Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Konversationen im Herrenhof – Eine Talkshow mit historischen Persönlichkeiten

Elisabeth-Joe Harriet, Beatrice Gleicher © Katharina Schiffl

Moderation: Olga Schnitzler. Ihr Gast: Berta Zuckerkandl

Wo sich in den 1920er- und 30er-Jahren die Creme de la Creme der Wiener Dichter zu Kaffee und Plausch traf, speisen heute die Gäste des Steigenberger Hotels Herrenhof. Der Geist der Kaffeehausliteraten ist noch gegenwärtig, meiste Zeit zwar versteckt, lässt sich aber in dem Moment wieder blicken, wenn ihn Elisabeth-Joe Harriet beschwört. Dazu muss sie allerdings selbst durch die Zeiten wandeln und die Gestalt von Olga Schnitzler annehmen, die als junge Frau an der Seite ihres Gatten Arthur Schnitzler die großen Persönlichkeiten des Fin de Siècle unmittelbar kennengelernt hat. An genau der Stelle, wo in dicken Rauschwaden ein Karl Kraus mit Anton Kuh manchen Strauß ausgefochten oder Egon Erwin Kisch Schreiberkollegen wie Hermann Broch und Alfred Polar von seiner jüngsten Reportage erzählt hat, lädt Olga nun illustre Gäste zur Konversation.

 

In dieser Saison steht ihr die bekannteste Salonière dieser Zeit gegenüber, um aus ihren Erinnerungen an ein reiches Kulturleben zu erzählen. Berta Zuckerkandl, aus der anderen Welt herübergebeten von Beatrice Gleicher, lässt das Publikum im Plauderstil staunen, wie emiment ihre Bedeutung nicht nur für Wien, sondern für ganz Österreich gewesen ist. Sie hatte die Gabe, mit Politikern, Künstlern und Wissenschaftlern auf Augenhöhe zu sprechen. In ihrem Salon wurde die Secession gegründet. Über ihren Vater Moritz Szeps kannte sie die wahren Hintergründe der Tragödie um Kronprinz Rudolf und war Herzensfreundin von Georges Clemenceau, dem berühmt berüchtigten französischen Ministerpräsidenten. Berta war aktiv daran beteiligt, als Hugo von Hofmannsthal und Max Reinhardt die Salzburger Festspiele aus der Taufe hoben. Verheiratet war sie mit Emil Zuckerkandl, einem Anatomen, der 1897 für Frauen die Möglichkeit des Studiums an der Wiener Universität durchgesetzt hat und und und...

 

Trotz allen Redens wird aber nicht darauf vergessen, die Gäste dieser Talkshow mit Torte, Kaffe und Kirschenschnaps zu laben, eben ganz so, wie es auch Berta Zuckerkandl in ihrem der g´scheiten Welt offenen Salon bis zur schrecklichen Vertreibung aus ihrer Heimatstadt 1938 gehandhabt hat.

 

Zu den weiteren Terminen hier klicken: Elisabeth-Joe Harriet.

Das Semmeringgebiet vom Kurhaus aus gesehen

ICH BIN AUF KUR AM SEMMERING inmitten von berühmten Patienten

Kurhaus Semmering © EJH

Wundersame Begegnungen mit großen Geistern

Seine alte Eleganz ist trotz der Zeit, die unbarmherzig über das Kurhaus Semmering gezogen ist, noch immer spürbar; nicht zuletzt durch den Einsatz der Schauspielerin Elisabeth-Joe Harriet. Sie hat die ehemals mondäne Anstalt aus einem langen Dornröschenschlaf geweckt. Schon als Kind war sie fasziniert von diesem prächtigen Bau, der so viel Geschichte und Geschichten zu verschweigen scheint. 2011 schließlich kehrte sie als Intendantin von „SOMMERTRAUM – Das Festival am Semmering“ wieder zurück und fand im Kurhaus das ideale Gebäude für ein Theater und damit auch den Schauplatz für den Kultur.Sommer.Semmering. Die Intendanz hat mittlerweile der Pianist und Dirigent Florian Krumpöck übernommen. Elisabeth-Joe Harriet ist dem geliebten, mit gewaltig persönlichem Einsatz revitalisierten Kurhaus aber treu geblieben. Unter dem Titel „Ich bin auf Kur am Semmering“ führt sie die Besucher zurück in eine Zeit, als die Großen der Wiener Kulturszene quasi mitten im Wald Genesung gesucht haben.

Die Schauspielerin Elisabeth-Joe Harriet bei der Führung durch das Kurhaus Semmering

Dick eingewickelt in selbst mitgebrachten Decken lagen sie auf der Terrasse, der heilenden Bergluft ausgesetzt und falls erforderlich, ferngehalten von ungesunden Gewohnheiten wie nächtelangen Aufenthalten in verrauchten Kaffeehäusern und dem Genuss alkoholischer Getränke.

