Kultur und Weindas beschauliche MagazinSchloss Kittsee auperhalb der Spielzeit © Conny de Beauclair DIE GIGERLN VON WIEN Eine Hetz mit Biedermann und Feschak
Man muss schon ein g´standener Wiener sein, um zu wissen, was mit dem Gigerl gemeint ist. Bei dieser Spezies von urbanem Mitbewohner handelt es sich um eine Laune der Natur. Die einen behaupten, dass sie ein fataler Ausrutscher der Evolution ist, die anderen aber schwören darauf, dass gar keine andere Lebensweise als die des Gigerls ein menschenwürdiges Dasein ermöglicht. Ihre Erscheinung ist zeitlos, sie ändern lediglich ihre Bezeichnung: Geck, Dandy oder Halbpromi. Den Gigerl verdanken diese sorglosen, ohne Existenzsorgen in den Tag hinein lebenden Typen dem Journalisten Eduard Pötzl, der Ende des 19. Jahrhunderts in seinen Satiren im „Neuen Wiener Tagblatt“ für den Schutz der dort verrissenen Persönlichkeiten dieses Pseudonym einführte. Der Gigerl und dessen dümmliches Pendant der Gagerl wurden Stars, denen man mit einem Marsch und einer Alt-Wiener Posse auf dem Theater huldigte. Der Komponist Alexander Steinbrecher nahm Jahrzehnte später den Stoff wieder auf, bereicherte die Musik um einige Nummern und feierte mit der Operette „Die Gigerln von Wien“ im Deutschen Volkstheater in Wien 1940(!) deren Uraufführung.
Gerhard Ernst, neben seinem Ruf als Fleischermeister auch Prinzipal des Sommer Festivals Kittsee, hat die ungebrochene Aktualität dieses Stücks erkannt und mit einer namhaften Besetzung auf der von Manfred Waba praktisch, aber sehr selbständig gestalteten Bühne vor dem Schloss inszeniert. Er selbst hat sich den Eduard Strobl, seines Zeichens Hutmacher, vorbehalten, der aufgrund eines hoffnungslosen Gspusis in ärgste Kalamitäten gerät. Um seine finanziellen Verpflichtungen gegenüber der doch sehr jungen Geliebten bestreiten zu können, spielt er in der Lotterie und gewinnt tatsächlich den Terno. Den Schein versteckt er in einem unverkäuflichen Monstrum von Zylinder.
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