Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


50 Jahre gibt es schon das Österr. Freilichtmuseum Stübing

Eine Wanderung durch unsere Vergangenheit

Unglaublich, wie die Zeit vergeht! Da war man doch selbst grad noch dort, mit einem Schulausflug, und wundert sich, dass es schon wieder 50 Jahre sind, die inzwischen ins Land gezogen sind. Was sich in diesem halben Jahrhundert nicht alles getan hat. Handy und Computer waren damals undenkbar, genauso wenig vorstellbar wie heute ein Leben ohne diese Segnungen der Technik. Und trotzdem ist uns damals alles, was wir in Stübing gesehen haben, bereits so alt erschienen, so vergangen, so weit weg, obwohl es viele von uns noch in der eigenen Kindheit erlebt hatten.

Geht man heute mit jungen Leuten durch diese wunderschöne Anlage, stellen sich unvermutet Erinnerungen ein; nicht an den Schulausflug ins damals eben erst eröffnete Freilichtmuseum in Stübing, sondern an Tage und Abende der frühen Kindheit. Die jugendlichen Begleiter blicken etwas ungläubig auf die gar nicht so alten Herrschaften, wenn diese in eines der Bauernhäuser eintreten und zu erzählen beginnen, von einem Sonntag, einem Nachmittag, den man in so einer Stube verbracht hat, und bei dem wenigen Licht, das durch die kleinen Fenster hereingefallen ist, Karten gespielt hat. Dann die Jause, das Glas Most und für den Gast der Speck, auf einem Brettl auf den Tisch gestellt, der riesige Brotlaib, von dem man sich recht unbeholfen einen „Reankn“, ein Stück halt, abgesäbelt hat. Wenn es dunkel geworden ist, wurde die Petroleumlampe aktiviert. Ihr Schein reichte zur Lektüre des Bauernbündlers oder des Michel-Kalenders gerade aus. Es war dann Zeit, sich von der Bauernfamilie zu verabschieden. Die Hausleute waren ohnehin müde, schließlich war auch am Tag des Herrn Stallarbeit zu erledigen gewesen und sie hatten vor sich eine ganze Woche mit Mähen, Ackern und buckligem Unkrautjäten.

 

In den 1950er Jahren gab es diese kleinen urigen Landwirtschaften noch, vor allem in Gegenden, in denen der Mähdrescher nicht fahren konnte und der Traktor noch unerschwinglich war. Im nächsten Jahrzehnt waren sie bereits Museum und wurden als Vergangenheit bestaunt. Gott sei Dank! Diese Zeit wurde aufbewahrt. Umsichtige Zeitgenossen erkannten den gewaltigen Bruch, der sich in diesen Jahren im ländlichen Leben vollzogen hat. Einer von ihnen war Univ.-Prof. DDr. Viktor Herbert Pöttler. Er verfolgte ab 1961 mit Nachdruck die Idee des gesamtösterreichischen Freilichtmuseums und konnte sie in einem idyllischen Tal bei Stübing nahe Graz verwirklichen. Dort bot sich der geeignete Platz, um alte Bauernhäuser aus dem gesamten Bundesgebiet wieder aufzustellen und zu einem musealen Ensemble zu vereinigen.

Den Anfang macht das Burgenland. Aufsteigend folgen die Bauernhäuser aus anderen Bundesländern, mit Ausnahme von Wien, bis hinauf zu den Almen Vorarlbergs. Den Gebäuden wurde ihre Seele belassen, sie atmen noch immer das Leben, das einst ihnen geherrscht hat. Seit 50 Jahren ist man in Stübing stolz darauf, dass die Besucher das Gefühl haben, die Bauersleute könnten jederzeit vom Feld heimkehren, die Bäuerin in der Rauchkuchl Feuer machen und der Bauer im Stall das Vieh füttern. Handwerker, die noch Schindel klieben, das Schmieden am Amboss oder das Decken mit Stroh beherrschen, tragen das ihre dazu bei, um diesem Dorf Österreich seine Identität zu bewahren.

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