Kultur und Weindas beschauliche MagazinIvana Zdravkova, Vincent Schirrmacher, Ensemble © Christian Husar KAISERIN JOSÉPHINE Stimm- & klangvolle Geschichtsstunde
Eine Zigeunerin sagt der vorübergehend mittellosen Witwe Joséphine de Beauharnais eine glänzende Zukunft voraus. Die Karten zeigen sie als Königin und sie lügen nie. Joséphine heiratet den noch unbedeutenden General Bonaparte und, wie man aus der französischen Historie weiß, sie wird am Ende von ihrem Gatten zur Kaiserin gekrönt. Die Librettisten Paul Knepler und Géza Herczeg entdeckten in dieser Lovestory zwischen einem aufstrebenden jungen Mann und der doch um sieben Jahre älteren Frau die Träume, nach denen die Menschen in den harten Zeiten zwischen den beiden Weltkriegen lechzten. Als Komponist hat sich einer der Größten dieser Jahre um den Stoff angenommen. Emmerich Kálmán hat die Macht der Liebe am Rande eines alles vernichtenden Eroberungskrieges, der seinerzeit ganz Europa in Furcht und Schrecken versetzt hat, zeitlos gemacht.. Grandiose Melodien und eine in warmen Farben arrangierte Partitur übertönen bis heute Kanonendonner mit Tausenden Toten auf den Schlachtfeldern in nächster Nähe.
Was soll´s! Wenn die Bühne Baden dafür einen Kammersänger Vincent Schirrmacher als Napoleon und Ivana Zdravkova in der Rolle der Joséphine aufbietet, versucht man gern derlei Bedenken zu vergessen. Zwei schöne und starke Stimmen und ein Orchester, das unter Franz Joseph Breznik einmal so richtig die Sau raus lassen kann, garantieren einen großen Abend und verleiten das Publikum zum Träumen. Thomas Malik (Korporal Bernard) und Theresa Grabner (Juliette) als Buffopaar tragen mit feiner Komik und hinreißendem Gesang das ihre dazu bei.
Gabriele Schuchter, Ensemble © Gregor Nesvadba IM WEISSEN RÖSSL zwischen Parodie und Revue-Operette
Am Vorabend der 1000 Mark Sperre (1933) hat der Komponist Ralph Benatzky noch einmal für einen richtigen Gästeboom aus Deutschland gesorgt. In seinem 1930 entstandenen Singspiel „Im weißen Rössl“ treffen am Wolfgangssee zwei durch Prozess verfeindete Berliner Unternehmer samt Rechtsanwalt aufeinander. Deutsche Schnauze gegen österreichische Schlamperei hatte damals das Potential, Lachstürme im Publikum zu generieren. Die Melodien sind ins Ohr gegangen, haben sich dort festgesetzt und wurden zu Evergreens; in der Überzeugung, dass man nur im Salzkammergut richtig lustig sein kann, weil dort das Glück vor der Tür steht, das Liebeslied ein Walzer sein muss und die ganze Welt himmelblau ist. Nach beinahe neun Jahrzehnten hat sich jedoch gütige Patina über Handlung und Musik gelegt. Wenn dieses seltsame Stück Musiktheater heutzutage ins Programm genommen wird, stellt sich die Frage, wie legen wir´s an? Klassisch? Geht überhaupt nicht! Als bitter böse Parodie, wie 2013 im Volkstheater in der Bearbeitung von Michael Schottenberg? oder verblödeln wie in der Tschauner Bühne, als 2021 im Stegreif das weiße altersbedingt zum grauen Rössl umgefärbt wurde? Die Bühne Baden gibt eine Antwort auf diese Fragen. Nicht ganz klar, aber unterhaltsam. Regisseurin Isabella Gregor und Tanja Hofmann (Ausstattung) lassen im ersten Teil das Chaos eines mit Touristen gefüllten Busses (Chor, Ballett) im Gastgarten eines stilisierten Hotels vor romantischer Berg- und Seekulisse ausbrechen und schrammen dabei mit seichten Witzchen an der Persiflage. Boris Pfeifer als Zahlkellner Leopold versucht mit „Aber meine Herrschaften“ Ordnung in die Bestellungen zu bringen, aber seine eher zarte Stimme hat hier in der Sommerarena nicht die Durchsetzungskraft, diesen lärmenden Haufen zu Räson zu bringen. Außerdem ist der fesche Kampl bekanntlich in die resolute Wirtin Josefa Vogelhuber (Verena Scheitz) verliebt, was ihn zusätzlich von seiner Arbeit ablenkt. Aber fürs Servieren hat er ja den flinken Piccolo Jonas Zeiler. Für etwas mehr Übersicht sorgt Gabriele Schuchter als Faktotum von St. Wolfgang. Mit wandelndem Briefkasten, einem Dirndl to Go und als Fremdenführerin mit Megaphon ist sie stets für humorige Überraschungen gut.
Nach der Pause bietet sich zwar das gleiche idyllische Bild, aber es ist Ruhe eingekehrt. Jens Janke, dessen Wilhelm Giesecke es in Ahlbeck so viel besser gefällt, darf seine Virtuosität als Stepptänzer zur Schau stellen und dessen ständig am Rauchen gehinderte Tochter Ottilie (Melanie Schneider) sich in Dr. Siedler verlieben. Hätte es Direktor Michael Lakner nicht vor Vorstellungsbeginn verraten, es wäre wohl niemandem aufgefallen, dass Alexander Kröner diese Rolle erst vor ein paar Tagen als Einspringer übernommen und einstudiert hat. Sein Tenor hat ein feines, ungemein wohltuendes Timbre, das seiner hochgewachsenen Erscheinung zusätzlich Sympathie verleiht. Publikumslieblinge wie Andreas Steppan als Professor Hinzelmann, dessen liebreizende Tochter Klärchen (mit hinreißendem Sprachfehler: Juliette Khalil) oder der schöne, wenngleich glatzerte Sigismund (Oliver Baier als Meister im Extemporieren, wenn die aufgeblasene Palme nicht stehen will) tragen gekonnt die ihnen gewidmeten Gesangsnummern vor, bestens unterstützt vom Orchester der Bühne Baden unter Michael Zehetner. Was wäre diese Revue jedoch ohne den Kaiser. An dieser Stelle eine tiefe Verbeugung vor Kammersänger Heinz Zednik, der den passenden Kommentar zu dieser Premiere abgegeben hat: Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut. Statistik |