Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Pferschy-Seper – bemerkenswert in vielerlei Hinsicht

Weiblich und fortschrittlich aus Tradition

Wie alt genau das Haus ist, kann die Winzerin Birgit Pferschy-Seper nicht genau angeben. Aber mit Sicherheit ist es eines der ältesten Gebäude von Mödling. Seinerzeit stand es draußen vor der Stadtmauer, heute liegt es bereits im Zentrum dieser wunderschönen historischen Stadt vor den Toren Wiens. Unterlagen gibt es kaum, aber so lange Erinnerungen zurückreichen, wurde in diesen stimmungsvollen Gewölben Wein ausgeschenkt.

 

Dass die Zeit nicht stehen geblieben ist, dafür haben weibliche Nachkommen der Familie gesorgt. „Bei uns übernehmen immer die Frauen den Betrieb“, stellt Frau Pferschy-Seper wie selbstverständlich fest, und lässt dabei keinerlei feministische Attitüde erkennen. Sie selber vertritt bereits die vierte Frauengeneration und darf zuversichtlich sein, dass eine ihrer drei Töchter das Erbe weiterführen wird.

Bilder zum Vergrößern anklicken


l.g.o.: Die Winzerin Birgit Pferschy-Seper

l.o.: Die Rebflächen von Pferschy-Seper liegen in den besten Rieden der Thermenregion.

l.u.: In diesem Stüberl könnten schon Kronrpinz Rudolf und Mary Baroness Vetsera in trauter Zweisamkeit den Wein des Hauses genossen haben.

r.o.: Alte Jahrgänge in der Schatzkammer (Vinothek)

r.u.: Im neuen Kostraum wurde Altes und Neues geschmackvoll und praktisch verbunden.

Angesiedelt wurde die Familie in Mödling nach der verheerenden zweiten Türkenbelagerung, um diese fruchtbare Gegend wieder zu besiedeln. Die erste als solche nachgewiesene Winzerin war die Urgroßmutter: „Zu ihren Zeiten wurde neben dem Weinbau noch eine Landwirtschaft betrieben. Ihr Mann war eher introvertiert und hat sich lieber um Feld und Vieh als um den Wein gekümmert. Sie dagegen war dominant. Sie war sogar Kreisbäuerin, hat also ein öffentliches Amt bekleidet.“

Eine ebenso ungewöhnliche Frau war die Großmutter. „Ihr Mann ist im Krieg gefallen. Damit sie ihre Kinder ernähren konnte, musste sie den Betrieb übernehmen. Sie war sozusagen eine Quereinsteigerin und vielleicht deswegen so innovativ. Sie war die erste, die in Mödling eine hydraulische Presse gekauft hat; für die damalige Zeit phänomenal.“


Eine ebenso ungewöhnliche Frau war die Großmutter.


 

Nachdem der Bruder ihrer Mutter zwar die Weinbaufachschule in Klosterneuburg absolviert hatte, sich aber nicht zum Heurigenwirten eignete, übernahm diese und damit wieder eine Frau das Weingut.

Nach und nach hat sie dieses ihrer Tochter übergeben, die nach gründlicher Ausbildung mit anschließender Praxis unter anderem in Kalifornien und Südafrika 1990 eingestiegen ist und 2007 Heurigen und Weinproduktion definitiv übernommen hat.

 

Die beachtliche Energie ihrer Vorgängerinnen dürfte sich in der zierlichen Person von Ing. Birgit Pferschy-Seper gesammelt haben. Sie erzählt gerne von den „Baustellen“, die sie sofort in Angriff genommen hat


Die beachtliche Energie ihrer Vorgängerinnen dürfte sich in der zierlichen Person von Ing. Birgit Pferschy-Seper gesammelt haben.


