Beschauliche Anleitung zum Umgang mit gesichtslosen Stoffmonstern
An sich scheint es gesellschaftlicher Konsens zu sein, wenn es um die Ablehnung von Tyrannen geht. Umso erstaunlicher ist daher die Tatsache, dass die meisten der Alleinherrscher ihre Tätigkeit mit demokratischer Legitimation antreten durften. Die Demokratie ist in ständiger Gefahr, sich selbst abzuwählen. Aktuelle Beispiele gibt es in Hülle und Fülle, zum Teil in Ländern, in denen es bereits zum guten Ton gehört, dass vor Wahlen die Gegenkandidaten weggesperrt werden, zum anderen in Staaten, die gefährlich nahe an der Schwelle zu einer Autokratie stehen, weil das Volk zur Schafherde mutiert ist und sein Heil in der Führerschaft von Krakeelern und Dummköpfen sucht.
Damit hat auch ein Puppenspiel wie „Hand Made Tyrant“ seine volle Berechtigung. Wenn darin mit Stofffiguren das Übel der Tyrannei angeprangert wird, möchte man sagen: „Eh klar! Wir sind ja eh alle dagegen.“ Aber wer sind dann diejenigen, die zu einem Dauerhoch rechter Parteien in den Umfragen beitragen? Sarah Wissner gibt darauf in kurzen, prägnanten Texten und mit gesichtslosen, aus hellem Textil zusammengenähten Puppen die Antwort: Autokraten sind selbst gemacht! Geführt und damit zum Leben erweckt werden die verdächtig gleich aussehenden Vertreter der Gewaltherrscher von Soffi Povo & André Reitter. Unter ihren Händen werden Kämpfe ausgetragen, Berge von Leichen angehäuft und überhaupt recht feindselig agiert. Mit der Öffnung eines Schädels kommt schließlich die Wahrheit zu Tage. Außer ein paar nichtssagenden Zetteln und federleichtem Füllstoff findet sich darin nichts, keine Spur von Intelligenz, die unter Umständen sowohl den Tyrannen von Gewaltausübung als auch die von ihm Beherrschten von bedingungsloser Unterwerfung abhalten könnte.