Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Pension Schöller, Ensemble © Ulrich Öhlinger

Pension Schöller, Ensemble © Ulrich Öhlinger

PENSION SCHÖLLER Die ganz normal verrückte Emanzipation

Johanna Rieger, Julia Prock-Schauer © Ulrich Öhlinger

Johanna Rieger, Julia Prock-Schauer © Ulrich Öhlinger

Ein Sprachfehler, der sich zum Publikumsmagnet gemausert hat

Wenn zwei engagierte Prinzipalinnen nach einer altehrwürdigen Komödie greifen, dann gibt es natürlich gravierende Änderungen in der Besetzungsliste. „Männer raus! Frauen rein!“, lautet das Motto von Johanna Rieger und Julia Prock-Schauer, wenn hinter der gotischen Apsis der Pfarrkirche St. Martin die bewährte „Pension Schöller“ für unbeschwert sommerliche Unterhaltung sorgt; allerdings nur soweit es das heuer äußerst unbeständige Wetter zulässt. Aber es muss schon ordentlich blitzen und donnern, bevor sich das heroisch spielende Ensemble derlei Unbillen ergibt. Nun aber zurück zum Stück: 1890 gab es die Uraufführung in Berlin. Die Gesellschaft hat sich seitdem gravierend verändert. Eine Anpassung um zumindest 100 Jahre schien also geboten, mit (nahezu) allen Konsequenzen, die ein solcher Zeitsprung mit sich bringt.

Monika Schmatzberger, Lukas Meier © Ulrich Öhlinger

Monika Schmatzberger, Lukas Meier © Ulrich Öhlinger

Julia Prock-Schauer, Chiara Höffinger © Ulrich Öhlinger

Julia Prock-Schauer, Chiara Höffinger © Ulrich Öhlinger

Schauplätze sind nun Wien und Klosterneuburg, wo die junge Heurigenerbin Stefanie Schlager (Prock-Schauer) in ihrer geräumigen Villa ein Sanatorium für Nervenkranke einrichten will. Aus dem Freund Ernst Kissling wird eine Tochter der Familie Schöller (Fiona Donschacher als Ida und Frieda), die gemeinsam mit Alfred (Lukas Meier) den verhängnisvollen Deal einfädelt und dessen Cousine Stefanie zu einer Abendunterhaltung im Hause Schöller einlädt; wohl bewusst, dass es sich bei deren Gästen nicht um Irre, sondern lediglich um etwas exzentrische Zeitgenossen handelt.

Der zornige Spion Franz mit abenteuerlicher Frisur auf der Suche nach dem Doppelagenten ist Erich Knoth und als wissbegierige Schriftstellerin Josefine Tippse nervt Chiara Höffinger die Belegschaft. Nicht zuletzt plagt den vom grantigen Ober im Kaffeehaus zum Betreiber der Pension aufgestiegenen Rudolf Pfister diskret ein seltsamer Tick, möglicherweise ausgelöst durch seine etwas zu vitale Gattin Amalia (Monika Schmatzberger). Was aber ist der eigentliche Clou dieser Posse? Ein Sprachfehler! Ein N statt dem L. Nachdem es derzeit sogar im Burgtheater en vogue ist, große Männerrollen mit Frauen zu besetzen, hadert auch in Klosterneuburg eine Neopondine Schönner, pardon, Leopoldine Schöller (Johanna Rieger) als verhinderte Schauspienerin mit diesem Makel ihrer Zunge. Nur: Über einen Mann kann man sich leichter lustig machen als über eine Frau. Zudem wirkt eine Sprechstörung in weiblichem Mund eher charmant oder rührend denn komisch. Aber was soll´s?! Prock-Schauer mit ihrem lokal angepassten Stehsatz „Die wer´n lachen in Klosterneuburg“ behält, zumindest was das dankbare Publikum betrifft, absolut recht.

Johanna Rieger, Julia Prock-Schauer © Ulrich Öhlinger

Johanna Rieger, Julia Prock-Schauer © Ulrich Öhlinger

Sommertheater Klosterneuburg Logo 300