So wurde das Nebenhaus angekauft und in dessen viele Jahrhunderte alten Gewölbe mit großem Aufwand ein Kostraum für Flaschenweinverkauf eingerichtet; als geschmackvolle und gleichzeitig praktische Verbindung von Altem mit Neuem. „Wir haben unter anderem die Steinwände offen gelassen, um damit eine heimelige Atmosphäre zu schaffen“, ist sich die Winzerin der ansprechenden Wirkung dieser Kombination bewusst.

l.o.: Noch Monate nach der Lese darf der Weißburgunder im Eichenfass langsam gären.

l.u.&.r.: Weingenuss in stimmungsvollem Rahmen

Die Trauben für ihre Weine stammen von hervorragenden Lagen der Thermenregion rund um Sooß (Rotweine) und Gumpoldskirchen (u.a. die klassischen Weißweine wie Zierfandler und Rotgipfler). Immer wieder kann die Winzerin Rebflächen zukaufen und verfügt momentan über zirka sieben Hektar. Den neu erworbenen Weinstöcken hätte nichts Besseres passieren können. Bei Frau Pferschy-Seper gibt es nur die beste Behandlung: „Mein Anliegen ist es, von vornherein dem Weingarten möglichst viel zu geben, an Humus, Kompost, natürlichen Mineralien. Die Bodenpflege ist bei Biowein ganz wesentlich. Dadurch kann ich Krankheiten vorbeugen. “


Sie war die erste Winzerin in der Thermenregion, die sich des Bio-Gedankens angenommen hat.



Ihr Weingut ist seit 2000 als Biobetrieb zertifiziert. Sie war die erste in der Thermenregion, die sich dieses Gedankens angenommen und ihn konsequent durchgezogen hat. Mittlerweile, so freut sie sich, sind es in der Region schon an die zwölf wesentliche Weingüter, die sich für diese die Natur schonende Arbeitsweise interessieren, mit dem Erfolg, dass es einen geförderten und gemeinsam bezahlten Berater dafür gibt.

Der Heurige selbst war schon von ihren Eltern erweitert worden. Einen Raum hat man jedoch so belassen, wie es zur Zeit der Großmutter ausgesehen hat, mit den einfachen Bänken und der gemütlichen Holzvertäfelung an den Wänden. Nachdem von der Mutter mit Flaschenwein begonnen wurde, gab es dafür im Anschluss an die Gasträume einen Verkaufsraum. Er wurde nun zu einer Schatzkammer für besondere Weine umfunktioniert und dem Heurigen angeschlossen.


In diesem Haus hat Kronprinz Rudolf seine Geliebte Mary Vetsera getroffen.



Auf dem Weg dorthin durchquert man das Kronprinz Rudolf Stüberl. Auf der gemütlichen Eckbank unter dem ältesten originalen Gewölbe könnte seine Hoheit durchaus persönlich gesessen sein. Vis-a-vis des heutigen Heurigen hatte Mary Baroness Vetsera gewohnt, die sich, so die Überlieferung durch Rudolfs Leibkutscher Josef Bratfisch, mit dem Kronprinzen in diesem Haus getroffen hat.

 

Im anschließenden Weinkeller betritt man wieder die Gegenwart. Die Schalttafel für die Computer gesteuerte Kühlung der Tanks findet sich dort ebenso wie ein nagelneues Fass aus französischer Eiche. Obwohl seit der Lese schon einige Monate vergangen sind, gärt darin noch bedächtig ein Weißburgunder. Die Winzerin ist schon gespannt, wieviel Holz das Fass abgeben wird: „Der Wein zeigt toll an, freu´ mich schon wahnsinnig darauf!“ Außergewöhnliche Komplexität darf erwartet werden.

Sie weiß, dass Biowein zwar eingeschworene Fans hat, dass er aber noch lange nicht in dieser Weise anerkannt wird, wie es ihm eigentlich zustünde. Dabei, so sagt sie, bräuchte man im Frühling nur den Unterschied im Austrieb anschauen. Neben mager entwickelten herkömmlich bewirtschafteten Stöcken gedeihen ihre Reben bereits prächtig, ganz zu schweigen von den Trauben, die in sich selber die Kraft entwickelt haben, um gegen Krankheiten Widerstand leisten zu können, bis schließlich zum Wein, der bei maßgeblichen Wettbewerben regelmäßig zu den besten zählt.

Statistik