sopran als Ausdruck gewaltiger Emotionen sicher und kraftvoll die geforderten Höhen und Tiefen beherrscht. Alfredo war David Kerber, ein junger Tenor, der sich strahlend mit einer Arie bei Violetta einführt, sie später in seiner Eifersucht demütigt, aber gleichzeitig mit unbeschwerter Lebenslust der Sterbenden noch Hoffnung vermitteln will. Dessen Vater Giorgio Germont gab Thomas Weinhappel. Sein Bariton ist kräftig und doch ungemein klangvoll.

Er ist damit glaubhaft der gestrenge, auf seinen Stand achtende Herr, der sich gegenüber der in seinen Augen verderbten Kurtisane vom Befehlen über das Bitten zum Flehen herablässt. An ihrem Totenbett zeigt er letztendlich ehrliche Reue über sein Verhalten. Wenn Violetta nach einem letzten Aufschrei stirbt, bleibt dem Publikum der Atem weg. Sie ist mit letzter Kraft auf den Balkon hinaufgelaufen und wird dort von Verdi selbst galant ins Totenreich geleitet. Apropos Originalsprache: Sie ist natürlich Italienisch. Mit einem QR-Code an der Sitzlehne lässt sich jedoch eine Übersetzung zum Mitlesen aufs Handy laden. Aber es ist fast zu schade, dabei das Geschehen auf der Bühne zu verpassen, das mit der Musik und der Spielfreude der Agierenden ohnehin das Geschehen erklärt. Man darf sich also auf nächstes Jahr freuen, wenn der Heumarkt wieder zum Opernhaus wird. Aus Paris wird es nach Spanien gehen, in die Tabakfabrik von Sevilla und in die Berge zu den Schmugglern. Dabei kann es sich nur um „Carmen“ von George Bizet handeln, die als ähnlicher Publikumsmagnet wie die heurige „Traviata“ zweifellos ein weiterer Erfolg des Wiener Opernsommers zu werden verspricht.

Karl Markovics als Giuseppe Verdi © MAGMAG

Karl Markovics als Giuseppe Verdi © MAGMAG

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