Stimmungsvolles Stiegenhaus des Kurhotels

Einer, der literarisch dem Kurhaus in „Semmering 1912“ ein Denkmal gesetzt hat, ist Peter Altenberg. Er hat zwar die Vorteile einer solchen Umgebung durchaus zu würdigen gewusst und den bemerkenswerten Satz geschrieben: „Ehrfurcht vor reiner frischer Luft wird die Marke künftiger Generationen sein müssen“, aber er selbst, der, wie überliefert wird, alkoholkrank war, schildert humorvoll sein Antreten als Delinquent (Patient) beim Staatsanwalt (Anstaltsarzt) oder die Entdeckung einer Batterie leerer Schnapsflaschen in seinem Zimmer, die sich, ganz Altenberg, in einem sehr unernst anmutenden Kompromiss mit dem an sich strengen Leiter des Kurhauses auflöst. Der Raum, in dem der unheilbar dem Triebe nach jungen weiblichen Dingern ausgelieferte Schriftsteller möglicherweise inspiriert wurde, heranreifenden Mädchen „höchste Beweglichkeit, Anmut, Elastizität“ mittels Tanzturnen beizubringen, war der Zander-Saal (benannt nach dem schwedischen Arzt Dr. Gustav Wilhelm Zander), ausgestattet ähnlich einem heutigen Fitness-Studio mit teils abenteuerlich anmutenden Geräten. Lediglich die verblasste Wandschrift „Keine Übung darf Schmerzen verursachen“ erinnert in dessen ruinösen Wänden an seine einstige Funktion.

Elisabeth-Joe Harriet versteht es, während dieses Rundgangs durch die Vergangenheit die Gegenwart einst hier kurender Damen und Herren zu vermitteln. Auf diesen Stiegen mit den in sanften Farben leuchtenden Fenstern, in den eher spartanisch ausgestatteten Zimmern oder im heute als Bühne verwendeten Speisesaal haben Genies wie Arthur Schnitzler, Jakob Wassermann, Hugo von Hofmannsthal, Gerhard Hauptmann oder Anton Wildgans Genesung gesucht und gleichzeitig Anregungen für ihre Werke gefunden.

Die junge Anna Mahler, Tochter der berühmten Alma Mahler-Werfel, hat von hier erste Liebesbriefe an ihren späteren Gemahl Paul von Zsolnay auf das Papier mit dem Kopf des Kurhauses geschrieben. Eine mehr als bewegende Szene wurde von Resa Hansy, die Frau des Gründers Dr. Franz Hansy, in ihren Erinnerungen aufgezeichnet. Josef Kainz, der große Schauspieler, befand sich nach einer schweren Operation zur Erholung in ihrem Kurhaus am Semmering.

Frühstückssaal des Kurhauses Semmering

Da seine Frau mit der Krankheit ihres Mannes nicht zurechtkam, verließ sie ihn eines Tages Richtung Ostende. Hansy war Zeugin der Verabschiedung der beiden.

Sie bemerkte den unendlich traurigen Blick des Mannes, der ihr dennoch versicherte, dass diese Frau der Sonnenschein in frohen und trüben Stunden sei. „Sie hat durch ihr unbeschwertes Leben mein Leben beglückend gestaltet.“

 

Das Erlebnis dieser Zeitreise wird mit einer herrlichen Torte abgerundet, deren Rezept Elisabeth-Joe Harriet im Mehlspeisen-Kochbuch der ehemaligen Köchin des Kurhauses entdeckt hat. Dazu gibt es Kaffee im nahezu original erhaltenen Ambiente des Frühstücksraumes mit umwerfendem Blick auf das Semmeringgebiet. Zum Mitnehmen gedacht ist das Buch „Ich bin auf Kur am Semmering“, das von Elisabeth-Joe Harriet als Erinnerungsband an das Kurhaus Semmering und seine berühmten Gäste herausgegeben wurde. Es erzählt die wechselvolle Geschichte des Hauses und ist nebenbei ein großartiges Lesebuch, um mit Peter Altenberg dessen Eindrücke und Gedanken während seiner Aufenthalte mit einem erholsamen Schmunzeln zu teilen.

Der originale Türstock im Eingang zum Musikzimmer

Weitere Vorstellungen: 8., 9., 22., 23., 28., 30. Juli 2017 & 4., 6. August 2017, Sa. & So jeweils um 11.00 Uhr. Fr. um 14.30 Uhr KURHAUS SEMMERING A-2680 Semmering-Kurort, Kurhausstraße 2

 

Das Buch "Ich bin auf Kur am Semmering" von Elisabeth-Joe Harriet ist erschienen im Verlag Austrai Nostra, ISBN: 978-3-9502497-6-7, Preis € 22,-

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