Kultur und Wein

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 Ausstellungsansicht "Klimt. Inspired by Van Gogh, Rodin, Matisse..."  Foto: Johannes Stoll

Ausstellungsansicht "Klimt. Inspired by Van Gogh, Rodin, Matisse..." Foto: Johannes Stoll / Belvedere, Wien

INSPIRATION FÜR KLIMT Über den Einfluss seiner Zeitgenossen

Ausstellungsansicht "Klimt. Inspired by Van Gogh, Rodin, Matisse..." Foto: Johannes Stoll

Ausstellungsansicht "Klimt. Inspired by Van Gogh, Rodin, Matisse..." Foto: Johannes Stoll / Belvedere, Wien

Ein Forschungsprojekt als Gestaltungsgrundlage einer „europäischen“ Ausstellung

Schon im (warum in Englisch gehaltenen?) Titel „Klimt. Inspired by van Gogh, Rodin, Matisse...“ (bis 29. Mai 2023) klingt eine vielversprechende Fülle an grandiosen Werken bedeutender Meister um 1900 an. Nicht nur Markus Fellinger, Kurator dieser Ausstellung, geht davon aus, dass die österreichische Malerikone Gustav Klimt keineswegs alles selbst erfunden hat, was heute bewundert wird. Kunst war schon zu seiner Zeit eine Reisende, damals in erster Linie durch die Hauptstädte des Kontinents, auf den Weg gebracht von der Kauflust adelig vermögender Sammler und eines ihnen nacheifernden wohlhabenden Bürgertums. Derlei Kunstausstellungen zogen nicht nur dicke Geldbörsen an, sie ermöglichten vielmehr auch einem an zeitgenössischer Malerei interessierten breiten Publikum kritischen Schaugenuss zu wohlfeilen Preisen. Zu sehen war das Beste aus Frankreich, den Niederlanden oder Großbritannien sowohl in Wien, Brüssel und Berlin, bzw. vice versa. Klimt war nicht nur ein Mitbegründer der Wiener Secession und der dort veranstalteten Ausstellungen, von denen bereits die erste anno 1898 einen Überblick über die aktuelle Kunstentwicklung in Europa 131(!) ausländische Künstler präsentierte. Vielmehr war er selbst eifriger Besucher diverser Galerien und Teilnehmer einschlägiger Großveranstaltungen außerhalb der Kaiserstadt. So ist seine erste Begegnung mit Gemälden von Claude Monet im Münchner Glaspalast 1897 überliefert und nicht auszuschließen sind Kontakte zu den sich formierenden „Futuristen“ anlässlich einer Teilnahme an der neunten Biennale in Venedig 1910.

Gustav Klimt, Frauenbildnis, 1894 Foto: Johannes Stoll / Belvedere, Wien

Gustav Klimt, Frauenbildnis, 1894 Foto: Johannes Stoll / Belvedere

2015 wurde dazu ein Forschungsprojekt gemeinsam von Belvedere und dem Van Gogh Museum in Amsterdam angestoßen. Darin geht es um die Frage, welche Werke internationaler moderner Kunst Klimt tatsächlich kennengelernt hat, ob bei seinen Auslandsreisen oder durch Reproduktionen in damals auch in Wien erhältlichen Katalogen. Ausstellungsorte wie die Secession, die Galerie Miethke und umfangreiche Privatsammlungen (Carl Reininghaus oder Familie Wittgenstein) wurden penibel untersucht, Publikationen ausgewertet und die Reisetätigkeit von Klimt wurde genau in Augenschein genommen. Wie weit wurde davon das Werk von Gustav Klimt beeinflusst, seine Entwicklung vorangetrieben und was kann – mit Verlaub – als sanfter Diebstahl von Ideen gewertet werden?

 Gustav Klimt, Wasserschlangen II, 1904/1906–07  Privatsammlung, courtesy of HomeArt

Gustav Klimt, Wasserschlangen II, 1904/1906–07, Privatsammlung, courtesy of HomeArt

Ein der Öffentlichkeit zumutbares Teilergebnis dieser Untersuchungen ist nun im Unteren Belvedere zu erleben. Wer schon bisher mit Kunstverstand durch Europa gereist ist und einen Teil dieser Zeit in den jeweiligen Museen verbracht hat, wird nicht allzu viel Neues finden. Allein die hier vertretenen Bilder der drei Genannten Vincent van Gogh, Auguste Rodin und Henri Matisse, aber auch die von Claude Monet oder einer der wenigen Frauen, Margaret Macdonald Mackintosh, sind Stammgäste diverser Besuchermagnete in legendären Museen. In der nun vorliegenden Konzentration werden sie jedoch kaum mehr nebeneinander hängen. Hier bietet sich die einzigartige Möglichkeit des Vergleichs, bei dem – nicht nur aus Patriotismus – Klimt in den meisten Fällen als das größere Genie erkannt wird. Die Studie für Madame Gautreau von John Singer Sargent aus 1884 mutet gegenüber dem neun Jahren später entstandenen Frauenbildnis von Klimt ungemein modern an, kann aber in Details wie Hautfarbe und Lebendigkeit schwerlich mithalten. Immer wieder wurde das Vorbild übertroffen, wie bei Jan Toorops bewegten Frauendarstellungen, die in den nach langer Zeit erstmals wieder zu bestaunenden „Wasserschlangen II“ von Gustav Klimt höchste Vollendung gefunden haben.

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