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Die Zauberreise in die Ritterzeit, Ensemble © Barbara Pálffy

Die Zauberreise in die Ritterzeit, Ensemble © Barbara Pálffy

DIE ZAUBERREISE IN DIE RITTERZEIT Turnier von Gegenwart und Vergangenheit

Maria Bittner, Markus Weitschacher © Barbara Pálffy

Maria Bittner, Markus Weitschacher © Barbara Pálffy

Ein vergessenes „Besserungsstück“ wird in der „Arena“ Rothmühle wieder belebt

Johann Nestroy ist auch in seinen bösesten Possen ein unglaublicher Moralist. Am Schluss wird geheiratet, egal was zuvor an schändlichen Umtrieben passiert ist. Das Publikum hat dem wortgewaltigen Fabulierer dafür durch Zustrom zu seinen Stücken gedankt; und tut es noch immer. Eine Ausnahme ist die 1832 uraufgeführte Original-Zauberposse in drei Aufzügen mit dem Titel „Die Zauberreise in die Ritterzeit“. Die erste Serie wurde nach nur fünf Aufführungen abgesetzt, eine Wiederaufnahme im Jahr darauf nach nur zwei Abenden. Dabei bietet diese Komödie das Abenteuer einer Zeitreise, einen Blick ins Feenreich, in dem Fee Gegenwart mit Donner und Blitz regiert, und Fehden zwischen geharnischten Rittern, die in Turnieren und wilden Kämpfen ausgetragen werden. Von der zeitgenössischen Kritik wurde dem Verfasser Oberflächlichkeit vorgeworfen, mit dem er dieses herrliche Sujet behandelt hätte. Knapp 200 Jahre danach wird man den Eindruck nicht los, dass der Verriss dieser Frühform der Pradler Ritterspiele nicht völlig unbegründet war. Sagen wir es so: Es war ein verzeihlicher, weil unterhaltsamer Ausrutscher des großen Nestroy.

Clemens Fröschl, Michelle Haydn © Barbara Pálffy

Clemens Fröschl, Michelle Haydn © Barbara Pálffy

Paul Graf, Fabian Stiegner © Barbara Pálffy

Paul Graf, Fabian Stiegner © Barbara Pálffy

Trotz dieser wenig ermutigenden Vorgaben wurde für das Theaterfest NÖ die „Zauberreise“ von den Nestroy Spielen Schwechat aufgegriffen – und wird, wie es scheint, ein später Erfolg für ihren Patron. Die Premiere musste zwar wegen Regen nach der Pause abgebrochen werden, aber der größere Teil vorher genügte, um sich einen brauchbaren Eindruck zu verschaffen. Intendant und Regisseur Christian Graf hat eine Arena mit Turnierplatz eingerichtet, auf dem Fee Gegenwart (Bella Rössler) die von ihr gelangweilten Herren Simplicius Sapprawalt (Paul Graf) und dessen Vater Polycarpus (Manfred Stella) samt aufmüpfiger Tochter Eulalie (Michelle Haydn) mit Hilfe ihrer Mutter Die Vergangenheit (Sissy Stacher) ins Mittelalter bugsiert.

Trotz ersichtlicher Ablehnung folgt der Verlobte, Herr von Geldsack (Clemens Fröschl), der jungen Dame ins 14. Jahrhundert. Sie heiratet dort auf der Stelle den stolzen Ritter Ottomar von Eisenfels (Markus Weitschacher), der sich jedoch umgehend als Brutalinski entpuppt und seine Angetraute die Schlaghand spüren lässt. Aus Petronella (Melina Rössler), der heiratswilligen Braut von Simplicius und Tochter der betuchten Frau von Ducatenstein (Maria Sedlaczek), ist Kunigunde geworden, die dem Ritter Eichenwald (Fabian Stiegner) versprochen ist. Zwischen diesen veritablen Wirren webt ein stattliches Ensemble in schlichten Gewändern durch die ungemein spartanische Ausstattung und erzeugt u. a. mit Seifenblasen das überirdische Feenreich. Andrea Wild begleitet mit Laute und Gitarre die Couplets und untermalt mit zarten Akkorden immer wieder die Szene. Freilich müssen die Zeittouristen nicht im Burgverlies verschmachten und kommen – ganz Nestroy – zur Einsicht. „Wier (sic!) waren ein paar Eseln“ geben Polycarp und Simplicius zu. „Seht ihr das ein?“ fragt die Gegenwart. Darauf die beiden Gebesserten: „Im Hungerturm sieht man alles ein.“

Manfred Stella, Paul Graf © Barbara Pálffy

Manfred Stella, Paul Graf © Barbara Pálffy

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