Kultur und Wein

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Poysdorf: Das Weingut Riegelhofer und seine kunstvolle Sektwelt

Wie kommen die Perlen in den Wein?

Die Jahreszahl an der Fassade des Klosterkellers ist beeindruckend: 1753. In seinen Tiefen lagerten die Kapuziner ihren Wein, bis ihr Kloster 1788 aufgehoben wurde. Die jetzigen Besitzer können ebenfalls auf eine respektable Geschichte zurückblicken. Seit 230 Jahren ist die Familie Riegelhofer in Poysdorf nachgewiesen, erzählt Max II., dessen Frau Gertrude seit einigen Jahren als Bürgermeisterin umsichtig die Geschicke der Stadt leitet. Das Weingut hat Riegelhofer sen. 2003 an seinen Sohn Max III. übergeben, der gemeinsam mit seiner Gefährtin Susanne Bernatz sowohl einen erstklassigen DAC, also einen Grünen Veltliner, als auch besten Grundwein für die Sektherstellung produziert.

Im Gewölbe des alten Kellers hat Max II. seine Sektwelt aufgebaut. Angeregt wurde die Sammlung aus einer alten und mittlerweile über Generationen dauernden Verbindung mit der Sektkellerei Schlumberger. Geliefert wird Wein von den eigenen 30 Hektar und den Trauben, die von ca. 300 Weinbauern aus der Umgebung geliefert und im Hause Riegelhofer verarbeitet werden, so Herr Riegelhofer, „weil wir ja am besten wissen, was für die Sekterzeugung ideal ist.“ Der Grundwein soll säurereich sein, gering im Alkohol, ungezuckert, schwefelfrei und absolut reintönig, „denn jeder Fehler verstärkt sich in der zweiten Gärung.“

 

Der Titel „Sektmetropole“ für Poysdorf kommt nicht von ungefähr. „Wir liegen hier auf dem gleichen Breitengrad wie die Champagne und haben ähnliche klimatische Voraussetzungen“, leitet der freundliche ältere Herr die kurzweilige Lehrstunde über die Geheimnisse der Sektwerdung ein. Der Besucher wird an Reihen von wohlbestückten Rüttelpulten vorbeigeführt und erfährt dabei unter anderem, welche Typen von Flaschen für das perlende Getränk eingesetzt, welche Trauben für den Champagner und welche für österreichischen Sekt verwendet werden, und schließlich, wie aus ruhigem Wein herrlich spritziger und anregender Sekt entsteht.

Von den Fässern, die seinerzeit in dieser Kellerröhre gestanden sind, haben die Böden überlebt. „Im Weinviertel gibt es sehr viele kreative Leute“, ist Herr Riegelhofer überzeugt. Einige von ihnen wurden eingeladen, diese Fassböden zum Thema Sekt und Wein zu gestalten. Die Ergebnisse sind absolut sehenswert, teils ungemein witzig, wie die beiden Rückgriffe auf die Schöpfungsgeschichte beweisen. Im einen Fall stoßen unter dem biblischen Motto „Am siebenten Tag wurde gefeiert“ Adam und der Schöpfer mit einem Glas Sekt auf das gelungene Werk an, bevor Adam von der Schlange im Verein mit Eva mittels Sekt verführt wird, nachdem der Apfel seine Wirkung verfehlt hatte.

 

In den oberen Stockwerken des Kellerhauses hat Max II. eine wertvolle Sammlung an Sektkühlern und Gläsern zusammengetragen. Biedermeier, Jugendstil und Wiener Werkstätte, jedes Stück ist Erinnerung an ein lebensfrohes Fin de Siècle mit rauschenden Bällen in noblen Etablissements zu einer Zeit, als Schlumberger sich noch als Champagner anpreisen durfte. Die Weinpresse unter dem Dach stammt tatsächlich aus der Champagne. 1870 war sie den Edlen von Schlumberger als Geschenk vermacht worden, die sie nunmehr als Sektkellerei Schlumberger diesem kleinen Museum als Leihgabe zur Verfügung gestellt haben.

Vom Dachboden „hintaus“ sind es nur ein paar Stufen hinab zu einem Weg, der zum Garten hinaufführt. Altes Hauergerät wie Pressen, Traubenquetscher und Pflüge machen ihn zu einem kleinen Freilichtmuseum, Arbeiten der „kreativen Weinviertler“ zu einem Skulpturenpark und die Aussicht über Poysdorf und das Weinviertel zu einem traumhaften Platz für Sektverkostungen. Ganz unscheinbar betreibt dazwischen Herr Riegelhofer sein Hobby, wie er sagt. Hier hat er den Weinbergschnecken, die auf den Wegen zwischen den Weingärten ein überaus gefährliches Dasein fristen, ein sicheres Asyl errichtet. Täglich werden sie mit frischem Grün versorgt und machen wohl deswegen keinerlei Anstalten, diese gastliche Stätte in der Gstettn, wie die Kellergasse von Poysdorf heißt, zu verlassen.

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